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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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haben können, ein Anruf bei den Eltern hätte genügt, denn fester Wohnsitz ist gleich Freiheit. Aber er war selbst dazu zu platt, noch einen Konflikt auszutragen, das wäre zuviel gewesen. Wenn er in den Spiegel schaute, dachte er manchmal: den kenn’ ich nicht, den wasch’ ich nicht. Er sah so aus wie er sich fühlte, und so wie man eben aussah, wenn man sich über Monate nur von Eiern, Pommes Frites, Gras und Pillen ernährt hatte. Vier Wochen lang schlief er, genoss das nahrhafte deutsche Gefängnisessen und las. Bis zur Verhandlung, bei der sich herausstellte, dass der Psychiater damals seine vorgetäuschte Homosexualität für bare Münze genommen hatte. „Sie wären vier Wochen, nachdem Sie sich unerlaubt von der Truppe entfernt haben, entlassen worden, Herr Zöller.“ Wie bitte? Nein, er hatte sich nicht verhört, und schnurstracks wurde ihm auf einmal wieder genauso schlecht, als würde er sich immer noch von Eiern, Pommes Frites und Gras und Pillen ernähren.
    Die Haare wurden länger, man trug jetzt standardmäßig Mittelscheitel, fettig. Die Musikstücke auf den Plattentellern im
Top Cat
wurden länger, man tanzte sich in kosmische Schwurbel. Im Garten Eden hieß hier und anderswo
In A Gadda Da Vida.
Es war nicht mehr der Song, der die Stimmung vorgab, es war der Sound. Da zersägte ein rostiges Gitarrenriff deine Nacht, da quälte sich eine fragende Orgel über den nebelverhangenen Tanzflur. „Oh won’t you come with me, and take my hand“, sang der schon in früher Blüte grenzdebil wirkende Doug Ingle von „Iron Butterfly“ in die wogenden Herzen. Wie seltsam anders das klang als damals, als die Beatles gesungen hatten: „I want to hold your hand“ Und dann kam dieses eine und einzigartige, unverwechselbare Schlagzeugsolo. Ron Bushy haute auf die blubbernden Toms und sagte damit allen, die im Stroboskoplicht dazu zitterten: Jeder, der ein paar dicke Trommeln hat, ist Musik. Nicht nur
In a Gadda Da Vida
klang, als wollten die Musiker die Zeit anhalten. Der musikalische Kosmos explodierte nach allen Seiten. Vom Zeitlupenwahnsinn bis zum Temporausch. Das musikalische Grundmaterial, das man als DJ noch bearbeiten konnte, wurde extravaganter. Chambers Brothers „Time has come today“, dieses Höllenfeuer zerlegter Zeiteinheiten. Sly and the Family Stone, „Dance to the Music“, der genüsslich zelebrierte und von den Tänzern schmurgelnd über Minuten zitternd herbeigeflehte Todesschrei in Pink Floyds „Careful with that Axe, Eugene“.
    „Also, wenn du mich fragst, ich find’ ja schon, die Sachen von den Beatles sind jetzt aber doch zu heftig“, erklärte der musikverliebte Gangster und Hobby-Philosoph Bobby Bloom seinen DJs. Er meinte
Revolver
mit seinen erratischen Höhepunkten ä la „Tomorrow never knows“. Fritze Landei guckte auch manchmal öd mit brechendem Auge übers Anlage-Klavier und jammerte mit hilflos zum Beat rudernden Tanzbein: „Du, jetzt spiel’ doch abba mal was Tanzbares, wieder.“ Und meinte damit zuckersüße Liedchen wie „I’m The Pied Piper“ von Crispan St. Peter. Da ging der Marschfox aber ab! Dass es gerade so seine Bewandtnis hatte. Das fand im Übrigen auch die neue Freundin von Bobby Bloom, aber der blieb tolerant und gab Plattenlegerfreiheit, solange die Kundschaft tanzte, soff und zahlte. Und schön brav draußen vor die Tür ging, um den deutschen Eichen was vorzukiffen.
    Da mochte man sich an den Plattentellern und den Bandmaschinen noch so abmühen, den
Summer of Love
ins Endlose zu dehnen, die Umgebung ließ zunehmend Schatten auf die Idylle fallen, gegen die man auch mit noch so viel Hinterbandkontrolle nicht mehr ankam. Bobby Bloom war schon standesgemäß besoffen, als die komplette Mannschaft eines Abends einen Ausflug nach Frankfurt unternahm. Bobby suchte Streit. Und er fand ihn. An der Bar im
K 52
entdeckte er einen Typen, den er ins Visier nahm. Es ging offenbar um Geld, das der andere ihm noch schuldete. Bobby provozierte, die beiden zankten fürstlich, zunächst sah alles nach „normaler Härte“ aus, einem Spiel nach den Regeln. Die Wiederbegegnung zwei Stunden später dann weniger: Vor dem Eingang saß Bobbys Sparringspartner in seinem Porsche und wartete. Saß. Wartete. Mit dem Gesichtsausdruck eines Mannes, der sitzen und warten gelernt hatte. Als Bobby, der – jetzt angefeuert durch die Kraft der drei Promille – weiter zu scherzen beliebte, griff der Porschefahrer ins Handschuhfach. Etwas blitzte, etwas knallte, und zwei

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