Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers
Proberaum, durchgehend Schnee. Hier konnte alles probiert werden. Da war keiner mehr, der ihm sagte, was er zu spielen hatte. Jetzt konnte er den Songs dienen, nicht dem Komponisten. Aufeinander hören, Bandmusik machen. Die Anspannung löste sich auf der Insel. Die Bedingungen waren traumhaft. Die Bucht und das Hotel, das der Band allein gehörte, das Restaurant, in dem abends nur die Band aß, die Studio-Villa voller Charme und Zauber. Blick aufs Meer, extra Raum für Piano, Tücher an den Wände, überm Fenster hing ein Riesentransparent: „Majestät brauchen Sonne“. Jürgen lag nach getanem Trommeln im Liegestuhl, las ein bisschen Zeitung, im Rücken das Schlagzeug, vor ihm kräuselten sich die Wellen. Ab und zu unterbrochen wurde die Idylle vom Chef, der dann verlautbarte „Nix wie Ärjer!“ oder auch „Näää, wat hammmer et schwer“.
JÜRGEN ZÖLLER … SELBST: Im Hotel gab es unten so eine Bar und einen großen Fernsehraum. Direkt an der Bar waren die Türen und Fenster, und da war es ziemlich zugig, da saß der Wolfgang und schrieb den Text zu „Irjend su’n Rock’n’Roll-Band“, während es draußen stürmte und regnete. Im Text wird genau das beschrieben, was passierte: Da kommt ein Truck, die Leute schwärmen aus, klappern die Baumärkte ab, hämmern, machen und tun, merkwürdig. Nach einiger Zeit kam dann schon einer nach dem anderen und hat mal geguckt, was da so abgeht. Dann trauten sich auch welche rein, haben was zu trinken gebracht, und zugehört. Wir haben dann auch den einen Kellner mit einbezogen, der singt was Spanisches bei „Shoeshine“, das wurde langsam richtig familiär.
Der Besitzer der ganzen Anlage hieß Don Jaime, war Lederhändler, und verspürte hin und wieder den Drang, eine „anything can happen“-Party auszurichten. Später gab es auch eine „Listening“-Party, Tony Carey kam vorbei, Bertram Engel und Carl Carlton. Wenn das die normalen Bedingungen waren, unter denen man CDs aufnimmt, dachte Jürgen, dann würde er sich wahrscheinlich gleich vor lauter Glückseligkeit entleiben müssen. Mallorca war wie mit der Kelly Family auf Carpri, bloß mit den wirklich richtigen Leuten und das Ganze noch mal hoch Drei.
Zumal alle auch merkten, als der Titelsong „Aff un zo“ im Werden war, dass sie damit wieder einmal im Radio landen können würden. Der Videodreh zu „Aff und zo“ mit Wim Wenders lief dann, wieder zurück in Deutschland, an der „Toten Brücke“, die auf dem Cover abgebildet ist. Um halb fünf morgens hatte Wenders die Band bestellt in der Hoffnung, dass es einen Sonnenaufgang gebe. Es gab ihn. Alles wurde mit dem Kran hoch auf die Brücke geschafft, die Musiker fuhren mit einem Bauaufzug hoch, in den immer nur jeweils einer reinpasste. Super Ausblick ins flache Nichts. Drei- vier Stunden, immer wieder zum Song mimen. Wenn Jürgen zur Seite schaute, sah er Werner am Rande des Abgrunds, dort wo die Brücke aufhört. Da war kein Geländer. Das war echt, das war kein Trick, den man später im Video sieht, weil der Regisseur sich das so ausgedacht hat.
JÜRGEN ZÖLLER … SELBST: Das Highlight dieses Jahres waren für mich die Kölnarena-Konzerte im Dezember, wo die DVD Övverall aufgenommen wurde. Damit hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet, dass das noch mal so wird. Ich war darauf eingestellt, dass wir alles ein bisschen runterfahren müssen. Spätestens ab dem Moment war mir klar: jetzt geht’s weiter. Dann passierten allerdings die weniger schönen Dinge: Es stellte sich eben heraus, dass die Mallorca-Geschichte viel zuviel Geld gekostet hatte, dass von Managementseite viel Mist gebaut worden war und man den ganzen Apparat ganz schnell herunterfahren musste, um ihn überhaupt am Leben zu erhalten.
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Purer Rock’n’Roll – SONX
Im September 2003 ging es wieder ins Studio. Für Jürgen ist es die Rückkehr in eine vertraute Umgebung. Im Studio 301 in Köln-Bickendorf hatte er mit Wolf Maahn schon einiges eingespielt. Das war auch die Gegend, wo er einst als Kind hoch auf dem Wagen mit den Milchflaschen gesessen und verkündet hatte „Ich werd’ mal Musiker“. Es gab einen großen Aufnahmeraum, die Band baute ihr Equipment auf und nebenan waren jüngere Menschen zugange, die mal neugierig ihre Nasen reinsteckten und dabei höchst erstaunt bemerkten: „Ach guckt mal, da steht ja ein richtiges Schlagzeug.“ In der Band hatte sich einiges verändert.
Sonx
wurde in Fünferbesetzung eingespielt, Sheryl Hackett war nicht
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