Julia Ärzte zum Verlieben Band 37
gesagt. Viv fühlte sich leer und erschöpft.
Endlich war es vorbei.
Ghaleb stand da wie erstarrt. Ihre Worte trafen ihn wie ein Stich ins Herz. Das Entsetzen über sein eigenes Verhalten ließ ihn leise aufstöhnen.
Doch sein Schmerz zählte nicht. Es ging jetzt nur um Viv. Er musste sie von ihrem Kummer befreien und ihre Wunden heilen. Musste wieder Leben in ihre erloschenen Augen bringen und ihr die Selbstachtung zurückgeben. Dafür würde er jedes Opfer bringen.
„Du hast vollkommen recht, wenn du mich für ein herzloses Monster hältst“, begann er, doch seine Stimme versagte ihm den Dienst. Es dauerte einige Sekunden, bis er weitersprechen konnte. „Mein Verhalten war unverzeihlich, egal wie logisch mir meine Gründe damals erschienen. Du hast mir immer nur Wärme und Liebe gegeben. Ich hörte ja, wie du sagtest, dass ich dir nicht das Geringste bedeute. Da hätte ich nicht einfach so …“
In ihren Augen glomm wieder ein Funke Hoffnung auf. „Du hast gehört, wie ich das gesagt habe?“
„Ja.“
Nach kurzem Schweigen meinte sie: „Gut. Das freut mich.“
Sie war also froh darüber, dass auch er verletzt worden war. Auf einmal wurde Ghaleb alles klar. Die Wahrheit traf ihn noch härter als die schmerzlichen Erinnerungen.
„Es war also eine Lüge.“ Einmal ausgesprochen, nahm diese Erkenntnis ihm den Atem. „Warum hast du es gesagt, Viv?“
„Warum? Kommt diese Frage nicht ein bisschen spät? Hättest du mich nicht an Ort und Stelle fragen sollen? Warum hast du mich nicht damals zur Rede gestellt? ‚Viv, du hast gesagt, dass du mich liebst, und jetzt muss ich hören, dass ich dir nichts bedeute. Was soll das heißen?‘“
Er öffnete den Mund, um zu erwidern, dass er keine Lust gehabt hatte, sich irgendwelche Erklärungen anzuhören, die er von vornherein als Lügen eingestuft hätte.
Doch sie kam ihm zuvor. „Ich sage dir, weshalb du mich nicht gefragt hast. Du hattest dir sofort eine Meinung gebildet und hättest mir nicht geglaubt, egal was ich gesagt hätte. Denn dieser Vorfall war die perfekte Entschuldigung für dich, dich einfach so aus dem Staub zu machen. Diese Chance wolltest du dir nicht entgehen lassen. Doch dein Ego hat gelitten, nicht wahr? Deshalb musst du unbedingt wissen, was ich damals meinte. Kein Problem. Die Kollegin erzählte, dass du während unserer Affäre auch mit ihr geschlafen hast. Wie hätte ich denn reagieren sollen, als sie mich wegen unserer ‚geheimen‘ Beziehung verhöhnt hat? Hätte ich sagen sollen, dass ich dich über alles liebe? Dass ich meine Selbstachtung und meinen Stolz über Bord geworfen hatte, um einige wenige Wochen mit dir zusammen zu sein? Mit einem Mann, der unsere Beziehung geheim hält und nebenbei noch mit anderen Frauen schläft? Ich wusste, dass du mich irgendwann verlässt und dass ich furchtbar darunter leiden würde. Die Vorstellung, auch noch der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden, war einfach zu viel. Also verhielt ich mich so, wie du es getan hättest. Ich musste schließlich weiter mit diesen Menschen zusammenleben, nachdem du gegangen warst.“
Das war es also. Die logische Erklärung, von der er immer geahnt hatte, dass sie existiert. Die Vivs Makellosigkeit wiederherstellte. Und die seine eigene Seele schwarz wie die Nacht erscheinen ließ. So schwarz, dass er sich selbst nie würde vergeben können.
Seit ihrem ersten gemeinsamen Abend in Omraania hatte er gewusst, dass er Viv Unrecht getan und sie falsch eingeschätzt hatte. Allerdings hatte er weiterhin angenommen, dass sie ihre Liebe verraten hatte – aus welchen Gründen auch immer. Aber nun … Allah möge ihm helfen!
Wie sollte er weiterleben, nachdem er nun wusste, was er ihr angetan hatte? Was er ihnen angetan hatte!
Viv war noch nicht fertig. „Du behauptest also, du hast mich ohne ein Wort verlassen, weil du dieses Gespräch belauscht hattest? Weil du – verletzt warst? Himmel, du bist so ein Heuchler! Meine Gefühle für dich bedeuteten dir überhaupt nichts. Du hattest doch sowieso vor, abzureisen. Und so bist du den Weg des geringsten Widerstands gegangen, hast dich vor einer unangenehmen Abschiedsszene gedrückt. Wahrscheinlich hat es dir sogar Spaß gemacht, mir diesen letzten Schlag zu versetzen.“
Plötzlich hielt er es nicht mehr aus. Scham, Schuldgefühle und Schmerz überwältigten ihn. Am liebsten hätte er sich auf die Knie geworfen, aber das würde auch nichts nützen. Sie würde ihm niemals verzeihen. Trotzdem musste er ihr eine
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