Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders
(halte es aber für sehr wahrscheinlich). Ich habe damals mehr geguckt als angefaßt, ich hatte ein Gefühl, daß es Spaß und «Lust» machte, aber ich wußte nicht, warum mir das gefiel, und so war es sehr schön, aber auch ein wenig unheimlich, vielleicht sogar ein ganz klein wenig «ba-ba». Ich war allein dabei in meinem Zimmer, ich hätte mich nie getraut, Fragen zu stellen. Schlußfolgerungen habe ich keine gezogen.
7. Welche Geschlechtsorgane interessierten Dich mehr, die weiblichen oder die männlichen?
Als Kind habe ich ja nur das eine Mal ein nacktes kleines Mädchen gesehen. Das war aber nur Neugierde. Ich habe mich nur für’s eigene Geschlecht interessiert. Solange ich noch sehr jung war (bis 11 – Anfang 12), habe ich mich wohl für andere Jungen im «Naturzustand» interessiert, z. B. in der Badeanstalt beim Umziehen, aber wissen Sie, das hatte auch nicht so viel zu bedeuten; wenn ich es mit später vergleiche, muß ich sagen, daß ich bis 11 – 13 Jahre in diesen Dingen «nicht uninteressiert, aber doch ziemlich gelassen» war. An nackte kleine Mädchen habe ich damals, so weit ich zurückdenken kann, so gut wie nie gedacht.
8. Was waren die sexuellen Fragen, die Du aus Schüchternheit oder Hemmungen Deinen Eltern nicht stelltest? Warum hast Du sie nicht stellen wollen? War der Grund, daß Du Angst hattest oder daß Du Dich schämtest? Wenn ja, warum?
[Den Rest der letzten Seite dieses Briefes ließ er leer. Erst im nächsten Brief kam die Antwort auf diese Frage.]
Welche Fragen ich nicht gestellt habe? Ich habe niemals eine derartige Frage gestellt, außer der üblichen, nämlich wo die Kinder eigentlich nun genau herkämen. Ich muß damals etwa 9 Jahre gewesen sein.
Meine Mutter hatte ich gefragt, und sie sagte aber nur, was sie so oft sagte, sie hätte mich «in den Trümmern gefunden», was ja in gewisser Weise auch stimmt. Eine konkrete Antwort war es aber natürlich nicht. Ich habe dann auch nicht mehr gefragt, auch später nicht, weil
1.) Ich wußte, daß ich doch keine vernünftige (richtige) Antwort kriegen würde, und
2.) weil ich irgendwie spürte, daß meine Eltern gehemmt waren, und zwar total, über diese Dinge zu sprechen.
Als ich 15 oder 16 war erst, bot mir mein Vater mal während der so ziemlich einzigen Aussprache, die wir überhaupt jemals hatten, an, mir zu erklären, diese Dinge, wenn ich was nicht wüßte. Ich habe damals gesagt: «Laß man», es war ja sowieso schon alles verkorkst.
Ob ich mich geschämt hätte zu fragen? Als ich selber in die Pubertät kam, sicher hätte ich mich da geschämt. Aber meines Erachtens muß mit der Aufklärung viel früher angefangen werden, vorher hätte ich mich nicht geschämt, da wäre das viel besser gegangen. Was heißt Angst, Angst hatte ich natürlich ganz allgemein, besonders vor meinem «Alten», das hemmt natürlich auch zu fragen.
9. Kannst Du die Entwicklung Deiner sexuellen Neugierde beschreiben?
6 oder 7 Jahre der eigene Körper und damals auch noch der Körper der Mädchen im gleichen Alter, wenn auch das Interesse nicht übertrieben stark war, aber es war da. Und dann über 7 Jahre noch hinaus auch hauptsächlich der eigene Körper bis etwa 10 – 11 Jahre, danach, etwa von 11 – höchstens 13 Jahren, interessierten mich die Gleichaltrigen oder unwesentlich Jüngeren. Es kamdabei aber auch auf die, in diesem Alter üblichen, erotischen Gefühle an. Ganz klar ausgedrückt heißt das für diese Zeit: Wenn seine Art und sein Gesicht mir unsympathisch waren, so interessierte sein Körper mich überhaupt nicht. Ab 13 Jahren etwa blieb es dann konstant, das heißt, als ich 15 – 16, 17, wurde, waren es immer nur noch weit Jüngere, die mich interessierten. Außerdem wurde die «Basis» breiter, ohne daß ich es direkt merkte, ohne daß ich das zeitlich genau fixieren könnte. Ab 14 Jahren etwa war es, glaube ich, schon so, daß mich die 8 – 12jährigen interessierten, und die Gleichaltrigen überhaupt nicht. (Wenn ich sage «überhaupt nicht», dann meine ich damit, daß ich niemals, seit der Trieb begann, ungefähr mit 14, die Gleichaltrigen damit
[ein Pfeil führt von «damit» zurück zu «Trieb»]
in Verbindung brachte. Ich hatte niemals das Gefühl, Gleichaltrige zu quälen und ermorden zu müssen. Gleichaltrige oder fast Gleichaltrige interessierten mich von etwa 16 – 19 Jahren höchstens, also ich merke gerade, daß
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