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Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Titel: Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Moor
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das neuedeutsche Rechtsblatt eher als ich, würde Yvonne zu mir halten, «auf ihn warten». Direkt nach dem Prozeß – das Rampenlicht war aus, die «Szene» war vorbei – schrieb sie mir nur noch von «Zweifeln», die sie «plötzlich» beschlichen hatten, nicht zuletzt weil «alle Leute» ihr «diese Sache» auszureden versuchten; sogar der gute alte Pförtner mit langem Bart, in ihrer Firma, schaute sie so verständnislos an. Daß sie die Sache mit all den Leuten selber zu verantworten hatte, begriff sie nicht oder wollte es nicht begreifen.
    Als ich ihr vorhielt, daß ich ihre Zweifel nicht begreifen könne, da eher ich Hilfe brauche als sie, und daß ich diesen Briefstil für «lieblos» hielte, fauchte sie zurück: «Du wirst Dich sofort in aller Form entschuldigen!» Als sie merkte, daß ich begann, auf ihr pubertär überhitztes Katz-Maus-Spiel zunehmend ironisch zu reagieren, versuchte sie mich durch «schizophrene» Haltung zu verletzen (was blieb auch noch?). Da hieß es dann auf einer Seite: «Ich kann mir keinen anderen vorstellen als Dich» und: «Du bist ganz einfach mein Typ!» und zwei Seiten weiter: «Ich muß wohl meinen Beruf forcieren, wenn Du Dich nicht genug bemühst» und: «Ich glaube, Du bist nicht das, was ich mir unter Dir vorgestellt habe» und: «Stell Dir vor, ich träumte, ich läge nackt im Bett, Du kommst, siehst mich und läufst wie ein Hase fort.»
    Worauf ich antwortete, daß ihr Traum genauso Schaum wie jeder andere sei, daß ich zwar nicht ganz so ängstlich sei, wie sie annähme, aber tatsächlich im Moment lieber Lincoln rauchen würde.
     
    (Meine Eltern haben 1966 und 1967, ohne meine Einwilligung, an eine Illustrierte quasi meine persönlichen Briefe an sie verkauft. Ich habe das erst erfahren, als die Sache perfekt war. Sie haben damals einen Geldbetrag erhalten, dessen Umfang ich hier nicht nennen will, den sie für mich verwandt haben. Des weiteren (ebenfalls Geld) beim Constanze-Interview, und nochmals 1968 von der Illustrierten. All das Geld, das muß ich der Objektivität halber sagen, haben sie für mich ausgegeben. Auch Ende 1970 hatmeine Mutter den Namen und die Adresse von Yvonne an Herrn Werremeier von der Illustrierten weitergegeben, ohne Yvonne oder mich zu fragen. Yvonne und auch ich wären dagegen gewesen. Yvonne hat von Herrn Werremeier DM 500,– bekommen. Wenn ich an die sonstigen Beträge denke, muß ich zu dem Schluß kommen, daß meine Mutter dabei wohl auch nicht leer ausgegangen ist. Diese ganzen Geldgeschichten gefallen mir überhaupt nicht, aber solange sie das Geld für mich verwenden, kann ich als folgsamer Sohn natürlich nicht aufmucken. Als es mal bei uns zu Hause Krach wegen der Mutter meines Vaters gab, hat mein Vater fast jeden Sonntag gefragt, ob meine Mutter nicht mit ihm zusammen nach Neuß fahren wolle. Dann fing sie an zu toben. Einmal, ich kann das nicht vergessen, hatte sie meinen Vater stundenlang derart bearbeitet, bis er sich aufs Bett setzte und hemmungslos zu weinen anfing. Mein Vater ist beileibe kein Schwächling. Manchmal fragte er mich, ob nicht ich wenigstens mit ihm nach Neuß zu meiner Tante fahren wolle, auch zu meinem Onkel Franz, aber ich habe immer gesagt: «Nein, ich stehe auf keiner Seite. Ich will damit nichts zu tun haben.» Wahrscheinlich war das falsch. Er muß immer damals sehr einsam gewesen sein, aber wir drei waren ja immer einsam, auch wenn wir beisammen waren. Zu meinem Geburtstag einmal hat mir meine Tante Marthea einige Tafeln «Novesia» nach Katernberg geschickt. Das war gut so, daß sie sie an die Geschäftsadresse schickte, denn ein Jahr vorher hatte mir die Mutter meines Vaters ein Päckchen zum Geburtstag geschickt, nach Langenberg, mit Süßigkeiten und einer Wollsache, die meine Oma selber gestrickt hatte. Meine Mutter sagte mir, daß sie «das Zeug sofort in den Ofen» geworfen hatte.)
    Da Yvonne im bewußten Brief auch noch erwähnt hatte, daß ihr die ganze Affaire mittlerweile doch ziemlich «blöd und albern» vorkäme, stand ich natürlich nicht an, meinen Brief mit «von Deinem blöden und albernen Sex-Angsthasen» zu unterschreiben.
    Darauf natürlich der «Abschiedsbrief»: Es wäre wohl besserso. Überhaupt habe sie mich doch recht viel belogen. Sie sei gar keine Jungfrau, und das schon seit längerem – nein, nicht der, von dem sie mir erzählt habe, auch nicht der, der danach kam, sondern es war dazwischen noch ein Anderer, und «da passierte es dann». Überhaupt habe sie, auch in

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