Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders
zieht eines das andere nach sich, ich finde keinen gravierenden Unterschied.
49. Welche Personen oder Typen von Personen tragen am meisten zu Deiner Sicherheit und auch Unsicherheit bei?
Zur Unsicherheit haben bis zur Verhaftung, wie gesagt, am meisten die großen und starken Gleichaltrigen beigetragen. Zur Sicherheithat überhaupt niemand beigetragen, allenfalls im späteren Gefängnisleben Geistliche und Fürsorger.
50. Wie hast Du (a) Dich an Deine Unsicherheit anpassen und (b) die Unsicherheit überwinden können?
Ich habe mich an meine Unsicherheit anpassen können durch «kleine Brötchen backen», in der Reihe freiwillig als letzter mich anstellen, überhaupt nur durch Super-«Zurückhaltung». Überwunden habe ich die Unsicherheit nie, kann mir auch nicht vorstellen, wie das gehen sollte.
51. Welche Zustände tragen Deines Erachtens am meisten zur Sicherheit und auch zur Unsicherheit bei?
Selbstsicherheit gibt Sicherheit, auch Können, Leistung, Stärke, Führungstyp usw. gibt auch Sicherheit. Dagegen gibt Angst, Schüchternheit, kein Sportler, kleine Statur, schlechte Leistungen, Kontaktarmut, Hemmungen, Schwäche, schwacher Wille usw. gibt nur Unsicherheit.
52. Meinst Du, es gibt eine Beziehung zwischen Unsicherheit und Vorurteil? Wenn ja, wie würdest Du ein solches Verhältnis beschreiben?
Das kann ich mir nicht recht denken, daß es da ein Verhältnis gibt, außer vielleicht bei Rassenproblemen, da glaube ich, daß diese Vorurteile aus Nichtkennen und Unsicherheit entstanden sind.
53. Meinst Du, daß eine Massenunsicherheit eine Rolle in den Weltereignissen spielt?
Eine Massenunsicherheit würde sich ja aus einzelnen Unsicheren zusammensetzen, auf Welt-Ebene gibt es das wohl nicht, denn ich bin überzeugt, daß ebendieser kleine einzelne Mann sich meisteinen Dreck für Politik interessiert. Auch wird die Politik ja meist doch nicht von dieser Masse gemacht, sie hat in Wirklichkeit viel weniger Einfluß, als man oft annimmt. Ich glaube also nicht daran. Zu sagen haben ja meist doch nur «die da oben».
54. Fühlst Du Dich benachteiligt im Vergleich zu anderen? Würdest Du es als ein starkes Gefühl der Unsicherheit bezeichnen?
Ziemlich stark benachteiligt fühle ich mich eben durch alle diese Hemmungen. Es ist beileibe kein schönes Gefühl, aber ein starkes, es macht einen Menschen zögernd, ausweichend, stutzig, langweilig und scheu.
55. Betrachtest Du Dich als voller Selbstvertrauen? Bist Du in Deinen Entscheidungen von anderen Menschen abhängig? Wie reagierst Du auf positive oder negative Meinungen von anderen?
Ein solcher Mensch kann natürlich so viel wie gar kein Selbstvertrauen entwickeln. Warum? Na, die oben angeführten Gründe (es liegt an den Fragen, wenn ich mich dauernd wiederholen muß). Ich treffe nicht gern eigene Entscheidungen, eben auch aus denselben Gründen, solche Leute sind meist so; auf positive Beurteilungen reagiere ich dankbar, aber auch vorsichtig ungläubig, negative Kritik verletzt mich sehr.
56. Neigst Du dazu, andere für Deine eigenen Fehler für schuldig zu halten?
Andere für meine Fehler verantwortlich machen, das kommt sehr selten, aber immerhin doch mal vor. Ich glaube dann aber stets, daß ich richtig denke in dem speziellen Fall, denn so was gibt es ja, wenn auch recht selten, meist ist man selber schuld. Mir zu schmeicheln ist nicht leicht, weil ich da doch ziemlich kritisch bin. Mitleid zu suchen – dazu neige ich allerdings, und auch zu Selbstmitleid,ich glaube aber, daß 1.) dies bei jedem Menschen der Fall ist, und 2.) dies das «normale» Maß nicht übersteigt.
57. Zeigst Du Nachgiebigkeit anderen gegenüber? Oder bist Du egozentrisch? In menschlichen Verhältnissen, suchst Du lieber Menschen in einem anderen Alter oder aus einer anderen gesellschaftlichen Schicht?
Aus den nun schon so oft angegebenen Gründen (Hemmungen) neige ich natürlich zu großer Nachgiebigkeit, ich mache mir oft Vorwürfe deswegen, weil das ja nicht Güte, sondern Schwäche ist. Mit Gleichaltrigen weiß ich nichts anzufangen, mit um etliches älteren Menschen als ich es bin, verstehe ich mich dagegen viel besser, ich habe aber immer das Gefühl, daß das nicht das «Normale» sei. Die «Unterschiede in der Gesellschaft» gibt es für mich nicht, auch kein berufliches «Standesbewußtsein».
58. Würdest Du Dich als freundlich oder liebenswürdig bezeichnen?
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