Julia Ärzte zum Verlieben Band 45
bisschen böse, denn nach ihrem Tod habe ich beim Sortieren von Familienfotos und Briefen herausgefunden, dass mein Dad – also der Mann, der starb, als ich in der Highschool war – gar nicht mein biologischer Vater war.“
„Wie bitte? Bist du sicher?“ Kylie sah ihn schockiert an.
„Ja. Vollkommen sicher.“ Seth hatte den letzten Teller abgetrocknet und warf das Handtuch auf die Arbeitsplatte.
„Es fühlt sich schrecklich an, böse auf sie zu sein. Vor allem, da sie nicht hier ist, um sich verteidigen zu können. Aber ich kann es nicht ändern. Ich bin furchtbar enttäuscht von ihr.“
„Wie hast du es herausgefunden?“
„Ich habe eine Heiratsurkunde und ein Hochzeitsfoto von meiner Mutter und einem Army-Piloten namens Shane Andre gefunden. Er starb einige Wochen nach meiner Geburt.“
Mit offenem Mund sah sie ihn an. „Oh. Und du hast es wirklich nicht gewusst? Nicht einmal vermutet?“
„Nein. Ich war völlig ahnungslos. Mein ganzes Leben lang war ich sicher, dass Gregory Taylor mein Vater war.“ Es fiel Seth schwer, seine Worte nicht bitter klingen zu lassen.
„Dein Stiefvater muss dich adoptiert haben, denn du heißt ja Taylor, genau wie er. Warum hat deine Mutter bloß ein Geheimnis daraus gemacht?“ Nachdenklich sah Kylie ihn an.
„Ich habe keine Ahnung.“ Er erwiderte ihren Blick. „Du bist auch eine alleinerziehende Mutter. Genau wie meine Mom es damals war. Was hast du Ben über seinen Vater erzählt? Kennt er die Wahrheit?“
Kylie wurde blass und trat mit bekümmertem Gesicht einen Schritt zurück. „Nein, ich habe ihm nicht die Wahrheit gesagt. Zumindest nicht die ganze Wahrheit. Aber du kannst meine Situation wohl kaum mit der deiner Mutter vergleichen.“
Seth sah sie grimmig an. „Willst du damit sagen, dass du Ben niemals die Wahrheit sagen wirst?“
In ihrem Blick lag eisige Wut. „Wage es ja nicht, dir so einfach ein Urteil über mich zu erlauben“, fauchte sie gefährlich leise. „Werde ich ihm jemals die Wahrheit sagen? Wahrscheinlich nicht. Denn Bens Vater ist nicht bei einem Unfall ums Leben gekommen wie deiner. Bei ihm war keine höhere Gewalt im Spiel. Bens Vater ist einfach verschwunden. Er hat mich noch vor Bens Geburt verlassen. Glaubst du wirklich, ich sollte einem Sechsjährigen sagen, dass sein Vater sich in dem Augenblick aus dem Staub gemacht hat, als bei mir die Wehen einsetzten? Er hat mich im Stich gelassen, als ich ihn am dringendsten gebraucht habe.“ Kylies Stimme war so laut geworden, dass Seth besorgt zur Wohnzimmertür sah.
„Die Wehen waren furchtbar, und dann erklärte mir ein unfreundlicher Arzt, dass Ben in einer Steißlage war und daher per Kaiserschnitt geholt werden müsste. Ich bin vor Angst fast gestorben, und es war niemand für mich da. Niemand hat während der OP meine Hand gehalten und mit mir darum gebetet, dass mein Baby gesund sein würde.“
Ihre Stimme zitterte, und Seth fühlte sich wie ein Schuft, weil er sie so aufgeregt hatte. Hilflos streckte er die Hand nach ihr aus, doch Kylie wich zurück.
„Kylie, es tut mir leid! Du hast vollkommen recht. Bei dir ist die Situation völlig anders.“
„Ja, das ist sie.“ Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust, als würde sie frösteln.
„Es tut mir so leid“, wiederholte er. Wie gern hätte er sie tröstend in den Arm genommen. „Ich hatte ja keine Ahnung, was er dir angetan hat.“
„Tja, nun weißt du es.“ Trotzig hob Kylie ihr Kinn und sah ihn an. „Sicher verstehst du nun auch, weshalb es mit uns beiden nicht klappen wird. Ich kann nicht einfach alles vergessen und ein bisschen Spaß haben. Niemals wieder werde ich es riskieren, mich auf jemanden einzulassen. Ich verlasse mich nur auf mich selbst, denn es geht hier um Ben. Er ist das Wichtigste in meinem Leben.“
Seth konnte ihr nicht zustimmen, denn es war nicht gut, dass sie ihr Leben ganz allein bewältigen wollte. Doch dies war nicht der richtige Zeitpunkt für eine Diskussion. Sie war verletzt, und er wünschte sich nichts mehr, als sie zu trösten. Vorsichtig ging er auf sie zu und berührte sanft ihren Arm. „Ich finde, du bist eine ganz außergewöhnlich gute Mutter.“
Kylie entspannte sich ein wenig und nickte. „Danke.“
„Bitte entschuldige. Ich wollte dich wirklich nicht kritisieren.“ Er streichelte leicht ihren Arm. „Ben hat großes Glück, dich zu haben.“
„Und du hattest großes Glück, deine Eltern zu haben. Egal welchen Grund deine Mutter auch gehabt haben mag, als sie dir
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