Jürgen Klopp: Echte Liebe
Interview agiert hat. Auch wenn er es sicher nicht nötig hatte, hat sich sein Image damit weiter verbessert.
Welche Reaktionen haben Sie selbst erhalten?
Ich habe in meiner gesamten beruflichen Laufbahn noch nie etwas gemacht, das für soviel Aufsehen gesorgt hat – obwohl ich mir auch zuvor schon reichlich Mühe gegeben hatte. Allein bei YouTube gab es schnell eine Million Zugriffe und wenn ich in Dortmund unterwegs bin, werde ich immer wieder darauf angesprochen. Daher war es auch für mich ein Treffer, den man so auch nicht planen konnte, sondern der sich aus einer Eigendynamik heraus ergeben hat.
Gab es auch kritische Stimmen?
Wieder vereinzelt von Schalker Seite, diesmal nach dem Motto: »Jetzt reißt er die Klappe auf. Das war zwar lustig, aber wer weiß, was passiert, wenn die jetzt in der Tabelle absacken. Dann hat er sich damit ein schönes Eigentor geschossen.« Aber das waren sehr vereinzelte Stimmen, ansonsten gab es eine ganz, ganz breite Zustimmung. Auch Leute, die ihn vorher neutral gesehen haben, meinten nun: »Das war wirklich klasse.«
Hat das Interview Ihre Meinung über Klopp beeinflusst?
Ich hatte vorher schon eine sehr gute Meinung von ihm. Aber durch das Interview habe ich einen unglaublichen Respekt bekommen: Dass er mitmachte, dass er souverän war, dass er einen guten und sofort kompatiblen Humor hatte und dass er sich in dieser Rolle so einfand. Es gibt nicht viele Personen, mit denen das auf diese Weise klappt. Wenn man sich für solch ein Interview einen Prototypen wünscht, dann ist das Jürgen Klopp.
Deutschland keine humorfreie Zone
Woher kam Ihre Inspiration für diese humorvolle Art von Interview?
Ich bin ein großer Freund einer englischen Fußballsendung namens »Fantasy Football«. Sie stammt von den beiden Komikern David Baddiel und Frank Skinner, die auch den Song zur EURO 1996 in England, »Three Lions«, gesungen haben. Immer wenn ich das gesehen habe, dachte ich: »Mensch, das ist eine tolle Sendung, aber mit Deutschen könntest du die nicht machen.« Einfach weil sie diesen typisch britischen Humor hat und weil der Engländer an sich viel lustiger mit dem Thema Fußball umgeht, wie ich finde. Doch bei Klopp hat man gemerkt, dass es eben doch auch in Deutschland Persönlichkeiten gibt, mit denen sich dieser Humor umsetzen lässt.
Aber da gibt es doch bestimmt noch mehr Trainer, die ebenfalls Spaß verstehen und bei so einer Geschichte mitmachten, oder?
Schon – manchmal übrigens genau die, von denen es die Öffentlichkeit gar nicht vermutet. Ich habe lustigerweise mit denjenigen Trainern einen sehr guten und persönlichen Kontakt, die ich schon mochte, bevor ich sie persönlich kennenlernte.
Ich habe jetzt gerade in meiner Sendung einen längeren Film gezeigt, den ich mit Werder Bremens Trainer Thomas Schaaf gedreht habe, den ja viele für trocken halten, der aber sehr gut und humorvoll mitgespielt hat. Ich habe auch einen engen Kontakt zu Hans Meyer, mit dem ich ebenfalls schon einige sehr lustige Sachen gedreht habe. Sie gehören für mich zur selben Kategorie von Trainern, die alle etwas gemeinsam haben: den Grundhumor, Intelligenz und einen Blick auf den Fußball, den auch der Fan mag. Klopp, Schaaf und Meyer sind zweifellos drei Trainer, die über eine gesunde Distanz verfügen. Solche Leute sind auch für meine Sendung ein Gewinn.
Andererseits: Ist eine gewisse Zurückhaltung nicht auch verständlich? Schließlich muss jeder, der bei so etwas mitmacht, befürchten, dass es ihm in sportlich mauen Zeiten negativ ausgelegt und daher um die Ohren gehauen wird.
Man muss natürlich auch ein gutes Standing im Verein haben und eine starke Persönlichkeit sein. Manch einer lässt sich auch von seinem Berater bremsen. So wird alles erst fünfmal chemisch gereinigt, bevor es vor einer Kamera öffentlich gesagt wird. Das macht mir aber keinen Spaß und hilft mir auch nicht weiter. Klopp ist da ganz anders. Er will gar kein formatiertes, durchstrukturiertes Interview, das von A bis Z schablonenhaft ist. Er ist einfach ein Typ.
Was genau für ein Typ ist er denn Ihrer Meinung nach? Wie schätzen Sie seine Persönlichkeit ein?
Ich habe mich schon öfter gefragt, was ihn eigentlich so gut in seinem Job macht. Und meine Theorie ist: Klopp hat auf die bestmögliche Art und Weise einen total emotionalen Zugang zum Spiel. Damit meine ich jetzt nicht, dass er sich an der Seitenlinie ärgert und aufregt. Sondern in dem Sinne, dass er Dinge auf dem Spielfeld sieht, zu
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