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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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Geld, hatten eine traumhafte Villa, aber kein Wahlrecht. Hassan kam hinter dem Schreibtisch seines Büros hervorgekurvt, rückte eilfertig den Stuhl weg und machte eine Klappe im Boden auf. Eine Art Geheimtür, durch die die Verhandlungspartner in den Keller hinabstiegen. Hassan zeigte auf einen Tresor von Schrankgröße, voll mit Bargeld. So gab es die Vorausgage in großen Bündeln in bar.
    Eigentlich hätte Kurt Hauensteins Traum jetzt wahr werden können. Aber nun trat die Azapo auf den Plan:
Azanian People’s Organisation.
Eine radikale schwarze Gruppe, die eine schwarze Liste herausgab. Wenn Sportler nach Südafrika kamen, wurden sie auf diese Liste gesetzt, weil sie durch ihre Anwesenheit das Regime stützten. So sah es die Azapo jedenfalls – und da gab es wenig Verhandlungsspielraum. „Tour absagen.“ „Bombendrohung.“ „Boykott.“ Hässliche Worte machten die Runde unter den Musikern. In der Zeitung las sich das so: „Supermax von Azapo unter Druck gesetzt: Touren in Südafrika werden von einer weiteren schwarzen Liste bedroht – dieses Mal eine, die von der
Azanian People’s Organization of Musicians and Other Artists“
zusammengestellt wurde. Das Ziel ist, Südafrika in kulturelle Isolation zu bringen, sagte ein Azapo-Sprecher, entsprechend dem internationalen Boykott, wie er derzeit im sportlichen Bereich stattfindet.“ Supermax-Manager Rainer Pörtner wird zitiert: „Wir werden die Tour fortsetzen können, aber wir sind uns nun über die Gefühle von Azapo im Klaren. Wenn wir nach Europa zurückkehren, werden wir den Menschen dort die Situation in Südafrika erklären.“
    Vor diesem Satz lag ein hartes Stück Verhandlungsmaloche für Kurt, den Manager Rainer Pörtner und ihre Gegenspieler von der Azapo. Sie hatten sich im Hotel in einem sechs Quadratmeter großen Kabuff getroffen und um Verständnis für ihren jeweiligen Standpunkt geworben, um eine tragbare Lösung zu finden. Kurt Hauenstein hatte es offenbar geschafft, klar zu machen, dass er diese Tour im vollen Bewusstsein um die Lage der schwarzen Südafrikaner durchziehen wollte. Nicht, weil ihm das Apartheid-Regime egal oder gar angenehm wäre, sondern um multikulturelle Gesellschaft auf der Bühne und im Publikum feiern zu können, selbst unter diesen fast unmöglichen, erstickenden Bedingungen. Nach fünfzehn nervenzerfetzenden Stunden kam endlich das „Okay“ der Azapo. Ein einziger Auftritt fiel dem Verhandlungsmarathon zum Opfer, dann konnte es losgehen.
    Johannesburg, Port Elizabeth und anschließend East London. Nachts erwischte ein Tornado das Hotel. Die Musiker kriegten nichts mit, stiegen morgens aus dem Bett und standen knöcheltief im Wasser. Der Sturm hatte das Dach verschoben und Platz für Wasserfälle geschaffen. Es gab Tote, entwurzelte Bäume, um das Hotel herum tobte das Chaos. The Show must go on. Weiter nach Durban, zu einem Verwandten von Hassan. Dieser hatte er ein riesiges Hotel, natürlich auch Geld, aber ebenfalls kein Wahlrecht. Ein Mensch zweiter Klasse. Anschließend zog der Tourtross nach Venda, eines der pseudo-unabhängigen Homelands. Eine trostlose Landschaft, fast ohne Bodenschätze, ganz ohne Industrie, nichts als Savanne und Dschungel. Strauch, Straßenkreuzung, Strauch, Strauch, Holperpiste, rostige Schilder. Bremsen, anfahren, immer den Rücklichtern des Toyota Van hinterher, in dem der erste Teil der Supermax-Reisegruppe saß. Jürgen saß im zweiten Auto, bis er umkippte und auf der Rückbank einschlief. Rainer Marz war dabei und zwei Frauen. „Warum stehen wir?“ fragte Jürgen schläfrig seine Mitfahrerinnen. Der Rainer schlage mal eben Wasser ab, und habe gesagt, man werde die anderen dann schon wieder einholen. Jürgen guckte die schmale, holprige Piste hinauf. Hinunter. I was driving down that lonely road. Dadam. Danix. Dahin. Es ist dahin. Der Toyota. Guckte runter und in seiner Verzweiflung auch hoch, der schläfrige Trommler. Tiere schauen ins Nichts. Links Elefantengras. Rechts Elefantengras. Und nirgends ein Toyota Van. Nur mannshohes Elefantengras. „Wir holen die schon wieder ein.“ Die hatten den Aktenkoffer, in dem alle Pässe der Bandmitglieder waren. In dem alles drin war, was man brauchte. Jürgen, Rainer und die Mädels hatten die staubige Straße und Elefantengras. Irgendwo musste der Toyota fahren. Mit dem Manager drin mit den Pässen im Koffer und dem Wissen im Kopf, wo es lang geht. „Hat er euch nicht gesagt, wo wir lang müssen?“ fragte Jürgen vorsichtig.

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