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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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Und als postillon d’amour gab’s noch einen nervenaufreibenden Job als Zugabe, ohne Bezahlung versteht sich. Nach dem Motto: „Eh, sag mal, du hängst doch immer mit den Jungs rum, und du hast doch gerade gestern mit dem Rod/Jim/John (Zutreffendes bitte ankreuzen) die ganze Nacht einen draufgemacht. Meinste, der steht auf so ne Frisur? Meinste, der steht überhaupt noch auf mich? Hat der gestern am Ende die …“ Oh Gott. Fragen über Fragen, deren Antworten mit Engelsgeduld und Feingefühl aus den betreffenden Vier-Wochenengagement-Liebesgefährten herausgekitzelt werden mussten. Junge, komm bald wieder. „Ist es nicht herrrrzzerreißend“, dachte sich Jürgen, als wieder mal ein paar spiddelige blasse englische Jungs ihr Zeug zusammenräumten, im klapprigen Van verstauten, um vielleicht nächstes Jahr zurückzukommen. Oh dieser Abschied, oh all die vollgerotzten Taschentücher, die kollabierenden Mädels. „Sag’ mal, Jürgen, meinst du, Rod/Jim/John (Zutreffendes bitte ankreuzen) erinnert sich noch an mich, wenn er wiederkommt?“ Jürgen hatte inzwischen genug Anschauungsunterricht gehabt, wie das läuft: Zwei Tage großes Heulen und Zähneklappern, zerlaufene Schminke, rote Augen und hektisches Kampfrauchen. Am dritten Tag hing schon das Plakat der nächsten Band mit einem anderen Rod/Jim/John (Zutreffendes später ankreuzen) im Schaukasten neben der Theke, die Dame blitzte und funkelte wogenden Büstenhalters, der Lidstrich akkurat wie eine Schützenreihe, der Teint rosig wie ein frisches Äpfelchen und die ganze Aura vollgesaut mit einer Duftwolke vom erlesensten
Eau de la Schabrack.
Die Zigarette stand wieder aufrecht im rotgedonnerten Mäulchen, vorbei war das blutarme Qualmen aus dem heruntergezogenen Mundwinkel. „Jetzt geht das ganze Theater wieder von vorne los“, dachte sich Jürgen, füllte sein Glas und drehte sich zur Bühne. Vergiss die Puppas dieser Welt, Mädels gab es ohnehin genug, so war es ja nicht. Er wollte jetzt viel mehr wissen, was die neuen Rods, Jimmys und Johns (alle ankreuzen) ihm Neues aus der Welt der Trommel zeigen konnten.
    „Ruugedubasch, frahgendasbadadaback.“ „Bagedibgedibagicrash.“ „Zaggedi-zaggedi-zaggedi, and you know: then …“ „Dubratdu-brat, da cashcashcash“ Echt? So einfach? „Of course, zoigzigzig, dratt, cashcashcash.“ Zwei Irre saßen in der mittleren Etage eines dreistöckigen Bettes in einer Frankfurter Absteige. Hier waren sie gut versteckt vor den Blicken Uneingeweihter, die in ihrer Banau-sigkeit möglicherweise die Männer mit den hinten verschnürbaren Jacken alarmiert hätten. Die Irren führten beileibe nichts Böses im Schilde. Es handelte sich lediglich um einen englischen Trommler, der ein, zwei Jahre musikalischen Vorsprung hatte und einem deutschen Trommler was zeigte. Jürgen kannte da nichts, sein Motto war: Frechheit siegt. Wenn er was wissen wollte, dann fragte er. Der unausgesprochene Deal, den er und die anderen männlichen „musikalischen Groupies“ mit den Engländern abgeschlossen hatten, war simpel: Die kamen rüber, waren kaum älter, kannten niemanden und konnten natürlich auch kein Deutsch. Mit denen machte man das, was man später vielleicht einmal alternative Stadtführung nennen würde: Wo spielt die Musik, wo kann man schnell und billig essen, wo sind die heißesten Mädels und die buntesten Pillen. Dafür durfte man dann stundenlang im zweiten Stock des dreistöckigen Bettes im Moselhof sitzen, mitten im unglaublichsten, gleißenden Chaos. Als Syph-Sultan unter anderen Syph-Sultanen und Sultaninen.
    „Where’s the tape deck …“ Alles musste man suchen in dieser Sardinenbüchse von Unterkunft. Sechs Mann in einem Raum, wie in der Jugendherberge. Irgendwo unter einem Haufen Schmutz- und Bügelwäsche war vielleicht auch noch eine Kochplatte, oder vielleicht unter einem der abgewetzten Koffer? Irgendeiner schlurfte immer fröstelnd durchs Zimmer „Theres no shower on this floor!“ Weil es an sanitären Einrichtungen fehlte, ging man in ein „Volksbad“. Hier gab es nur ein Handwaschbecken, und wenn die Musiker angekommen waren, wuschen sie als erstes die schmutzigen Bettlaken an dieser kargen Wasserstelle. Das Tapedeck wurde schließlich aufgefunden, und „Hey, now listen: That’s Joe Morello with the Dave Brubeck Quartet … you know him?“ Nö, aber das klang gut. In einem der Betten rührte sich was und klagte über Lärm. Absurd, das konnte nur Puppa oder eine ihrer Kolleginnen von der

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