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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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weitgehend aus dem letzten Loch pfiffen in dieser wunderbaren Zeit im Lande der Gitarren.
    „It won’t be long“, der erste Song von
With the Beatles
… Was für ein Hammer. Was für eine Energie. Die Musik explodierte im Kopf, aber auch die Worte. Es musste gleichzeitig passieren. Yes, Sir. Learning English by exploding Beatles-songs in the backhead oder so. Jürgen suchte immer den wilden Moment einer Nummer, und diese Nummer bestand ausschließlich aus wilden Momenten. Zwei Minuten, zack, und alles war gesagt. Und der Text erst. Er saugte sich Musik und Worte ins Ohr, das gehörte zusammen. „I’ll be good like I know I should. You’re coming home, you’re coming home.“ Das hier war kein Liebe-Trieb-Lala, das hier waren eindeutige Botschaften. Jürgen gab gerne eine Mark aus, hier in der
Fliegerklause.
Denn für eine Mark kriegtest du die ganze halbe LP um die Ohren geblasen, direkt aus dem ausgebeinten Leslie-Cabinet. „Jemand was dagegen?“ „Nee, mach du nur mal.“ Da gab es nie Streit, da freuten sich alle, wenn jemand diese Mark opferte. Da gab es auch noch keine 432 verschiedenen Musikgeschmäcker. Denn merke: Was Artur ins Leslie-Cabinet gesteckt hatte, das war per Definition gut. Hauptsache weg mit den Schlagern, weg mit dem Bigbandsound, weg mit der Operettenseligkeit – her mit den Gitarren! Jeder neue Sound war erst mal „in“.
    Dort drin fühlte sich Jürgen sicher. Draußen, da war es schon ein bisschen seltsamer, mysteriöser und gefährlicher. Es war wieder Sommer, Artur hatte die Glasfront aufgeschoben. Jürgen saß mit Artur vor der
Fliegerklause,
schon am helllichten Nachmittag. Plötzlich bogen von links hinterm Hauptbahnhof zwei Motorräder und ein schwarzer Mercedes um die Ecke. Sehr mysteriös erschien den beiden dieser Pomp. Als nächste Wichtigkeitslimousine kam noch ein schwarzer Mercedes, mit einer Deutschlandflagge auf steifem Ständer. Drin saß der Bundespräsident Heinrich Lübke und winkte huldvoll seinem Volk zu, also Jürgen und Artur. Die schauten sich an, ihre Köpfe wurden dunkelrot, dann lila, dann mussten sie lachen. Lübke hingegen lächelte weiter freundlich und ruderte mit den Armen. Warum nicht? Jürgen hatte ja auch für sein Volk Gitarre gespielt, als er mit dem überladenen VW-Käfer zum ersten Gig von Bad Soden nach Königstein raufgefahren war. Der Lübke hatte das ja bloß abge-kupfert, soweit war es also schon. Die ganze einsame Straße lang. Dadah dadam.

    JÜRGEN ZÖLLER … SELBST: Später hat er dann seinen Laden umbenannt in
CSL,
das stand für
Club Studio Luxemburg,
weil damals Radio Luxemburg der Sender überhaupt war. Gleichzeitig hat er den Laden umgebaut, renoviert, und hat dann den neuen Namen niemandem verraten, hat den abgehangen, am Tag der Neueröffnung hat er dann die Reißleine gezogen und da stand dann „Club Studio Luxemburg“. Mit „Fliegerklause“ hatte ich auch kein Problem, aber ich war nicht so begeistert von dem neuen Namen. Gut, man hat nachher CSL gesagt, weil es war auch hip damals, Abkürzungen zu benutzen, LSD – CSL … und die Leute, die dort waren, die sind dannja auch alle in den anderen Läden der Stadt aufgetaucht. Aber der hat dann privat irgendwie eine Schräglage gekriegt und ist in die Weserstraße. Und Weserstraße war schon wesentlich düsterer. Da, wo die Kneipe vorher war, das war direkt am Hauptbahnhof, das war noch relativ neutral. Nur, sobald du abbiegst, Münchner Kaiser Taunus, Elbe, Weser das war damals halt des Bahnhofsviertel, nur noch Elend Und dann hat er einen großen Fehler gemacht. In Goldstein, im Westen bei Frankfurt Hoechst, hat er eine Kneipe mit Saal übernommen (1966) und wollte da auch Konzerte machen, weil ihm das vorher alles zu klein war. Er ist erst mal pleite gegangen, und dann hat er in der Nähe vom Hauptbahnhof ne Taxifahrerkneipe aufgemacht. Und dann ist der Kontakt abgerissen. Und ich war dann wirklich musikalisch am Start und nur noch selten in Frankfurt. Aber der Typ, der hat viel, sehr viel zu meiner musikalischen Bildung beigetragen.

     
    Im
Storyville
und im
K 52
gaben sich die angesagten Bands die Klinke in die Hand. Was die
Fliegerklause
auf Vinyl im Angebot hatte, hier ging es live, schwitzend und zum Greifen nahe über die Bühne. John Marshall hieß der Besitzer des
Storyville,
ein schwuler Amerikaner, glänzendes Gesicht, blonde Tolle, eingebauter Kaugummi. Vielleicht 40 war er damals. Alt. Ach was: unfassbar alt. Geschäftstüchtig war er auch: seine Bands

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