Jürgen Klopp: Echte Liebe
im Team blieb, als »BVB-Inventar« Dede wieder fit war: 28 Einsätze in der Saison 2009/10 wurden im folgenden Meisterjahr noch getoppt, als Schmelzer in jedem Bundesliga-Spiel mitwirkte.
Klopps Fazit aus dieser Geschichte: Es ist sehr wichtig, kompetente Mitarbeiter im Trainerstab zu haben und diesen auch zu vertrauen. Ihm ist bewusst, dass er neben seiner Trainingstätigkeit nicht auch alle anderen Gebiete abdecken kann und weiß daher zu delegieren, Beispiel Scouting: »Ich laufe jetzt nicht in Deutschland umher und finde Granaten, weil ich auf allen Sportplätzen unterwegs bin. Das wäre Quatsch. Wenn du die Scouting-Jungs zu Spielen schickst und ihnen nicht sagen kannst: ›Guck da mal hin‹, sondern selber noch viermal hinfährst, dann ist das rausgeschmissenes Geld. Du musst dann wirklich sagen: ›Den und den suchen wir und wenn ihr die findet, dann ruft ihr an‹«.
So war es auch bei Shinji Kagawa, der 2010 für eine Ausbildungsentschädigung von 350.000 Euro vom japanischen Klub Cerezo Osaka nach Dortmund kam. Klopp reiste nicht persönlich nach Asien, sondern verließ sich auf seine Mitarbeiter aus der Spielersichtung, »die Bock haben ohne Ende. Die Spaß daran haben, wenn dann am Wochenende einer dieser Jungs, die sie gesehen haben, Bundesliga spielt und über den möglicherweise auch positiv gesprochen wird.«
Über Kagawa sollte schon bald sehr positiv gesprochen werden: Der offensive Mittelfeldspieler begeisterte die Liga mit feiner Technik, tollen Dribblings und großer Antritts- wie Handlungsgeschwindigkeit. Stark auch sein Torabschluss mit acht Treffern in der Hinrunde. Erst der während der Winterpause 2010/11 erlittene Mittelfußbruch, zugezogen bei der Asienmeisterschaft, stoppte seinen Lauf und ließ Kagawa fast die gesamt Rückrunde verpassen.
Von Transfererfolgen wie im Falle Shinji Kagawa profitiert nicht unwesentlich auch BVB-Sportdirektor Michael Zorc. Obwohl auch nach der Krise des Klubs noch wirtschaftlich darbend, war in der Öffentlichkeit das sportliche Anspruchsdenken an den BVB geblieben – selbst wenn vom BVB stets ein sportlich breites Zielspektrum ausgegeben wurde, um keine übertriebene Erwartungshaltung zu schüren. 2008 für seine Transferpolitik dennoch öffentlich in der Kritik, wird Zorc heute als einer der umsichtigsten Sportdirektoren der Liga gefeiert. Auch ein Verdienst von Jürgen Klopp, der die Vorgaben von Zorc und den »Scouting-Jungs« veredelt(e).
Ein weiterer Nachmittag in Brackel:
Trainingstag im Herbst 2011
Brackel. Mal wieder Stimmung schnuppern beim Trainingszentrum des BVB. Die Sonne scheint kräftig, endlich mal wieder. Nach einem Sommer, der keiner war, zeigt sich zumindest die zweite Septemberhälfte von ihrer schönsten Seite. Mit dem sonnigen Wetter kann auch die Stimmung auf dem BVB-Trainingsgelände in Dortmund-Brackel mithalten. Der Auftakt in der Champions League unter der Woche ist gelungen. Das 1:1 zuhause gegen den FC Arsenal erinnerte spielerisch an die grandiose Vorsaison, die Vielzahl vergebener Großchancen allerdings auch. Dennoch: Der späte Ausgleich durch einen sagenhaften Distanzschuss von Ivan Perišic, den er wohl von 25 Versuchen nur einmal genau so trifft, sorgt für eine positive Grundstimmung – auch unter den vielen Kiebitzen, die das Treiben der Spieler mit Argusaugen verfolgen.
»Mensch Kuba, den musse doch machen«, argwöhnt einer von ihnen, als Jakub Blaszcykowski die Kugel aus kurzer Distanz über das Gehäuse semmelt. Kurz darauf lässt Kuba die Kritiker verstummen, der nächste Versuch sitzt. Ersatzkeeper Mitchell Langerak ist ohne jede Abwehrchance, das Tornetz beult sich mächtig aus. Klopp schmunzelt. »Glaubt mir, Hannover hauen wir am Wochenende mit 4:0 weg! Ich sag’s euch, 4:0!«, prophezeit einer der Zaungäste im besten Rentneralter. So schnell ändert sich die Stimmung. Seine Begleiter schmunzeln. So wie sie reden, sind sie öfter hier: »So langsam wird das wieder was.«
Zurück zu Perišic: Der Neuzugang vom FC Brügge musste sich während des Trainingslagers im Sommer mächtig strecken. Die ungewohnte Intensität hatte ihm zugesetzt, die Gewöhnung an Dortmunds »Kilometerfresser«-Fußball fiel schwer. Doch nun ist der Kroate voll dabei, die erste Eingewöhnung bald abgeschlossen.
Klopp und seine Co-Trainer stehen mittig auf dem Trainingsplatz, die Spieler bilden einen Kreis um sie herum. Der Chef erklärt die Übung, hält sich dann erstmal im Hintergrund auf. Hinter dem Tor stehend beobacht
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