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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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streichelte
ihre bloße Hüfte. »Du machst dir zuviel Gedanken darüber. Sie ist ein
heimatloses Kind, das sich bei mir von einem Unfall erholt, während wir auf die
Ankunft ihrer Familie warten.«
    Aber als Stephen das Haus, das er
für Helene gekauft hatte, verließ, mußte er sich widerstrebend der Tatsache
stellen, daß es sich bei Charise Lancaster keineswegs um ein bemitleidenswertes,
obdachloses Kind handelte. In Wirklichkeit war sie mutig, intelligent,
spontan, witzig, natürlich sinnlich und durch und durch unterhaltsam. Die
überraschende, irritierende Wahrheit lautete, daß er ihre Gesellschaft am
heutigen Abend weit mehr genossen hatte, als die Zeit mit Helene im Theater
oder im Bett. Sherry genoß seine Gesellschaft auch. Sie redete gern mit ihm,
und sie lag gern in seinen Armen ...
    Diese Gedanken führten zu einer im
Grunde unglaublichen Möglichkeit, die er erwog, während die Kutsche sich
seinem Haus an der Upper Brook Street näherte: Burleton hätte ihr nichts bieten
können außer einem unbedeutenden Adelstitel und der Achtbarkeit der Ehe, aber
sie und ihr Vater waren bereit gewesen, darauf einzugehen. Bereits Stunden nach
Burletons Tod hatte Stephen die Beerdigung organisiert und begonnen,
Nachforschungen über die finanziellen Verhältnisse des jungen Mannes
anzustellen, um herauszufinden, ob noch irgendwelche Vorkehrungen getroffen
werden mußten. Er hatte erfahren, daß der junge Burleton ein Spieler war. Erst
heute morgen hatte Matthew Bennetts Kanzlei ihm ein vollständiges Dossier
geschickt, und seitdem wußte Stephen, daß Burleton sein ererbtes kleines
Vermögen vollständig aufgebraucht hatte. Außer einer kleineren Summe an
Spielschulden, die Stephen einzulösen gedachte, hinterließ Burleton nichts –
weder ein Haus noch Familienschmuck und noch nicht einmal eine Kutsche. Seiner
Spielleidenschaft war schon, bevor er Charise Lancaster einen Heiratsantrag
gemacht hatte, viel Geld zum Opfer gefallen.
    Innerhalb von ein oder zwei Jahren
hätte Sherry in tiefster Armut gelebt, so wie Burleton zur Zeit seines Todes.
Die Ehe hätte ihr, abgesehen von dem Adelstitel, der nicht im mindesten auch
nur einem der Titel entsprach, die Stephen führte, nichts gebracht. Stephen
beabsichtigte zwar nicht, sie zu heiraten, aber er konnte – und wollte
vielleicht sogar – ihr die Welt zu Füßen legen, vorausgesetzt, sie verbrachten
auch die kommenden Wochen gerne miteinander und sie akzeptierte das Arrangement
und seine Bedingungen.
    Vorausgesetzt, sie akzeptierte das
Arrangement und seine Bedingungen ...
    Die Erkenntnis, wie niederträchtig
er dachte, traf ihn wie ein Schlag, und ihm wurde übel. Charise Lancaster war
eine naive Jungfrau und keine Kurtisane. Selbst wenn sie den Hintergrund und
die Erfahrung gehabt hätte, um die Folgen einer solchen Beziehung zu verstehen,
was zweifellos nicht zutraf, dann war sie immer noch viel zu jung für ihn – und
er zu verdorben für sie.
    Glücklicherweise ging seine
Verdorbenheit und Langeweile jedoch nicht so weit, ihr ein Arrangement
vorzuschlagen, das sie ihrer Tugend und aller Chancen auf ein respektables
Leben beraubt hätte. Er konnte selbst kaum glauben, daß er so unmoralisch und
so gemein war, daß er einen jungen Mann vor seiner Hochzeit umbrachte, und noch
nicht einmal zwei Wochen später daran denken konnte, aus seiner Verlobten eine
ausgehaltene Geliebte zu machen. Das war nicht nur schandbar, das war Wahnsinn.
Zwar wußte er, daß er über die Jahre alle Ideale verloren hatte, aber an den
Verlust seines Verstandes hatte er bislang nicht geglaubt.
    Da er sich wie ein kompletter Idiot
vorkam, beschloß Stephen, seine Rolle als zeitweiliger Beschützer Sherrys von
nun an zu erfüllen und nur noch auf ganz distanzierte Art und Weise an sie zu
denken. Er würde dafür sorgen, daß es ihr nicht nur gut ginge und sie sich
geborgen fühlte, sondern daß ihr in Zukunft auch seine Zudringlichkeiten
erspart blieben.
    Sie mochte vielleicht denken, sie
seien miteinander verlobt, aber er wußte es schließlich verdammt nochmal
besser, und in Zukunft würde er es nicht vergessen! Eine Person mit schadhaftem
Gedächtnis war genug!
    Er wünschte sich inbrünstig, sie
möchte schnell wieder gesund werden, sein Schuldgefühl dafür, daß er sie ihres
Verlobten beraubt hatte, ließ jedoch langsam nach. Sie verdiente jemand
Besseren als den jungen Burleton. Er war zu unreif, zu verantwortungslos und zu
arm, um zu ihr zu passen. Ihr kam es zu, in Pelze gehüllt zu

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