Julia Ärzte zum Verlieben Band 49
über Sie auch nicht viel mehr weiß. Seltsam.“
Libby erschien es plötzlich unmöglich, ihre Rolle weiterzuspielen. Sie konnte Will nicht anlügen. Er schien bereits Verdacht geschöpft zu haben.
„Wir sind noch nicht lange zusammen“, murmelte sie, und Will lächelte wissend.
„Das dachte ich mir schon. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Andrew Sie nur zum Schein mitgebracht hat, um allen zu beweisen, dass er doch ein Privatleben hat. Oder sehe ich das falsch?“
Sie wurde rot bis über die Ohren, was ihm Antwort genug war. „Keine Angst, euer Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben. Allerdings habe ich auch den Eindruck, dass ein wenig mehr dahintersteckt.“ Er lächelte vielsagend.
Libby wollte widersprechen, doch er redete schon weiter. „Jedenfalls sollte ich Sie lieber warnen, dass Ma Sie vermutlich zu Andrew ins Zimmer stecken wird.“
Libby glitt die Gabel aus der Hand. Geschickt fing Will sie auf, bevor sie zu Boden fiel. „Keine Angst, im Ankleidezimmer steht noch ein scheußlich unbequemer Diwan, auf dem er sicher schlafen wird. Andrew ist durch und durch ein Gentleman.“
Wollte sie das überhaupt? Über den Tisch hinweg begegnete sie Andrews forschendem Blick, und sie fragte sich, ob er über dieses Arrangement Bescheid gewusst hatte. Wahrscheinlich nicht, dazu war er zu aufrichtig. Außerdem hatte er ihr keinerlei Verbindlichkeiten zugesagt.
Würde er also auf dem Diwan schlafen oder sein Versprechen brechen?
Auf dem Diwan schlafen, entschied sie und verspürte plötzlich eine seltsame Enttäuschung.
Andrew fürchtete schon, das Dinner würde niemals zu Ende gehen.
Libby saß zwischen seinem Bruder und Chris Turner, und beide erzählten ihm abwechselnd Geschichten über ihn. Das konnte er leicht an den spöttischen Blicken ablesen, die Will ihm über den Tisch zuwarf, und an Chris’ neugieriger Miene.
Er hatte keine Ahnung, was Will sie alles gefragt hatte. Einmal war sie errötet und hatte ihm einen hilflosen Blick zugeworfen. Er nahm sich vor, sie später danach zu fragen.
Endlich wurde die Tafel aufgehoben, und alle kehrten wieder in den Salon zurück.
Andrew bahnte sich einen Weg zu Libby und legte besitzergreifend seinen Arm um ihre Taille. „Hast du es überlebt?“, fragte er rau.
Sie lachte. „Natürlich. Dein Bruder und Chris waren interessante Tischnachbarn.“
„Zweifellos“, gab er trocken zurück. „Ich hätte mich selbst um die Sitzordnung kümmern sollen. Kaffee? Oder einen Drink?“
Sie schüttelte den Kopf. „Danke, nein. Ehrlich gesagt bin ich todmüde. Wäre es sehr unhöflich, wenn ich mich jetzt zurückziehen würde?“
„Überhaupt nicht. Ich bin selbst ziemlich geschafft. Will“, wandte er sich an seinen Bruder, der gerade zu ihnen trat. „Weißt du, wo wir schlafen sollen?“
„In deinem Zimmer.“
Andrew unterdrückte einen Seufzer. Er nickte Will kurz zu und wandte sich dann an Libby. „Ich schaffe erst unser Gepäck hoch, dann hole ich dich.“ Damit ließ er sie in Wills und Sallys Gesellschaft zurück.
Er konnte es nicht fassen, dass seine Mutter das so arrangiert hatte. Vielleicht wollte sie sich progressiv geben. Immerhin war er vierunddreißig, und es war anzunehmen, dass er mit seiner Freundin in einem Zimmer schlafen wollte. Doch Libby war nicht seine Freundin – leider –, und er hätte seine Mutter für altmodischer gehalten.
Andrew holte das Gepäck aus dem Auto und trug es hinauf in sein Zimmer. Das Erste, was ihm ins Auge fiel, waren die Blumen auf der Kommode. Noch nie hatte er Blumen im Zimmer gehabt. Aber er hatte auch noch nie mit einem weiblichen Wesen hier übernachtet. Verblüfft stellte er fest, dass er zum ersten Mal eine Frau mit nach Hause brachte – wenn man von den Mädchen aus seiner Studienzeit absah.
Er warf einen Blick um die Ecke in das angrenzende Ankleidezimmer und sah zu seiner Erleichterung, dass auf dem kleinen Diwan ein Bett gerichtet war. Seine Mutter hatte ihm also die Wahl gelassen. Allerdings kamen bei dem alten Diwan schon die Sprungfedern durch, und er war auch viel zu kurz für seine Größe. Aber es war unmöglich, dass er Libby darauf schlafen ließ.
Die zwei Nächte würde er schon überstehen. Ihm blieb auch gar nichts anderes übrig, denn das Haus war bis unters Dach belegt. Er legte seinen Koffer auf den kleinen Diwan und den von Libby auf das große, bequeme Bett, knipste die Nachttischlampen an und ging wieder nach unten, um Libby zu holen. Auch er war hundemüde.
Weitere Kostenlose Bücher