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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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dreinsah, fügte sie bestimmt hinzu: »Dr.
Whitticomb, das Mädchen hat mir versichert, es passe als Klischee. Genau das
waren ihre Worte – als Klischee.«
    Aus irgendeinem Grund bewog ihre
Erklärung die beiden Männer, ihr Blickduell abzubrechen und sich ihr zuzuwenden.
»Wie bitte?« fragten sie unisono.
    Sheridan wünschte, sie hätte das
Thema nie angeschnitten. Sie holte tief Luft und erklärte den beiden Männern
geduldig noch einmal: »Die Zofe sagte, das lavendelfarbene Kleid sei passend
als Klischee. Nun, ich hatte nichts anderes zum Anziehen, und da ich mich in
den hiesigen Sitten nicht so auskenne, habe ich ...« Sie brach ab, als sie
merkte, daß dem Earl plötzlich eine Erkenntnis dämmerte und er sich um ein
ernstes Gesicht bemühte. »Habe ich etwas Komisches gesagt?«
    Dr. Whitticomb blickte Stephen an
und fragte leicht gereizt: »Was meint sie?«
    »Sie meint 'Negligé'. Die Zofe hatte
wohl Probleme mit der französischen Aussprache.«
    Dr. Whitticomb hatte sofort
begriffen, um was es ging, schien das Ganze jedoch keineswegs lustig zu finden.
    »Ich hätte es mir ja denken können.
Das habe ich bereits bei der Beschreibung des lavendelfarbenen Kleides vermutet.
Ich hoffe, Sie finden bald eine geeignetere Zofe für Miss Lancaster und
schaffen Abhilfe für das Kleiderproblem, damit ein solches Mißverständnis
nicht wieder vorkommt.«
    Dr. Whitticomb leerte sein Glas und
gab es dem Lakaien, der mit einem Silbertablett neben ihm aufgetaucht war. Erst
jetzt fiel ihm auf, daß sein Gastgeber noch gar nicht geantwortet hatte. Er
drehte sich zu Stephen um, um eine Antwort zu verlangen, und stellte fest, daß
Stephen offensichtlich nicht nur die Frage, sondern auch Hughs Anwesenheit vergessen
hatte. Statt am Gespräch teilzunehmen, grinste er Charise Lancaster an und
sagte leicht tadelnd: »Sie haben mir noch keinen guten Abend gewünscht,
Mademoiselle. Ich bin schon ganz niedergeschmettert.«
    »Ja, das sehe ich«, lachte Sheridan
über die gewaltige – aber schmeichelhafte – Übertreibung. Wie er da am Kamin
lehnte, mit seinen blauen Augen, die sie anfunkelten, und einem trägen Lächeln
auf seinem gutaussehenden Gesicht, strahlte Stephen Westmoreland männliches
Selbstvertrauen und Kraft aus. Trotzdem wirkte seine neckende Galanterie und
die Wärme in seinen Augen seltsam erheiternd auf sie, und ihr Lächeln vertiefte
sich, als sie mit einer Grimasse zugab: »Ich wollte Sie sofort begrüßen, aber
da ich vergessen habe, wie ich mich dabei verhalten muß, wollte ich Sie zuerst
danach fragen.«
    »Was meinen Sie?«
    »Muß ich einen Knicks machen?«
fragte sie mit einem unsicheren kleinen Lachen, das Stephen bezaubernd fand.
Er bewunderte ihre unglaublich mutige Aufrichtigkeit, mit der sie lächelnd ihr
großes Problem und alle daraus resultierenden Hindernisse anpackte. Stephen
hätte es vorgezogen, wenn sie ihm wie Hugh Whitticomb beide Hände zum Gruß
gereicht hätte, oder besser noch, ihm den Mund zum Kuß geboten hätte, aber da
beides jetzt fehl am Platze schien, nickte er bestätigend auf ihre Frage und
sagte beiläufig: »Das ist so Sitte.«
    »Das habe ich mir beinahe gedacht«,
erwiderte sie und sank mühelos in einen anmutigen Knicks. »War das akzeptabel?«
fragte sie und legte, als sie sich erhob, ihre Hand in Stephens.
    »Mehr als akzeptabel«, entgegnete er
lächelnd. »Wie haben Sie Ihren Tag verbracht?«
    Aus den Augenwinkeln beobachtete
Hugh Whitticomb, wie warm der Earl lächelte, wie selbstvergessen er sie ansah,
als sie seine Frage beantwortete, und wie nahe er bei ihr stand – viel näher,
als nötig oder schicklich gewesen wäre. Wenn er wirklich nur eine Rolle spielte,
dann genoß er sie sichtlich. Und wenn er nicht nur Theater spielte ...
    Dr. Whitticomb beschloß, die
letztere Möglichkeit zu prüfen, und wandte sich den beiden in leichtem,
scherzendem Tonfall zu. »Ich ließe mich glatt überreden, zum Essen zu bleiben,
wenn Sie mich einladen sollten ...«
    Charise Lancaster drehte sich nach
ihm um, Stephen jedoch würdigte ihn keines Blickes. »Keine Chance«, sagte er
trocken. »Gehen Sie.«
    »Es soll keiner sagen, ich verstünde
einen Wink mit dem Zaunpfahl nicht«, antwortete Dr. Whitticomb. Was er gesehen
hatte, hatte ihn so ermutigt und entzückt, daß er an der Eingangstür beinahe
die ausgestreckte Hand des Butlers, der ihm Hut und Stock reichte, geschüttelt
hätte.
    »Tun Sie mir den Gefallen und passen
Sie ein wenig auf die junge Dame auf«, sagte er statt

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