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Juli, Die Viererkette

Juli, Die Viererkette

Titel: Juli, Die Viererkette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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und wirbelte um 180 Grad um die eigene Achse. Dann stand ich da, und nur eine Nanosekunde später bäumten sich Vanessas und Marlons Fahrräder wie Ponys hoch in die Luft und kamen eine Haaresbreite neben mir im Tor des Holzzauns zum Stand.
    Sie schauten mich an, und sie sagten kein Wort. Sie schwiegen, bis die anderen Wilden Kerle ihre Räder neben uns stoppten. Dann erst pfiff Vanessa durch die Zähne, und Marlon raunte ein schlichtes, aber sprachloses „Wow!“
    „Das war echt wild!“, hauchte Fabi, und Leon musterte mich atemlos.
    „So was hat noch keiner geschafft!“
    „Verflixte Hühnerkacke! Das stimmt! Juli, du hast Vanessa geschlagen!“, rief Raban, und ich schaute verblüfft zu ihr hin.
    Vanessa nickte mir zu. Mehr konnte sie nicht, so war sie aus der Puste, und Marlon schnaufte erschöpft: „Juli! Das war ein einziger Sprint. Von der Schule bis in den Teufelstopf . So was hält kein Langstreckenweltmeister aus.“
    Ich grinste ihn an.
    „Ist das wahr?“, fragte ich und wollte es einfach nicht glauben.
    „Ja, leider!“, zischte Vanessa und lachte mich an. „Aber das war ’ne Niederlage, auf die ich stolz sein kann.“
    Spätestens jetzt schoss mir das Blut in den Kopf. Ich blinkte wie ein Leuchtturm im Nebel, doch das war mir egal. Keinen meiner Freunde schien es zu stören, und zusammen schoben wir unsere Räder in den Hexenkessel aller Hexenkessel hinein: In den Teufelstopf , der einzigen und wahren Arena, in der ein Wilder Kerl kicken will.
    Dort wartete Willi auf uns, und unsere Laune steckte ihn an. Der mürrische Kerl, der sonst so verknittert dreinschaute wie seine eigene Jacke, begrüßte uns mit einem Satz, den wir noch nie von ihm gehört hatten.
    „Heute wird nur gespielt!“, rief er und schoss den Ball in die Luft. „Abwehr gegen Sturm! Juli, Maxi, Marlon, Joschka, Markus und Vanessa gegen Jojo, Leon, Fabi, Felix, Rocce und Raban. Worauf wartet ihr noch?“

    Das ließen wir uns nicht zweimal sagen.
    Unsere Fahrräder flogen kreuz und quer auf die Wiese, und dazwischen flatterten und schwirrten Hosen, Jacken, Schuhe und Pullover wie Vögel durch die Luft. Dreißig Sekunden später standen wir in voller Montur auf dem Platz. Alle, mit einer Ausnahme. Ich trug natürlich meine Straßen-Hose, den Safe.
    Dann ging es los.
    Felix tippte den Ball zum Anstoß kurz vor. Leon stoppte ihn, und in meinem Team rechneten alle damit, dass er ihn auf Rocce zurückspielen würde. Der, das wussten wir auch, würde Fabi, den schnellsten Rechtsaußen der Welt, mit seinem Steilpass Torpedo-Barcuda-gefährlich in Richtung unseres Tores losschicken. Ja, und deshalb raste ich auf Fabi zu. Ich würde ihn decken, und Marlon rannte an Leon vorbei. Er wollte Rocces Steilpass verhindern. Doch Marlon stürzte ins Leere. Der Rückpass blieb aus. Leon hatte den Ball nämlich gar nicht gestoppt. Er hatte das Leder nur mit der Sohle gestreichelt, ihn dabei vorgespielt, und jetzt gab er Gas.
    Von Null auf hundert war Leon der Schnellste, und bevor Marlon erkannte, was sein Bruder vorhatte, war der längst schon an Vanessa vorbei. Auch Maxi grätschte nach einem doppelten Slalomdribbelrittberger ins Leere, und deshalb rannte ich wieder zurück. Mit Feuer an meinen Fersen jagte ich über den Platz. Aber konnte ich das Tor noch verhindern? Markus, der Unbezwingbare kam aus seinem Kasten heraus und warf sich in Leon hinein. Doch der lupfte den Ball über seine Fäuste hinweg, sprang über die Beine des Torwarts und lenkte die Kugel noch in der Luft mit der linken großen Zehe nach rechts, an Joschka vorbei, der ihm wie ein wütender Hofhund den Einschuss versperrte. Doch von rechts, da kam ich. Leon blitzte mich an, aber er zögerte keine Sekunde. Nicht den hundertsten Teil eines Herzschlags dachte er nach.
    Er war der Blitzpasstorvorbereiter, das wusste jeder von uns, und deshalb spielte er das Leder mit der Hacke nach links. Blind spielte er den Ball, denn er fühlte es in seinen Füßen, wo sich jeder seiner Leute befand. Und Jojo befand sich links hinter ihm, nahm den Ball an, tanzte mit ihm durch die Mittagssonne nach links und holte zum Schuss aufs Tor aus.
    Doch einen Moment! Ich war Juli „Huckleberry“ Fort Knox, die Viererkette in einer Person, und deshalb rannte ich gleichzeitig mit Leons Hackentrick los, grätschte in Jojo hinein und tauchte vor Rocce, dem Zauberer auf, als der meinen Abpraller abstauben wollte. Rocce, das wusste ich, konnte nichts einfach machen. Ein direkter Torschuss war ihm zu

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