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Juli, Die Viererkette

Juli, Die Viererkette

Titel: Juli, Die Viererkette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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und freute mich auf den Morgen.

Fort Knox
    Ich schlief wie ein Stein, und erst als mich die Sonne an der Nase kitzelte, wachte ich auf. Ich blinzelte dreimal, dann war ich munter, sprang aus dem Bett, riss meine Hose unter dem Kopfkissen hervor und hüpfte in sie hinein.
    Ich freute mich auf meine Freunde, auf das Training am Nachmittag und darauf, dass wir Willis Geburtstagsgeschenk kaufen würden. Kaufen mit dem Geld, das man mir anvertraut hatte und das sich immer noch, in meine Mütze eingewickelt, in meiner Hosentasche befand.
    Meine Mutter rümpfte die Nase, als ich zum Frühstück kam: „Willst du dieses Drecksding zur Schule anziehen?“
    Überrascht schaute ich an mir herunter. Meine Hose war wirklich nicht mehr sehr frisch. Ich hatte sie jetzt bestimmt schon sieben Tage getragen, und sie begann, wenn ich ehrlich bin, wirklich langsam zu riechen – und das nicht gerade sehr mild.
    „Also, was ist?“, fragte meine Mutter noch mal. „Ziehst du dir bitte was anderes an?“
    „Nein. Das geht nicht!“, antwortete ich und setzte mich seelenruhig zu Joschka und ihr an den Tisch.
    „Juli, ich bitte dich!“, befahl meine Mutter, und das liebte ich so an ihr. Selbst im Zorn und angesichts meines strengen Hosengeruchs blieb sie immer noch freundlich.
    „Juli! Es liegen fünf – fünf saubere Hosen bei dir im Schrank!“
    „Ich weiß“, sagte ich und nahm mir ein Brötchen. „Und ich weiß, dass ich stinke. Aber es gibt wichtigere Dinge im Leben, Mama!“
    Ich schnitt mein Brötchen auf, schmierte Butter und Marmelade drauf und biss hungrig hinein. Meine Mutter schaute mich immer noch an, und die Zornesfalten auf ihrer Stirn zuckten bedenklich.
    „Ja“, sagte ich. „So ist das nun mal. Ich bin Juli „Huckleberry“ Fort Knox, und diese Hose hier ist mein Safe.“
    Meine Mutter legte ihren Kopf schräg und schaute zu meinem kleineren Bruder.
    „Ja. Das stimmt!“, bestätigte Joschka absolut ernst. „Vort Knocks ist der sicherste Ort auf der Welt!“
    „Siehst du! Was hab ich gesagt!“, grinste ich. „Oder willst du dafür verantwortlich sein, dass Willis Geburtstagsgeschenk-Anzugsgeld vom Dicken Michi geklaut werden kann?“
    Erschrocken fuhr ich zusammen. Was hatte ich da gesagt? Niemand wusste vom Dicken Michi und mir. Oder doch? Joschka und meine Mutter musterten mich verblüfft.
    Was dachten sie jetzt? Was wussten sie schon? Nein! Ich musste hier raus! Und zwar auf der Stelle! Sofort!
    „Also, dann. Wir sehen uns heute Abend. Das Training beginnt direkt nach der Schule. Ja, und dann kaufen wir Willis Geburtstagsgeschenk!“, stammelte ich, packte meinen Schulranzen, sprang aus der Küchentür in den Garten hinaus auf mein Fahrrad und war auf und davon.
    Meine Mutter und Joschka schauten mir stirnrunzelnd nach. Es war gerade mal Viertel nach sieben. Die Schule begann erst um acht, und der Schulweg dauerte sieben Minuten – wenn man sehr langsam fuhr. Ja, und deshalb fragten sie sich: „Warum hat Juli vor dem Dicken Michi so große Angst?“

Alle für einen
    Ich radelte, so schnell ich konnte. Nur noch dieser einzige Tag, dachte ich. Dann war alles vorbei. Dann wär ich das Geld wieder los. Ja, und dann – ha! – dann könnte der Dicke Michi mich mal! Denn dann hätte Willi seinen verdienten Anzug und in diesem Anzug stünde er morgen, am Samstag um 10 Uhr, vor der Trainerbank, um mit uns unser erstes Spiel zu gewinnen. Unser erstes Spiel im Teufelstopf , unserem Stadion, in unserer eigenen Liga.
    Oh, Mann! War das ein gutes Gefühl! Ich stellte mir jetzt schon alles ganz genau vor. Wie wir unsere nachtschwarzen Trikots anzogen, die mit dem Wilden Kerl auf der Brust. Wie wir in den knallorangen Stutzen auf den Platz hinausliefen und uns zum Kreis fanden. Arm in Arm standen wir da, und dann schrien wir unseren Schlachtruf in den Himmel hinauf.
    „RAAAH!“, hallte es durch die Stadt, und jetzt war ich mir absolut sicher: So und nicht anders würde es sein.
    Ich radelte langsamer und hielt den Kopf in den Wind. Es war schon ein bisschen kühl, und die Luft schmeckte und roch schon etwas nach Herbst. Sehr wahrscheinlich war es der letzte Spätsommermorgen, doch das bemerkte ich erst, als Krake am Straßenrand stand.
    „Hey, Juli!“, rief er rasiermesserscharf. „Geht es dir gut?“
    Ich zuckte zusammen und konnte mich nicht mehr bewegen. Ich sah nur noch den Irokesenhaarschnitt und das Spinnentattoo. Sonst sah ich nichts. Auch nicht die Ampel, auf die ich zurollte und die jetzt auf rot

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