Julia Ärzte zum Verlieben Band 49
Gefahr noch nicht gebannt war, so konnte Andrew sich zumindest ein wenig entspannen. Er fühlte sich völlig ausgelaugt. Zum Glück gab es im Moment nichts weiter für ihn zu tun, als im Türrahmen zu lehnen und der jungen hübschen Stationsschwester bei der Arbeit zuzusehen.
Eigentlich sollte er nach einer Nacht wie dieser zu Hause im Bett liegen, doch dieses Glück war ihm nicht vergönnt. Obwohl es erst halb sieben am Morgen war, hatte er bereits eine halbe Stunde mit Jacobs Eltern gesprochen und sie über den Zustand ihres Sohnes und dessen Fortschritte informiert. Morgen, nach einem weiteren langen Arbeitstag in der Klinik, stand ihm dann ein Wochenende bevor, vor dem ihm schon länger graute. Bestimmt hatte seine Mutter wieder sämtliche heiratswillige Frauen in der ganzen Umgebung eingeladen in der vagen Hoffnung, ihm würde endlich eine gefallen, mit der er sich zusammentun wollte, um den Fortbestand der Familie zu sichern.
Dass die Frau seines Bruders schwanger war, machte die Sache nur noch schlimmer, denn sein Junggesellen-Status fiel dadurch umso mehr auf. Seine Mutter, die immer schon gern Menschen miteinander verkuppelte, hatte, wollte ihn ebenso glücklich sehen wie seinen Bruder Will.
Andrew brauchte sich gar keine Illusionen zu machen. Jede Menge Frauen würden anwesend sein, und es würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als sich ihnen zu widmen, angefangen bei seiner blind in ihn verliebten Cousine Charlotte über diejenigen Frauen, die nur auf sein Geld aus waren, bis hin zu den wirklich netten Girls, an denen er aber trotzdem nicht interessiert war. Und seine Mutter würde mit hoffnungsvoller Miene umherwandeln und beobachten, wie die Dinge sich entwickelten.
Ach, zum Teufel aber auch! Er hatte das Ganze satt bis obenhin, war es leid, ständig einen Schwarm heiratsbesessener Frauen abzuwehren zu müssen und seiner Mutter gegenüber immer neue Ausflüchte zu erfinden. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war diese Party. Oder besser gesagt, Partys, denn es würden gleich zwei stattfinden.
Er unterdrückte ein Stöhnen und heftete seinen Blick nachdenklich auf Libby. Nettes Mädchen, dachte er, während er ihr zusah, wie sie eine Reihe Daten in den Computer eingab. Unter anderen Umständen wäre er in Versuchung geraten. Schade, denn sie war wirklich bezaubernd in jeder Hinsicht.
Ihre Zähne, mit denen sie auf ihrer Unterlippe kaute, waren weiß und ebenmäßig, die langen Wimpern warfen Schatten auf ihre samtig-weichen Wangen, als sie den Blick auf die Tastatur gesenkt hielt. Abwesend strich sie sich eine dunkelbraune Haarsträhne hinters Ohr, die ihr aus dem Pferdeschwanz gerutscht war. Ihr Haar sah weich und glänzend aus, als hätte sie ihm heute Morgen eine ganz besondere Pflege zukommen lassen. Und Andrew war schon mehr als einmal aufgefallen, dass es für gewöhnlich herrlich nach Apfel duftete …
Wieso fielen ihm solche Dinge überhaupt auf? Nur unbewusst, sagte er sich. Nicht bewusster, als ihm ihre Sommersprossen auf der Nase aufgefallen waren oder die Rundungen ihres Pos, wenn sie sich über ein Kind beugte, oder die Tatsache, dass auch der steife Kittel ihre wohlgeformten Brüste nicht verbergen konnte.
Was sie dieses Wochenende wohl tun mochte? Wahrscheinlich das Übliche. Ein bisschen Haushalt, mit Freunden ins Kino gehen, es sich mit einem Buch neben ihrem Freund auf dem Sofa gemütlich machen.
Die letzte Vorstellung gefiel ihm dabei am wenigsten. Allerdings hatte sie nie einen Partner erwähnt. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass eine so attraktive Frau das Sofa womöglich mit niemandem teilte …?
„Haben Sie dieses Wochenende schon etwas Besonderes vor?“, hörte er sich zu seiner eigenen Überraschung fragen. Mit angehaltenem Atem wartete er auf ihre Antwort.
Libby blickte von ihrer Arbeit auf und lehnte sich zurück. Endlich konnte sie sich den Luxus gönnen, sein Gesicht näher zu betrachten. Andrew wirkte erschöpft – erschöpft und ausgelaugt und unheimlich sexy. Sexier noch als sonst.
„Da muss ich erst mal überlegen.“ Neckisch lächelte sie ihn an. „Hmm … vielleicht nach Paris fliegen, in einem der besten Restaurants zu Abend speisen, von der Spitze des Eiffelturms die Lichter der Stadt bewundern und einen Mondscheinspaziergang an der Seine machen – aber wahrscheinlicher ist es, dass ich zu Hause bleibe und endlich den vollen Wäschekorb in Angriff nehme, bevor er komplett überquillt.“
Leise lachend stieß er sich vom Türrahmen ab.
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