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Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Titel: Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Moor
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habe ihn angeschrien: «Kriegst du keinen hoch?» Er sagte etwas von «Geht nicht». Scheinbar konnte ich da gar nicht klar, nicht mehr logisch denken, denn wer Todesangst hat, der ist natürlich zu einer Erektion gar nicht fähig.
    Ich wurde damals nicht noch wilder, ich fummelte, glaube ich, noch ein wenig – Sekunden nur – an mir herum, aber dann schlug ich wie von Anfang an weiter auf den Jungen ein und so, nicht aus Wut wegen dessen Versagen, denn zwar wäre es schön gewesen mit Onanieren an ihm, aber viel wichtiger war das große Quälen, die anderen Sachen dagegen doch Nebensachen und Kleinigkeiten.
     
    Am Tag, wo ich Manfred Graßmann fand, habe ich mit ihm absichtlich mein Lieblingsgetränk, Asbach mit Cola, nicht bestellt, damit das nicht vielleicht später auffallen würde. Als wir zur Höhle fuhren, habe ich den Taxifahrer genau erkannt, aber mittlerweile war ich so weit davon beherrscht, daß ich wirklich im Ernst gar nicht mehr hätte zurückgekonnt. Der Trieb war doch so stark, daß ich, wenn es hart auf hart kam, eben doch nicht aufhören konnte. Wenn ich wirklich mal einen richtigen hatte, dann war es schlecht, aufzuhören. Das eine, nämlich meine allgemeine Vorsicht, verträgt sich schlecht mit dem anderen, aber es ist beides vorhanden gewesen.
    Im Fall Frese bin ich mit ihm von Wuppertal zur Höhle gefahren, und unterwegs ist uns der Wagen von unserem Nachbar Herrn Jorek entgegengekommen. Er saß selber am Steuer, undich war überzeugt, er hatte mich erkannt. Ich hatte vorher meine Vorsichtsmaßregeln und alles mögliche beachtet, aber zu dem Zeitpunkt war es mir nicht mehr möglich, das zu lassen. Wenn ich schon mit dem Jungen im Auto war, dann war das eben vorbei. Ich kann nicht sagen, ich hatte den Wunsch, gefaßt zu werden. Man hat mich ausgelacht, aber es stimmt, wenn ich sage, unterschwellig habe ich immer gedacht, es wäre eigentlich doch das Beste. Mit einem bißchen Verstand erkennt man das als unterschwelligen Wunsch. Das war mir an sich klar, daß das das Beste gewesen wäre, aber aufgrund der eigenen Persönlichkeit hat man nicht so sehr den Mut dazu. Auch wenn alles, was ich machte, nicht strafrechtlich geahndet wäre, hätte ich auch diese unterschwellige Idee gehabt, daß das irgendwie mal enden mußte, allein von dem persönlichen Sinn, den man für Recht und Unrecht, für richtig und für falsch, für gut und böse hat.
    Die ganzen konkreten, detaillierten Aussagen zum Fall Graßmann habe ich erst während des ersten Prozesses gemacht, aber das hat mehrere Gründe. Einmal haben mich diese Sachen bedrückt. Wenn man etwas verschwiegen hat, was besonders schlimm ist, dann will man doch alles sagen. Es drängt natürlich heraus. Auf der anderen Seite habe ich mich immer im Hintergrund ein klein wenig doch für krank gehalten, und ich will ehrlich sagen, das war ein Grund, warum ich auspackte, denn ich habe mir selber gedacht, das ist so schlimm, das kann einfach nicht «normal» sein. Ich habe gedacht, natürlich werden sie alle ganz furchtbar entsetzt sein, aber letzten Endes werden sie es vielleicht auch einsehen und werden vielleicht versuchen, dir zu helfen. Ich dachte, wenn du wirklich krank bist, dann hättest du vielleicht sogar ein kleines Anrecht dazu. Aber das war nicht der Grund, das lag wirklich auf dem Gewissen.
    Schon vor dem ersten Prozeß, während der Untersuchung, war ich recht nah daran, der Polizei oder vielleicht den Gutachtern alles zu erzählen, aber diese Leute hatten nicht den geringsten Tiefgang. Sie haben alle sehr viel mit mir geredet und waren alle sehr nett, aber ernstliche Motive aufzuspüren, daran hatten sie nichtdas geringste Interesse. Ich kann es nicht anders sagen, sie haben sich alle ein wenig staatsanwältisch verhalten. Und als Angeklagter ist man natürlich ein wenig zurückhaltend. Sie fanden es interessant, daß ich bei einem Fall den Wecker stellte, daß ich hinterher auf einen bestimmten Fünfzigmarkschein achtete, daß ich abrechnen konnte, wieviel Geld Viktor tatsächlich von mir bekam, und ob ich fünfzehnmal oder nun sechzehnmal mit dem Düren war. Das war für mich damals unglaublich oberflächlich.
    Unter Tiefgang verstehe ich, daß man versucht, tiefere Gründe zu verstehen, zu begreifen, denn ich meine, es muß tiefere Gründe geben. Es geht doch gar nicht anders. Und darum haben sie sich nicht im geringsten bemüht! In der Höhle haben sie auch all diese Wattebäusche gefunden und haben mich gefragt: «Hast du sie vielleicht

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