Julia Ärzte zum Verlieben Band 42
verlor, stellte Anna überrascht fest, dass er geradezu wundervoll tanzte. Die Walzerklänge schwebten durch den Saal, und sie fand es nicht schwer, ihre Schritte dem munteren Takt anzupassen, auch wenn ihre Tanzstunden schon lange her waren.
Als sie aufblickte, war Lukes Gesicht immer noch abweisend und von ihr abgewandt. Er absolvierte ein Pflichtprogramm, das sah sie ihm an, und im Grunde wäre er überall lieber als hier.
Anna senkte den Blick und betrachtete das Abzeichen, das er verliehen bekommen hatte. Für herausragende Tapferkeit während eines Kampfeinsatzes. Es war ein silbernes Kreuz auf einem Lorbeerkranz, mit einer Krone in der Mitte. Das Band hatte auf jeder Seite einen dunkelblauen und dazwischen einen purpurroten Streifen. Was würde er damit machen, wenn er wieder zu Hause war? Es in das Kästchen legen und verstecken, so wie seine Erinnerungen?
Sie schaute wieder auf und hielt unwillkürlich den Atem an. Luke betrachtete sie, mit diesem intensiven Blick, den sie allmählich bei ihm gewohnt war. So, als sähe Luke sie gerade zum ersten Mal. Er wirkte erstaunt, nahezu verblüfft.
Der Walzer endete, und Anna erwartete, dass Luke vorschlug, an den Tisch zurückzugehen. Oder nach Hause zu fahren.
Aber er zog sie dichter an sich, und sie spürte, dass er längst nicht mehr so angespannt war wie vorhin noch. Sie waren einander so nahe, ihre Körper berührten sich, und Luke führte sie durch den nächsten Tanz. Schneidig, männlich und doch behutsam, fast zärtlich. Vielleicht, weil sie ihm willig folgte, sodass sie sich wie ein Körper bewegten.
Dann spürte sie seine Wange an ihrem Haar, und Anna schloss die Augen. Ein warmes, unendlich herrliches Gefühl durchströmte sie, als sie begriff, dass Luke nicht einfach nur tanzte.
Nein, er tanzte mit ihr.
Das Orchester stimmte das nächste Stück an. Und als es endete noch eins und noch eins. Luke machte keine Anstalten, die Tanzfläche zu verlassen, und Anna genoss es, mit ihm über das Parkett zu gleiten.
Sie wollte nicht, dass es jemals endete.
Das Feuerwerk überraschte die Ballgäste. Von der Fensterfront aus hatte man zwar einen grandiosen Ausblick auf die Lichter der Stadt auf der anderen Seite der Themse, aber niemand hatte geahnt, welches Schauspiel auf der breiten Rasenfläche am diesseitigen Ufer vorbereitet worden war.
Es begann mit einem lauten Böllerschuss, dann schoss eine riesige Silberrakete in den nachtschwarzen Himmel hinauf, wo sie in einem leuchtenden Funkenkranz explodierte.
Nicht dass Anna davon viel mitbekommen hätte. Beim ersten Knall war Luke wie erstarrt stehen geblieben, sodass sie ihm auf den Fuß trat. Als er sich wieder rührte, geschah es abrupt, und Anna hätte schwören können, dass sie den Moment fühlte, als Luke in eine andere Welt gezogen wurde. Er ließ die Arme sinken und drehte sich um, suchte sich einen Weg zwischen den Paaren, die auch aufgehört hatten zu tanzen, um zu sehen, was draußen los war. Dann bewegten sie sich mit bewunderndem „Oh!“ und „Ah!“ zum Fenster.
Anna wandte sich in die entgegengesetzte Richtung und folgte Luke quer durch den Ballsaal, am Büfett vorbei und durch das weiträumige Foyer. Sie eilte durch die Eingangstüren, die breite Treppe hinunter und spürte den feuchten Schneeregen auf ihrer nackten Haut. Mit beiden Händen hob sie ihr langes Kleid an und rannte hinter Luke her, so schnell es ihre hochhackigen Sandaletten zuließen. Er verschwand hinter dem Gebäude, als wollte er so viel Abstand wie möglich zwischen sich und das Feuerwerk bringen.
Endlich blieb er stehen. Anna kam um die Ecke und sah ihn an der Mauer lehnen, den Kopf auf dem angewinkelten Arm. Sie hörte ihn keuchen, genau wie neulich, als er diesen Albtraum gehabt hatte.
„Luke!“
„Geh, Anna“, stieß er heiser hervor. „Verschwinde. Solange du noch kannst.“
Sie trat neben ihn. „Ich gehe nirgendwohin. Rede mit mir.“
„Ich kann nicht.“
Wenigstens nahm er sie wahr.
„Warum nicht?“, flüsterte sie beschwörend. „Warum kannst du nicht mit mir reden, Luke?“
„Es ist mein Problem. Wenn ich dir davon erzähle, wird es auch deins.“ Die Worte kamen abgehackt heraus. „Das kann ich dir nicht antun.“
„Aber das ist es längst.“
„Nein. Du kannst noch weggehen. Ich will, dass du gehst.“
„Das kann ich nicht.“
„Warum nicht, verdammt?“ Er blickte auf, und der Ausdruck in seinen Augen zerriss ihr fast das Herz.
„Weil ich dich liebe, Luke.“
Aufstöhnend
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