Julia Ärzte zum Verlieben Band 37
will noch nicht sterben. Weder glücklich noch unglücklich. Also bitte kein Wort mehr!“
Er stieg aus und öffnete ihre Tür. Die kühle Brise ließ Viv erschaudern. Sofort schloss er die Arme um sie, um sie zu wärmen.
Ein wenig schwindelig vom langen Sitzen hielt sie sich an ihm fest.
Ghaleb hatte recht. Die Vergangenheit ließ sich nicht mehr ändern. In der Gegenwart hingegen war alles möglich. Und die Gegenwart, die sie gerade erlebte, sprengte alle ihre Erwartungen.
Nie hätte sie es für möglich gehalten, eines Tages so unbefangen mit Ghaleb herumzualbern. Gleichgültig, ob es an ihrer Unterzuckerung, ihrem Jetlag oder ihrer Schwäche lag – sie konnte sich nicht dagegen wehren, den Augenblick zu genießen.
Theatralisch bot Ghaleb ihr seinen Arm an. „Bevor ich für deinen Hungertod verantwortlich gemacht werde, sollten wir lieber gehen.“
Ihr Blick folgte der Richtung, die er einschlug, und sie schnappte nach Luft.
Sie standen am Eingang eines weitläufigen Innenhofs, der zu einer prunkvollen, säulengeschmückten Treppe führte. Dahinter lag das Portal eines Schlosses, das direkt aus Tausendundeiner Nacht zu stammen schien.
Fasziniert nahm sie den Anblick des hell erleuchteten Märchenschlosses in sich auf. Ghaleb griff nach ihrer Hand und zog sie mit sich durch den ersten Torbogen.
Als sie das mit schweren Messingbeschlägen verzierte Portal erreichten, eilten weiß gekleidete Bedienstete herbei und rissen die Flügeltüren auf.
Fasziniert folgte Viv Ghaleb durch die schwach beleuchtete und farbenprächtig dekorierte Eingangshalle ins Innere des Gebäudes, das von einem süß-würzigen Duft erfüllt war. Das unwirkliche Gefühl, in der Zeit zurückzureisen, verstärkte sich mit jedem Schritt. Schließlich erreichten sie einen riesigen, ausschließlich von Kerzen erleuchteten Raum.
War dies ein exklusives Restaurant, das Ghaleb für sie reserviert hatte? Bunte Sitzkissen, um niedrige Mahagonitische gruppiert, bildeten einen interessanten Kontrast zu den weiß gekalkten Wänden. Der Boden war mit kostbaren Teppichen ausgelegt.
„Du hättest mir ruhig sagen können, dass wir in der Vergangenheit zu Abend essen“, murmelte Viv, als Ghaleb sie zu einem Sitzkissen neben einer in einem filigranen Muster durchbrochenen Verandatür führte, durch die eine sanfte Brise Wüstenwind hereinwehte.
Das Lächeln, das er ihr schenkte, ließ ihr Herz schneller schlagen. „Ich hoffe, ich habe die richtige Epoche ausgewählt?“
„Absolut. Ich frage mich gerade, wo du wohl deinen fliegenden Teppich geparkt hast.“
Sein Lächeln wurde breiter. „Direkt neben meiner Zeitmaschine, wo sonst?“
Viv musste lachen, und er fiel mit ein. Plötzlich überkam sie ein leichter Schwindel, und sie ließ sich auf das Sitzkissen fallen.
Sofort wurde Ghaleb ernst. „Ist alles in Ordnung?“
„Essen!“, stöhnte sie. „Viel Essen. Und schnell!“
Seine Erleichterung war ihm deutlich anzusehen. Dann blitzten seine Augen vor Vergnügen. Er hob gebieterisch die Hand, und ein ganzer Schwarm von Kellnern tauchte wie aus dem Nichts auf und tischte ein Festmahl auf.
Viv hatte es sich auf dem Kissen gemütlich gemacht und biss gerade genussvoll in die knusprige Hülle eines Balash esh-Sham , einer köstlichen, mit Sirup gefüllten Gebäckstange. Viv seufzte vor Wohlbehagen und leckte sich genüsslich die Fingerspitzen.
Bei dem Anblick hätte Ghaleb fast auch gestöhnt.
„Das ist mehr als eine kleine Sünde. Ich spüre bereits, wie ich auseinandergehe wie ein Hefekuchen“, meinte Viv.
Ausgiebig betrachtete er ihren Körper. „Du kannst es dir leisten.“
Sie wich verlegen seinem Blick aus.
Er nippte an seinem mit Kardamon gewürzten Kaffee, während er sich insgeheim wunderte, wie ein einziger Tag alles verändern konnte.
Wirklich alles hatte sich verändert. Ghaleb musste sich eingestehen, welch Vergnügen es ihm bereitete, sie wiederzuentdecken. Oder sollte er besser sagen, die Frau zu entdecken, zu der sie sich entwickelt hatte? Seine früheren Ansichten und Absichten verblassten zusehends – genau wie die Wut und Bitterkeit, die er so viele Jahre mit sich herumgetragen hatte.
Die neue Viv war das Gegenmittel gegen diese zerstörerischen Gedanken. Zum ersten Mal seit Jahren zog er in Erwägung, dass er sich geirrt haben könnte. Gab es eine Erklärung dafür?
Selbst wenn es keine gab, glaubte Ghaleb, dass er die Vergangenheit nun auf sich beruhen lassen konnte. Sie hatten einen neuen Anfang gemacht,
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