Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers
mehr dabei und Jens Streifling war zu den Höhnern desertiert. Es sollte der Rückbesinnung auf die Basistugenden einer Rockband förderlich sein: nie klang BAP so heftig und laut wie auf
Sonx.
Eine puristische Rockband, die bei jedem Song direkt aufs Ziel zusteuert. Jürgen saß in seiner Aufnahmekabine und dachte: „Wow, das ist aber jetzt auf den Punkt.“ Auch produktionstechnisch fühlte er sich dieses Mal so gut aufgehoben und vor allem aufgenommen wie noch nie. Bassist Werner Kopal, der gelernte Tontechniker, hatte die Produzentenrolle übernommen. Für Jürgen war von Anfang an klar: Wenn Werner produziert, wird das geil. Es fängt massiv und traditionell hart rockig an, aber schon beim zweiten Song schauen wieder mal die Stones um die Ecke, knarziger und fetter allerdings. Es ist die Balance zwischen der massiven Power des Hardrock und den archaischen, minimalistischen Rock’n’Roll- und Blueswurzeln, die dieses Album so stark macht. Unterstrichen durch einen Schlagzeugsound, der Jürgen zum ersten Mal das restlos zufriedene Grinsen beim Abhören eines eigenen Studiowerkes ins Gesicht zauberte. Drums mit Eiern. Und wie befreit er aufspielte. Das ganze Album könnte man als „Young Drummers Guide To Straightforward Rock Drumming“ verkaufen. Man nehme nur die drei Auftaktsongs: Da ist der wuchtige, schiebende Mantel und Degen-Groove des Openers „Wie, wo und wann“, der Mut zu verschärftem Einsatz von offener Hi-Hat und misshandeltem Crashbecken, dann aber auch wieder die (dennoch körperbetonte) Filigranarbeit am Anfang von „Jedenfalls vermess“, die dann in einen strahlenden rotzfrechen Ritt auf der Glocke des Ride-Beckens übergeht, während der Ostfriese sein Gitarrensolo abliefert. „Rövver noh Tanger“ ließ schon beim ersten Hören ahnen, dass es später on tour Jürgens Paradenummer in Sachen „Haut den Lukas“ werden würde. Weit ausladende, in alle Richtungen umspielbare und dehnbare, bedrohliche Drumpatterns. Kein Wunder eigentlich, stammte die Musik dazu ja von Werner. Jürgen jedenfalls befand „Sonx“ als das bis dato beste Aushängeschild für die Band, und nicht nur, weil er glücklich mit dem war, was er selbst abgeliefert hatte.
JÜRGEN ZÖLLER … SELBST: Ich glaube, Sonx hätte nicht so knackig geklungen, wenn der Jens dabei gewesen wäre. Der hatte immer die Neigung, hier noch ein Stimmchen, da noch ein Riff einzubauen. Der hat gesprüht vor Ideen, aber er hatte auch die Tendenz, die Stücke zuzuballern. Al er wegging, ging es für ihn um Geld oder Liebe. Und Jens hat sich für Geld und Sicherheit entschieden, weil er bei dieser Karnevalskapelle ein festes Gehalt bekommen sollte, während bei BAP immer nur Kohlefür die einzelnen Jobs fließt. Aber es war keine Krise für die Band, eine Krise war es nur für Wolfgang, der hat ihn ja immer gefördert, der hatte ihn ja auch entdeckt, als er in Köln bei „Viva la Diva“ gespielt hat. Er hat ihn bei der Leopardefell-Tour mitgenommen, das lief gut, er hat ihm jeden Gefallen getan, alles für ihn gemacht. Und dann ging der hin und wechselte ausgerechnet zu den Höhnern, darüber war Wolfgang schwer enttäuscht. Es wurde jedenfalls zum großen Thema hochgejazzt, denn du kannst in Köln sicher gehen, die Boulevardpresse kreist immer wie die Geier über deinem Kopf. Man könnte meinen, die Kölner hätten nix anderes zu tun, als sich mit solchen Themen zu beschäftigen. Und ich komm dann als BAP-Trommler in die Kneipe rein, ins Backes in der Südstadt und hör’ die diversen Strategen … und die fragen dich sofort, wie der Wolfgang das jetzt machen könnte, so auf den Jens einzuprügeln. Da biste auf einmal mittendrin und weißt überhaupt nicht, wie dir geschieht. Erst hatte Jens ja gar nicht gesagt wo er hingeht, ich hab’ gemutmaßt … Maffay vielleicht? Aber dann waren es eben die Höhner. Wobei ich ja zugebe: ich hab’ auch mal zwei Alben für die gespielt. Ich war halt jung und brauchte das Geld.
Am 1. März 2004 erschien
Sonx,
es gab sogar Kritikerlob für die rockigsten BAP aller Zeiten. Nur der allwissende Rolling Stone-Kritiker vergab mal wieder gerade zweieinhalb Sternchen. Jürgen nahm es gelassen. Früher hatte er sich durch negative Kritiken persönlich angegriffen gefühlt. Inzwischen hatte er begriffen, dass es Journalisten gab, die der Band aus Prinzip ans Bein pinkelten, pinkeln mussten. Wahrscheinlich, weil sie sich in ihrer Schnöselkneipe nicht mehr sehen lassen könnten, wenn jemand wüsste,
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