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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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zu wirken. Immerhin, auf diese Weise konnte er nach und nach erforschen, wozu Percussion-City fähig war. Interessante Klänge waren das. Als er glaubte, das Werk sei getan und es könnte nun ein Was-auch-immer-sonst-noch-sein-soll-Solo folgen, hörte er den jetzt schon ganz famos entfesselten Hansi rufen: „Weiter, weiter … mach weiter!“ Das ganze Orchester schaute zu, und er machte weiter, bis der rosa Satinanzug einen Schwitzfleck zeigte, und dann noch länger. Das war Jürgen Zöllers erstes Percussion-Solo. Und nun fühlte er sich als Teil der Familie – für den Rest des Abends. Bei „Music“ von John Miles tat er, wie ihm geraten: Spiel, was dir einfällt. Höhö, und wie! Er kesselpaukte ohne Erbarmen: Battt taaa dat taraaaa. Alles auf die Zwölf, keine Gefangenen gemacht. Ist das so auf der Platte? Völlig egal. Jetzt war eh alles schon zu spät. Ha! Beat Party mit Hansi! In Stereo! Quadro! Here we come! Später ertappte er sich auch noch dabei, wie der sentimentale Hund in ihm laut anfing zu bellen. Bei „Don’t cry for me Argentina“ bestand sein Pecussion-Beitrag darin, sich leise ein Tränchen aus dem Augenwinkel zu wischen. Die Abende klangen aus in den feinsten Restaurants. Hansi hielt Hof, hatte einen englischen Fanclub eingeladen. Richtige Working Class People aus Sheffield, Blackpool und anderen schönen Urlaubsorten; Menschen, die ihren ganzen Jahresurlaub opferten, um mit James Last unterwegs zu sein. Das war das Ende der James Last-Episode. Ein Rock’n’Roll-Traum, irgendwie. Wenn auch in Rosa Satin.

19
Diplomatische Verwicklungen
     
    Bis dahin war alles gut gegangen: Die Deserteure im Aufwind, der Produzentenjob als neue Herausforderung und als drittes Standbein die Österreich-Connection in Form von Fendrich. Man erinnere sich an den hin- und herjettenden Jürgen, der sich schon fast vorkam wie Außenminister Genscher, seinerzeit 1984. Begonnen hatte das alles schon im Jahr 1981: Tasten- und Produktionsmogul Christian Kolonovits hatte das Hessische hinter sich gelassen und sich wieder nach Wien zurückverfügt, von wo er sich nun fernmündlich meldete: „Kannst ned beim Fendrich spieln?“ Erst einmal für eine LP, „Zwischen eins und vier“. Jürgen fuhr nach Wien und spielte. Aber nicht nur für Fendrich. Von 1981 bis 1986 hinterließ er seine Trommelspuren auf allen Produkten aus dem Hause Kolonovits: Fend-rich, Franz Morak, Ludwig Hirsch, Maria Bill. Fendrich fragte an, ob er nicht auch in seiner Band spielen wolle. Er wollte, und es ließ sich zunächst auch problemlos regeln, alle Termine unter einen Hut zu bekommen. Er konnte bei Reinhard Fendrich höchstpersönlich wohnen, das erste Album und die Tour liefen überaus erfolgreich, man kam gar bis nach Hamburg und wurde dort offenbar verstanden. Fendrich wurde in diesen Jahren gefeiert wie ein Rockstar, ein Dichterfürst, ein Popidol, kurz: der Erlöser, der Peter Alexander der Neuzeit. Fendrich war anders als Ambros. Viel mehr Pop als Rock’n’Roll, einer, der es allen recht machen wollte und das zu dieser Zeit offensichtlich auch konnte. Er befeuchtete die Traumwelten der jüngeren Damenwelt ebenso wie die der Schwiegermüttergeneration. Umflorten Blickes wiegten sie Arm in Arm zu seinen Hymnen, und alle, alle fühlten Herzen wie Bergwerke in ihren bebenden Brüsten bollern. Aber nach den Konzerten, da waren der Dichterfürst und seine Band extreme Partylöwen, die sich jederzeit und allerorts vorsätzlich um ihren „optimalen Schwiegersohn-Status“ in Grund und Boden feiern konnten. Küss die Hand, Herr Geheimrat. Und keine Details, bittschön. Wie gesittet ging es da vergleichsweise bei den Deserteuren zu. Dafür sorgten schon die zwei festen Paare in der Band: Werner und Renate, Axel und Jane. Die fuhren in einem Auto, Wolf Maahn alleine, Jürgen und Paco Saval im dritten Wagen. Alles ging seinen geregelten Gang und die Musik bestimmte die Gangart. Ernsthaft, professionell. Das kam Jürgen entgegen, hatte er doch gerade noch zu Supermax-Zeiten immer deutlicher die Flammenschrift an der Wand gesehen: „Only the good die young“. Zu diesen „Guten“ wollte er jetzt nicht mehr gehören.
    Der Spaßfaktor bei Fendrich erhöhte sich für Jürgen denn auch nicht durch intensives Inhalieren der Dekadenz im Hinterstübchen, sondern durch die Interaktion auf der Bühne. Er genoss die Anwesenheit von Christian Kolonovits in dieser Band. Und er genoss es, in ganz anderen Läden zu spielen als den einschlägigen

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