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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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Die erste Abzweigung erzwang angestrengtes Nachdenken. „Wir müssen links“ tönte die eine. „Nee, rechts“, die andere. Egal. Links war Elefantengras. Rechts war Elefantengras. Eine Unterhaltung, die sich noch öfter wiederholte, bis der Toyota sich schemenhaft durchs Elefantengras anpirschte.
    In Venda stand ein Spielcasino mit einem angeschlossenen Hotel. Eine absurde Idee, die hier Wirklichkeit geworden war, am Ende der einsamen Straße. Die einheimische Bevölkerung versammelte sich hier, es war Abend. Da saßen sie nun in ihrem irrsinnigen Casino und hatten T-Shirts an und dazu Krawatten, denn es war schon nach sieben Uhr. Jürgen war kränklich, hatte eine Spritze bekommen, und fragte sich bei diesem Anblick allmählich, ob in der Spritze was drin gewesen war. Aber am nächsten Morgen war alles immer noch so, wie er es abends fiebrig vorgefunden hatte, nur ohne Krawatten. Sie fuhren auf einen Hügel und erkannten: Das Hotel mit seinem verrückten Casino war das einzige Haus weit und breit. Drum herum waren überall zwischen den Bäumen strohgedeckte Hütten zu sehen. Strohgedeckte Hütten, aus denen die Männer abends losgingen, mit einer Krawatte in der Hosentasche, die sie sich im Casino umbinden würden. Jetzt sind wir in Afrika, spürte Jürgen. Das musste es sein. Johannesburg hätte noch Zürich sein können. Mit dem Unterschied, dass in Zürich auf keiner Parkbank ein Schild mit der Aufschrift „Whites Only“ zu finden war.
    Ein Stadion und eine einfache Holzbühne bei fünfzig Grad im Schatten. Die Supermax-Band fühlte sich wie gegrillt, als sie am letzten Tag des Aufenthalts in Venda auf die Bühne ging. Es war merkwürdig: So, wie die Menschen am Abend zuvor in dieses irre Spielcasino geströmt waren, so kamen sie jetzt aus allen Richtungen, um diese Band zu sehen. Nennen wir sie Pat. „Ihr könnt mich ruhig Trish nennen.“ Das hätte zu ihr gepasst. Singen sollte sie, nicht modeln. Dachte Jürgen. Dachte Kurt. Dachten die anderen. Aber da war es zu spät. Pat schwebte in High Heels auf die Holzbühne, Marylin im Outfit, heiße Luft im Hirn. Wie in Zeitlupe schauten die anderen zu, wie sie zum Mikrofon stakste, mit abgespreiztem Finger den Ständer ergriff, eine Wimper hochzog und die grauenvollen drei Worte sprach: „Hello, South Africa.“ Sie blickte in eine schweigsame Wand schwarzer Gesichter. Auf deren Stolz sie soeben herumgetrampelt war, mit ihren tollen High Heels. Dem Stolz, immerhin ein kleines bisschen Welt zu haben und dieses absurde Spielkasino, als Zipfel der Welt, an dem man sich festhielt, bevor man herunter fiel. Was leicht passieren konnte in einem Land, dessen Staatsdoktrin auch im Stande gewesen wäre, die Erde wieder zur Scheibe zu erklären, mit der Unterseite für die Schwarzen. Pat flog am selben Abend aus der Band, Hauenstein hatte ein Machtwort gebrüllt. So war Hauenstein, wenn er zu seinen Prinzipien stand, er ging durch die Wand für seine Überzeugung, und er war nicht biegsam. Ein Choleriker, der auch Jürgen zur Weißglut treiben konnte. Später, als nur noch Brüllprogramm angesagt war, ging Jürgen. Aber in dieser Sache, da konnte Kurt Hauenstein auf ihn zählen. Das empfanden alle in der Band so.
    Das Konzert war Höhepunkt und Gipfel des Misthaufens gewesen, den Pat und ihre Freundin – nennen wir sie Joyce – schon die ganze Zeit vor sich her geschoben hatten. Die Schwestern aus Azania hatten diese beiden Hollywood-Beauties wochenlang verächtlich betrachtet. „Bitch“ war das gängige Wort für Damen dieser Flughöhe. Die als Nicht-Südafrikanerinnen schwarzer Hautfarbe im Hotel das zweifelhafte Privileg genossen, sich an der Rezeption nicht als Schwarze anmelden zu müssen – und deshalb in einem „weißen“ Hotel logierten. Als aber einer der Musiker eine Südafrikanerin in das gleiche Hotel mitnahm, wehte ihm der eisige Wind des Burenstolzes entgegen. Abends im Hotel zum verrückten Spielcasino saßen sie alle um einen Mann herum, der die Ausstrahlung eines Medizinmannes hatte. „Die Schranken fangen an, sich langsam zu verwischen, Freunde. Ihr versteht, was hier passiert. Aber eure Sängerinnen, die haben es nicht verstanden …“ Das war das Ende von Jürgen Zöllers erster Rock’n’Roll-Tournee in Afrika.
    Jürgen machte wieder seine Studiojobs für Peter Hauke, Top of the Flops und manches, was ging. Zwischen zwei Supermax-LPs
Fly with me
und
Types of Skin
waren die üblichen Verdächtigen gerade einmal wieder dabei, etwas zu

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