Julia Ärzte zum Verlieben Band 49
unterschrieben hast? Fast jede Woche gibt es Theater mit den chirurgischen Abteilungen, wenn es um die Verteilung der Intensivbetten geht. Wir haben zu wenig Plätze zur Verfügung. Also müssen Operationen verschoben werden.“
„Mikki, du weißt, dass fast alle neurochirurgischen Patienten nach der OP auf der Intensivstation betreut werden müssen. Ich muss hoffentlich nicht jedes Mal um Betten feilschen, wenn ich meine Liste aufstelle, oder?“
„Besprich das mit der Verwaltung.“ Sie schenkte sich Kaffee ein. „Es ist nicht mein Problem.“
„Hast du dir denn nie Gedanken gemacht, wie man das System verbessern könnte?“
Eindringlich schaute Mikki ihn an. „Mein Job ist es, Patienten in kritischem Zustand am Leben zu erhalten. Ich habe keine Zeit, mir auch noch über die Bettensituation den Kopf zu zerbrechen. Dafür ist die Verwaltung zuständig.“
„Wie viele Patienten hast du auf der Station, die nicht frisch operiert sind?“, wollte Lewis wissen.
„Sieben.“
„Wie viele von ihnen müssen künstlich beatmet werden?“
„Zwei.“
„Warum können die anderen fünf nicht in andere Krankenhäuser verlegt werden?“
„Wie stellst du dir das vor? Sollen wir etwa Intensivpatienten zwischen den einzelnen Krankenhäusern hin- und herschieben? Der organisatorische Aufwand wäre viel zu hoch, ganz zu schweigen von den medizinischen Risiken. Außerdem bezweifle ich, dass die Verwaltung wegen der Kosten einverstanden wäre – selbst wenn es in einem anderen Hospital freie Kapazitäten gäbe.“
„Mikki, ich wäre dankbar, wenn wir schnell eine Lösung finden könnten“, beschwor er sie. „Ich habe eine fünfunddreißigjährige dreifache Mutter, die bereits einmal Subarachnoidalblutungen aus einem Aneurysma hatte. Die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Schlaganfall liegt bei über fünfzig Prozent – und das wird sie nicht überleben. Drei Kinder, die ihre Mutter verlieren würden. Und der andere Patient hat einen Hirntumor. Mit einundzwanzig, Mikki. Ein junges Leben, das ganz bald zu Ende sein wird, wenn wir nichts unternehmen. In beiden Fällen ist es ein Wettlauf gegen die Zeit: Ich muss operieren. Ich habe nicht zehn Jahre lang hart gearbeitet und mir diese Fähigkeiten angeeignet, damit mir eine schwerfällige Verwaltung Steine in den Weg legt. Es kann nicht sein, dass der Verwaltungsapparat verhindert, dass ich diese Leute behandele!“
Mikki schluckte. „Ich verstehe, was du meinst. Ich versuche wirklich, solche Fälle zu bevorzugen. Aber mir sind hier Grenzen gesetzt. Ich bin nicht der Chefarzt. Das ist Jack French.“
„Der gerade im Urlaub ist. Sicherlich triffst du jetzt die Entscheidungen, oder? Irgendjemand muss doch dafür zuständig sein.“
„Ja, ich weiß.“ Sie seufzte resigniert. „Okay, ich will sehen, wen ich unter Umständen verlegen kann. Versprechen kann ich allerdings nichts.“
„Das ist mein Mädchen.“
„Nicht mehr, Lewis.“ Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, ging sie an ihm vorbei und verließ den Raum. Mit einem scharfen, endgültig klingenden Klicken schloss sich die Tür hinter ihr.
Lewis musste sich zurückhalten, um ihr nicht hinterherzulaufen. Seit er am St. Benedict’s angenommen worden war, hatte er versucht, sich auf das Wiedersehen mit Mikki vorzubereiten. Mit seiner Bewerbung hier hatte er sich beweisen wollen, dass er die Vergangenheit hinter sich gelassen hatte.
Sicher, er hatte gewusst, dass es schwierig werden würde. Dass die alten Verletzungen und Enttäuschungen wieder schmerzen würden. Doch er hatte nicht damit gerechnet, dass er sie genauso anziehend finden würde wie damals. Zugegeben: In den letzten sieben Jahren hatte er jeden Gedanken an die kurze, aber leidenschaftliche Zeit mit Mikki als bedrückend empfunden. Natürlich hatte es nach ihr andere Frauen in seinem Leben gegeben. Aber das waren stets eher oberflächliche Affären gewesen, die er bald vergessen hatte.
Nicht so bei Mikki. Sie wiederzusehen war wie ein Schlag in den Magen gewesen, der noch immer heftig schmerzte. Und dabei hatte er sich um den Job an diesem Krankenhaus auch deshalb bemüht, um sich selbst etwas zu zeigen: dass er die Sache mit Mikki überwunden hatte. Jetzt sah es jedoch ganz so aus, als hätte er sich damit einen Bärendienst erwiesen.
Normalerweise verstand er es gut, seine Gefühle zu unterdrücken. Seit dem Tod seines Bruders vor zwanzig Jahren waren Emotionen tabu. Sie machten ihn verletzlich, und schwach zu sein hasste
Weitere Kostenlose Bücher