Jürgen Klopp: Echte Liebe
ausgestrahlt am 22. März 2011
35 Als Beleg für Klopps Blick über den Tellerrand hinaus vgl. noch folgenden Abschnitt über Life Kinetik ab Seite 149
36 Folgende Daten wurden auf der Homepage von Borussia Dortmund am 06. August 2011 veröffentlicht
37 Zitat von Watzke aus Interview im Sonderheft des Kicker-Sportmagazins zur Champions League 2011/12
38 Zitat aus Interview in der Süddeutschen Zeitung mit dem freien Journalisten Freddie Röckenhaus, online veröffentlicht am 20. Mai 2011
39 Zitat aus Interview mit Jürgen Klopp in der Neuen Zürcher Zeitung vom 24. April 2011
40 Zitat von Peter Krawietz im Januar 2011 gegenüber der WAZ Mediengruppe
Mensch Klopp!
Wer Jürgen Klopp dabei beobachtet, wie er nach Torerfolgen seiner Mannschaft wie ein Irrwisch die Seitenlinie rauf und runter rennt, mit zersausten Haaren und rudernden Armen, der verzerrte Gesichtsausdruck all die sich entladende Anspannung verrät – der kommt zu dem Entschluss, dass dieser Mann »unter Strom« steht. Auch die doppelte »Säge«, bei der Klopp mit kerzengeradem Oberkörper beide Armen ruckartig vor und zurückfährt, kommt beim Torjubel gerne zum Einsatz. Nicht minder schön die ritualisierte Einlage mit Torwarttrainer »Teddy« de Beer, wenn beide ihre Arme zur Seite strecken, um Brust voraus aneinander zu stoßen. »Kopf hoch, Brust raus« als Zeichen der Stärke, des Selbstbewusstseins, des Erfolgs. Dieser Mann lebt und liebt seinen Sport, als spielte er noch selbst auf dem Rasen mit.
Diese sprühende Begeisterung, diese Energie und impulsive Leidenschaft, die Klopp im Gegensatz zu einigen seiner Trainerkollegen auch nach außen trägt: Was ist die Triebfeder dieses Charismatikers, der mit »Übungsleiter K.« sogar eine eigene Mode-Kollektion trägt und zu dessen Wertschätzung in Dortmund ein eigener Fanclub gegründet wurde? Wo liegt der Ursprung für seinen Ehrgeiz, den er auf seine Mannschaft überträgt? Woher kommt diese Mischung aus lockerer Kumpeltyp und natürlicher Autorität, die Klopp verkörpert? Eine Persönlichkeit, die den Raum füllt, wenn sie ihn betritt.
»Das lässt mich total locker bleiben.«
Jürgen Klopp ist stets er selbst, ist echt. Es ist die wohl markanteste Facette seiner Persönlichkeit. Er spielt keine Rolle, kann nach eigener Meinung auch »gar nicht schauspielern«. Sofern er die Medien nicht bewusst für seine Zwecke nutzt, denkt er nicht darüber nach, wie seine Worte öffentlich interpretiert werden könnten, sie müssen auch nicht zwangsläufig knigge-like sein: »Was die Öffentlichkeit angeht, da habe ich reines Glück, weil es mir völlig wurscht ist, was sie denkt. Das lässt mich total locker bleiben. Die einen finden ›das ist ein netter Kerl, immer gut drauf‹ und die anderen sagen ›dieser Klugscheißer geht mir schon seit Jahren auf den Sack‹. Doch ich kann mich weder um die einen noch um die anderen kümmern. Ich muss mich um das kümmern, was für mich wichtig ist: Dafür zu sorgen, dass mein direktes Umfeld von mir profitiert – ob familiär oder beruflich. Mich hat man lange für einen Dampfplauderer gehalten. Doch letztlich setzen sich Arbeit und Qualität durch und es ist nicht so wichtig, was du öffentlich redest.«
Beruflich profitieren Klopps Spieler auch davon, dass er den Zeitgeist trifft. Seine Ansprache steht im Einklang mit einer neuen Profigeneration, die Entscheidungen nicht einfach nur abnickt, sondern sie erklärt haben möchte. Sie zunächst verstehen will. Klopp überzeugt, indem seine Entscheidungswege transparent sind, er andere Meinungen einbezieht, die Entscheidungen aber letztinstanzlich nur von ihm getroffen werden. Schließlich muss er sie als Cheftrainer auch verantworten.
Sein Lehrmeister Wolfgang Frank bestätigt diese Einschätzung: »Abgehobene Fußballlehrer haben aus meiner Sicht heute keine Chance mehr. Die jungen Spieler erwarten von einem, dass man mit ihnen lebt, sich mit ihnen auseinandersetzt und kreativ ist (…) Man kann auch mal eigene Fehler zugestehen, um dann wieder von ihnen Dinge einzufordern. Das ist ein permanentes Geben und Nehmen – und ich glaube, der Jürgen macht das sehr gut. Er verbindet sachliche Diskussion mit einer gewissen Emotionalität.« 41
Klopp ist sich und seinem (Trainer-)Stil stets treu geblieben – und dabei ist es kein Widerspruch, dass er sich zugleich weiterentwickelt hat. Auch verhält er sich zu seinen Spielern etwas distanzierter als zu Beginn der Mainzer Zeit. Damals war er kaum älter als
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