Julia Ärzte zum Verlieben Band 37
zu werden. Diese Schwäche nutzte er schamlos aus, indem er sie ständig um Rat und Hilfe bat, damit sie möglichst oft in seiner Nähe war.
Doch schon nach kurzer Zeit wurde ihm klar, dass er sie nicht einfach nur manipulieren wollte, sondern tatsächlich ihre Unterstützung brauchte.
Auch wenn sie nicht müde wurde zu betonen, dass sie nur zwei Monate bleiben würde, stürzte sie sich voller Elan und Hingabe in ihre Arbeit. Jeder einzelne Patient war ihr so wichtig, dass sie nur optimale Ergebnisse akzeptierte. Dieser hohe Anspruch verhalf ihr schon bald zu großer Popularität. Ihre unglaubliche Kompetenz brachte ihr den Ruf einer ebenso unerschütterlichen wie perfektionistischen OP-Leiterin ein. Niemand zweifelte daran, dass Ghaleb in ihr eine würdige Stellvertreterin gefunden hatte.
Umso mehr wunderte es alle, warum er eher noch häufiger als früher in der Klinik war und vorzugsweise mit ihr gemeinsam operierte.
Doch er machte es seinem Team unmissverständlich klar, dass er weder Fragen noch Kommentare in dieser Sache wünschte. Nur sich selbst gegenüber gab er die Wahrheit zu: Er konnte einfach nicht anders. Er musste in Vivs Nähe sein.
Sie aber weigerte sich standhaft, außerhalb der Klinik Zeit mit ihm zu verbringen. Seine Entschuldigungen und seine Bitten, sie treffen zu dürfen, lehnte sie allesamt kommentarlos ab.
Sein einziger Trost bestand darin, dass sie im OP ihre Vorbehalte zu vergessen schien. Sobald sie anfingen zu operieren, wurden sie zu einem eingespielten Team, das sich perfekt ergänzte.
Gerade hatten sie den letzten Eingriff des Tages erfolgreich beendet. „Sie haben alle großartige Arbeit geleistet“, verabschiedete er sich vom OP-Team. „Vielen Dank.“
Ein freundliches Gemurmel war die Antwort, das Ghaleb jedoch nicht mehr wahrnahm, da er nur Augen für Viv hatte, die bereits in Richtung Umkleideraum unterwegs war.
Er wartete auf dem Flur auf sie und stellte sich ihr in den Weg, als sie an ihm vorbeieilen wollte.
„Findest du nicht, dass du mich nun genug bestraft hast?“, fragte er.
Viv atmete tief durch. „Lass gut sein, Ghaleb. Es war ein langer Tag.“
Wie gern hätte er sie berührt, sie in den Arm genommen oder ihre Schultern massiert, damit dieser erschöpfte Ausdruck von ihrem Gesicht verschwand. „Ich will dich nicht lange aufhalten. Bitte nimm meine Entschuldigung an. Wir müssen diese Unstimmigkeit bereinigen.“
„Oh Wunder, eine Entschuldigung aus deinem Mund? Den Tag muss ich mir rot im Kalender anstreichen. Aber warum ist es dir so wichtig, dass ich die Entschuldigung annehme? Meine Arbeit wird durch meine Gefühle doch offensichtlich nicht beeinflusst, oder?“
„Das weiß ich“, beschwichtigte er sie. „Es ist mir einfach wichtig. Ich habe dich beleidigt, als ich dir unterstellte, du seist käuflich.“
Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Das war doch nur das normale Verhalten eines Vorgesetzten, der es gewohnt ist, seine Ziele durchzusetzen. Ein Geschäft eben. Dafür erwarte ich keine Entschuldigung.“
Würde sie je aufhören, ihn zu überraschen?
Ghaleb überlegte, ob ihre Antwort vorteilhaft für ihn war. „Nett von dir, es mir nicht nachzutragen. Übrigens, denk mal darüber nach, deinen Vertrag neu zu verhandeln. Ich werde Adnan Bescheid sagen. Es gibt kein Limit. Weder beim Geld noch bei den Benefits.“
„Nein.“ Ihr Ton und ihr Blick machten klar, dass ihre Entscheidung feststand. „Danke für das Angebot. Es schmeichelt mir natürlich, dass du meine Arbeit als so wertvoll einstufst. Die Vorstellung, nach einem Jahr hier meine eigene Insel kaufen zu können, ist zwar sehr verlockend, aber ich möchte es trotzdem nicht. Vielleicht glaubst du mir jetzt endlich, dass es mir nie ums Geld ging.“
Er ballte die Fäuste in der Jackentasche. Am liebsten hätte er sie geschüttelt, damit sie endlich Vernunft annahm. „Warum willst du mein Angebot nicht annehmen?“, stieß er hervor.
„Weil ich ein Leben habe, zu dem ich zurückkehren möchte.“
Sein Herz raste, und jeder einzelne Muskel seines Körpers war zum Zerreißen gespannt.
Eifersucht. Beißende, abscheuliche Eifersucht. Wie albern von ihm. Sicher hatte sie seit ihrer Trennung viele Männer gehabt. Genau wie er viele Frauen gehabt hatte. Auch wenn diese Affären allesamt enttäuschend verlaufen waren.
War sie im Augenblick mit jemandem zusammen? Widerstand sie deshalb seinem Werben so beharrlich? Bedeutete dieser andere Mann ihr etwas? War er ihr so wichtig,
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