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Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Titel: Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Moor
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noch in die Kantine gegangen und habe da noch ein oder zwei Glas Wein dazu getrunken.
    Ich bin dann Serpentinen gefahren, kreuz und quer, mit achtzig Sachen auf eine Überführung zu. Da hat mich die Polizei abgefangen. In der Zeit mußte ich immer etwas zu saufen haben. Rauchen durfte ich mit achtzehn Jahren in der Öffentlichkeit und auf meinem Zimmer zu Hause. In der guten Wohnung war es nicht gern gesehen. Trinken, etwa Alkohol, durfte ich etwa so um achtzehn oder neunzehn Jahre, ein Glas Bier mal zu Hause. Aber heimlich habe ich damals mich ja schon, um zu vergessen, ziemlich oft stockvoll gesoffen.
    Ich brauchte eine Stelle nicht weit vom Hause weg, wo ich meine Kleider verstecken konnte. Das war eine alte, runde, große Betonröhre, die eigentlich für den Straßenbau hatte verwendet werden sollen und nun am Anfang des Feldweges lag, welcher zur Höhle führte. Die Röhre war etwa hundert Meter von unserem Haus entfernt, konnte aber von dort schon nicht mehr gesehen werden.
     
    [Jürgen wartete, bis seine Eltern einschliefen, verließ das Haus im Schlafanzug durchs Kellerfenster, zog sich an der Betonröhre um und machte dann seine Exkursionen, mit und ohne seinen Freund Viktor.]
     
    Dann konnte ich Jungs mit dem Wagen suchen. Ich bin mit dem Wagen rumgefahren und habe überall gesucht, in Essen, Velbert, Neviges, Castrop-Rauxel, Bochum, überall in der Gegend, fast in dieser ganzen engeren Ruhrgebietsgegend, auch im Bergischen Land. Ich wollte zur Kirmes fahren, die Jungs da ansprechen und so eine Geschichte erzählen, daß ich Detektiv sei und diesen Bunker kenne usw., und sie dann mitnehmen und reinlocken und dann   …
     
    Vor der ersten Tat habe ich schon einen anderen Jungen in die Höhle mitgebracht, aber es ist nichts passiert. Auf dem Porscheplatz in Essen habe ich ihn gefunden und mit meiner Pistolebedroht. Wir waren allein im Eingang vor einem Musikhaus. Ich habe ihm gesagt: «Hier, kommst du mit, sonst knallt’s!» Er war so eingeschüchtert, daß er ohne weiteres mitkam. Er hat sich nie ernsthaft gewehrt.
    Das war eine scharfe 9-mm -Pistole, aber ohne Munition. Ich habe Munition nie gehabt, nur für die Schreckschußpistole. Ich hatte diese Pistole für dreißig Mark von einem anderen Jungen aus der Siedlung gekauft.
    Mit dem Jungen fuhr ich dann im Bus. Bei einem halbleeren Bus hätte es wohl nicht geklappt. Wir fuhren praktisch bis zur Höhle, ich immer hinter ihm mit der Pistole unter meiner Jacke. Am Eingang der Höhle habe ich ihn reingestoßen, bis zu der Mauer. Er hat dann an der Mauer gestanden, und ich habe gedacht: Was bist du so aufgeregt, jetzt kannst du nichts anderes machen! Wir standen an der Mauer, und da hat mich auf einmal der Mut verlassen. Ich habe mir beinah in die Hose gemacht. Es ist mir richtig schlecht geworden. Ich dachte bloß: Raus! Mach, daß du rauskommst!
    Wir sind ausgestiegen, und auf der anderen Seite der Heegerstraße habe ich ihm gesagt: «›Hier, hast du eine Mark! Mach, daß du wegkommst!» Dann ist er abgehauen.
     
    [Bis zum heutigen Tage weiß man nicht, wer dieser glückliche Junge war, den Jürgen Bartsch noch lebend aus der Höhle weglaufen ließ. Entweder traute sich das Kind nicht, seinen Eltern die Geschichte zu erzählen, oder seine Eltern hielten es für besser, nichts bei der Polizei zu unternehmen.]
     
    Ich habe es mir überlegt, daß diese Methode an sich völliger Unsinn war. Ich habe gedacht: jetzt spreche ich einfach einen Jungen an, auf der Kirmes oder bei uns auf der Straße, dann erzähle ich ihm irgendeine Geschichte, was da alles verborgen und vergraben wäre, und dann kommt er sicherlich freiwillig mit. Ein paar Wochen habe ich versucht, einen Jungen anzusprechen, auf der Kirmes und auf dem Porscheplatz in Essen.
    Und dann hat’s geklappt, obwohl viele liefen weg und Andere wollten nichts davon wissen. Die Kinder sind im allgemeinen doch vernünftiger, als man annimmt. Ich kam mir ein bißchen albern und komisch vor, kleine Jungen anzusprechen, aber ich wußte ja, was ich vorhatte. Ich habe es eben versucht und an einem Tag hat es doch geklappt   …
     
    Was ist denn daran so verwunderlich, daß meine Eltern von meinem nächtlichen Wegsein nichts gemerkt haben? Ich habe, nachdem ich mir in einer Betonröhre auf einem nahen Feldweg richtige Kleider zurechtgelegt hatte, doch noch nicht einmal mehr ins Schlafzimmer gemußt. Und weil ich aus einem Kellerfenster aus dem Haus gestiegen bin und das Kellerfenster immer nur ganz leicht

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