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Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Titel: Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Moor
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geschlossen habe beim Weggehen, brauchte ich noch nicht mal einen Schlüssel! Und so leise, wie ich stets war, da konnte niemand was hören, manchmal habe ich ½–¾ Stunde gebraucht, bis ich im Bademantel und Pantoffeln auf der Straße stand.
    Zuerst, im Fall Jung, bin ich noch durch die Kellertür gegangen, aber mein Zimmerschlüssel paßte auf die äußere Kellertür, das wußte aber nur
ich.
Damals, im Fall Jung, und [ausgekreuzt: Grassmann] Kahlweiss und auch Fuchs, da hatte ich noch keine richtigen Kleider, da bin ich immer nur in Bademantel, Schlafanzug und Pantoffeln fortgegangen, und habe
die ganze Zeit,
auch im Stollen, dies Zeug anbehalten. Auf Schlafanzug und Bademantel habe ich sehr geachtet, aber die Pantoffeln, von Straße, Stollen, Graben und Rückweg durch Feldwege (in einer richtigen Stadt wäre eine Tour in einem solchen Aufzug natürlich nicht möglich gewesen) versaut. Die waren dann so schmutzig, daß ich sie morgens in der Badewanne heimlich saubergemacht habe. Einmal konnte ich nicht mehr gutmachen, so daß ich dann mal, nur einmal auffiel. Ich sagte, ich hätte meine Taschenlampe aus dem Fenster fallen lassen und sie, es regnete die Nacht stark, aus den Beeten wieder reingeholt. So einfach war das.
    Daß mein Zimmer nachts kontrolliert wurde, das habe ich, soweit ich weiß, niemals erlebt. Am erstaunlichsten ist es für
mich
aber, daß ich ja oft im Bademantel u. Pantoffeln durch die Siedlung ein Stück gehen mußte (an einer Wirtschaft vorbei!), wo die Straßen erleuchtet waren, und der Stollen lag auch an einer Straße, die nachts erleuchtet war, direkt am Stolleneingang fuhren Autos vorbei, und eine Seite war Fußgänger-Weg, und Häuser standen auch 5   –   6 da. Aber es waren am Straßenrand viele dicke Bäume. Und wenn ein Auto kam, dann stellte ich mich dahinter, den Spaten an mich gepreßt, und drehte mich so, daß er mich nie sehen konnte. Aber trotzdem, daß mich da niemals jemand bemerkt hat, das ist für mich das am meisten Erstaunlichste.
     
    Nach der ersten Tat kam eine lange Pause. Ich hatte einen echten Schock gekriegt und habe mich ehrlich bemüht, davon loszukommen, aber nach ein paar Monaten, verhältnismäßig kurz nach der Beichte, da kam es wieder, und ich habe wieder angefangen, zu suchen. Als ich wieder anfing, dachte ich, ich schaffe es nicht allein. Ich versuchte Axel und Viktor da mit reinzuziehen, aber das habe ich schnell wieder fallenlassen und habe alleine weitergemacht. Ich habe gesucht, aber es hat lange nicht wieder geklappt – warum, weiß ich nicht. Das ist nun mal so. Manchmal hat es schon in der nächsten Woche wieder geklappt, aber es hätten dann auch vielleicht Jahre vorbeigehen können, wo es nicht klappen würde. Es war nicht so, als ob ich nun jahrelang aufgehört hätte. Das ist Unsinn. Ich war an sich jede Woche auf Tour.
     
    Im zweiten Fall, am 7.   August 1965, habe ich den Jungen in Essen-Holsterhausen aufgenommen. Ich habe das immer als ganz besonders schlimm empfunden, weil der Junge nur durch Zufall da reingekommen ist. Ich habe das natürlich instinktiv sofort gemerkt, wie er mit einem Päckchen durch die Gegend lief. Er fragte diesen und jenen, und die Leute bemühten sich alle gar nicht sehr, ihm zu helfen. Einer zeigte bloß auf die Polizeiwache.
    Ich hielt den Wagen an und stieg aus und dachte: Mal gucken,ob er zur Wache geht. Da setzte er einen Fuß rein, und ich denke: Na –? Er setzt den Fuß wieder raus und geht weiter, und dann nach vielleicht hundert Metern habe ich ihn dann angesprochen.
    Er humpelte. Er konnte nicht mehr richtig laufen. Ich habe den Jungen nicht direkt mit in die Höhle genommen. Ich habe irgendwo im Wald angehalten und habe den Jungen gezwungen, sich ganz nackt auszuziehen. Ich habe ihn dann gefesselt und vorne rechts im Wagen liegenbleiben lassen. Dann habe ich ihn in die Höhle reingetragen und da umgebracht. Das war Peter Fuchs.
    Insofern war der Kirmesplatz sehr, sehr in Ordnung, weil die Jungs da doch meistens alleine waren. Trotzdem hatte ich dort nicht solche Auswahl, wie ich gern gehabt hätte, weil die Jungs doch manchmal in Trauben da rumlaufen. Um einen Jungen allein zu finden, muß man sogar auf dem Kirmesplatz schon ziemlich suchen. Es ist alles nicht so einfach – Gott sei Dank, wird man heute sagen.
     
    Als ich mit neun oder zehn zu Hause war, war es üblich, jeden Tag die Wäsche zu wechseln, später, als ich aus Marienhausen zurück nach Hause kam, nur jeden zweiten oder dritten

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