Julia Ärzte zum Verlieben Band 49
verabschieden. Ich habe noch das Laken von ihrem Gesicht gezogen und mich bei ihr entschuldigt, aber es hat nichts genützt. Meine schrecklichen Schuldgefühle bin ich nie wieder losgeworden.“
Cathy stand auf, ging zu ihm und nahm ihn in den Arm. Wie ein Ertrinkender klammerte er sich an sie, und so blieben sie minutenlang eng umschlungen stehen.
„Yannis, es gibt keinen Grund für deine Schuldgefühle. Du hast getan, was du für richtig gehalten hast. Du wolltest nur das Beste für deine Familie. Es ist ganz normal, dass man sich in einer Ehe manchmal streitet. Du konntest nicht wissen, dass Maroula kurz darauf sterben würde. Deshalb sollten wir auch …“
Sie verstummte. Wie sollte sie ihm erklären, was sie dachte?
„Bitte, sprich weiter“, bat er.
„Ich finde, alle Paare sollten ihre Beziehung so gut es geht genießen und das Beste aus jedem Tag herausholen, denn man kann nie wissen, welche unangenehmen Überraschungen das Leben für einen bereithält.“
Er zog sie noch näher an sich. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viel du mir bedeutest. Ich könnte es nicht ertragen, dich zu verlieren, denn ich kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen. Aber immer, wenn ich herausfinden will, was dich bedrückt, ziehst du dich zurück. Bitte sag mir, warum du mir gegenüber nicht ganz offen sein kannst.“
Einige Sekunden lang stand sie wie erstarrt vor ihm. Hier war er also, der alles entscheidende Moment. Konnte sie es wagen, ihn zu nutzen?
Als sie Yannis ansah, wusste sie auf einmal, dass sie ihm alles sagen musste.
Entschlossen löste sie sich aus seiner Umarmung, griff nach seiner Hand und zog ihn mit ins Wohnzimmer. „Am besten setzen wir uns. Ich werde versuchen, dir alles zu erklären.“
Erwartungsvoll sah er sie an.
„Yannis, alle Männer, die ich liebte, haben mir am Ende das Herz gebrochen. Es fing mit meinem Vater an. Ich habe ihn vergöttert und fest daran geglaubt, dass er für immer bei mir bleiben würde. Aber eines Tages ging er fort und kam einfach nicht zurück.“ Sie holte tief Luft und versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten.
Wie gern hätte Yannis ihre Hand genommen, doch er spürte instinktiv, dass dies nicht der richtige Augenblick dafür war. Erst musste sie ihre Geschichte loswerden.
„Später hatte ich verschiedene Freunde, allesamt nett und charmant. Doch ich war immer zu vertrauensselig. Keiner von ihnen hielt, was er versprach, und es endete immer mit Tränen. Als ich dann Dave kennenlernte, war ich mir sicher, dass er anders wäre und ich ihm vertrauen könnte.“
Es fiel ihr schwer, weiterzusprechen. Wie gern hätte sie diese Erinnerungen für immer aus ihrem Gedächtnis verbannt.
„Ich traf ihn in einer Bar in Leeds, wo ich mit ein paar Freundinnen den Abend verbrachte. Er kam an unseren Tisch und fragte, ob er uns einladen dürfe. Er hatte nur Augen für mich, und wir verabredeten uns gleich für den nächsten Tag zum Essen. Während dieses Abendessens tischte er mir einen Haufen Lügen auf – und ich habe ihm alle geglaubt. Er sagte, seine Frau habe ihn ein Jahr zuvor verlassen, doch das war nie der Fall. Sie glaubte auch noch, während wir zusammen waren, dass ihre Ehe intakt sei. Sie hatte keine Ahnung, dass er sie mit mir betrog – ebenso wenig wie ich. Später habe ich erfahren, dass sie sogar Kinder haben.“
„Oh, Cathy, ich kann es nicht ertragen, mir vorzustellen, wie du dich gefühlt haben musst, als du die Wahrheit herausgefunden hast!“ Yannis rückte näher an sie heran und legte einen Arm um sie.
„Es hat über ein Jahr gedauert, bis ich etwas bemerkt habe. Inzwischen war er bei mir eingezogen. Er sagte, er sei Banker in London, und so fand ich es normal, dass er von Montag bis Freitag nicht da war. Nach einer Weile musste er auch häufig an den Wochenenden auf Geschäftsreisen gehen, sodass ich ihn manchmal wochenlang nicht sah und …“
Yannis drückte sie an sich, als sie anfing zu schluchzen.
„Und dann hat er nachts zweimal den Namen seiner Frau gerufen. Maggie. Deshalb war ich auch so verstört, als du mich auf dem Boot Maroula genannt hast. Ich hatte das Gefühl, alles würde wieder von vorn beginnen, obwohl ich mir doch so sicher gewesen war, dass du anders bist als die anderen Männer. Ich wagte es nicht mehr, meinem eigenen Urteil zu trauen. Ich war mir sicher, dass auch du mich früher oder später verlassen würdest, und so habe ich es nie geschafft, mich ganz auf dich und unsere Beziehung einzulassen.
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