Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
Ähnliches. Beinahe wünschte sie sich, es wäre anders. Im Gegensatz zu ihr führte Jet sicher ein abwechslungsreiches Liebesleben, und ihr Single-Dasein würde nur als weiterer Minuspunkt zählen.
„Da ist es“, sagte Jet. „Hier steht ‚Abbrechen, abbrechen. Zunehmende seismische Aktivität. Ausbruch steht vermutlich unmittelbar bevor. Risiko zu groß. Rückkehr zur Basis‘.“
„Schau mal.“ Becca deutete nach vorn, und Jet blickte in den grauen Himmel der frühen Morgendämmerung. „Auf zwei Uhr“, setzte sie hinzu.
Dort waren dunkle Schatten zu erkennen, die immer größer wurden. Die Kette der Inseln, von der Tokolamu die größte war. Becca konnte sie jetzt deutlich sehen. Auch die Spitze des Vulkans, die ebenso dunkel wirkte wie der Rest der felsigen Landmasse.
„Wir haben nicht genug Treibstoff zum Umkehren“, erklärte sie ruhig. „Ich persönlich möchte nach einer Landung lieber sicher auf einer Insel sein, als irgendwo im Meer notzuwassern.“
Einen Moment lang schwieg Jet. Als Becca sich ihm zuwandte, lächelte er amüsiert. „Dein Vogel, deine Regeln“, meinte er.
Auf einmal wirkte er ungeheuer lebendig. Seine dunklen Augen leuchteten unter dem Helmvisier. Regeln brechen und sich in Gefahr begeben, das liebte er. Und mit seinem Lächeln hätte er Becca wahrscheinlich zu allem überreden können. Gleichgültig, wie gefährlich es sein mochte.
Vielleicht sollte sie doch umkehren. An Bord gab es eine Rettungsinsel. Sie kannten ihre exakten Koordinaten, und möglicherweise war bereits ein zweiter Helikopter zu ihrer Rettung unterwegs.
Aber die Inseln waren jetzt schon so nah, dass Becca daran dachte, wie sie die Gebäude lokalisieren und auf der nahegelegenen Landebahn runtergehen könnte. Die Leute hier brauchten dringend medizinische Versorgung. Falls sie auf der Insel festsaß, weil eine Aschewolke einen Start verhinderte, dann sollte das eben so sein.
Da stieß Jet einen unterdrückten Fluch aus.
Hatte Becca wirklich geglaubt, dass der Himmel schon so hell war? Vor dem glühenden Vulkan wirkte er nun wieder pechschwarz. Die Asche würde die Motoren lahmlegen. Wie lange würde es wohl dauern, bis sie von der Aschewolke eingehüllt waren? Becca begann mit dem Sinkflug und steuerte die nächste Insel an. Das musste Tokolamu sein. Vielleicht war die Aschewolke auch gar nicht das Schlimmste, sondern gleich würde sie die Windscherung von der Wucht des Ausbruchs treffen und den Hubschrauber wie einen Stein zu Boden stürzen lassen.
Es war so weit. Verzweifelt kämpfte Becca mit den Instrumenten und wusste doch, dass es sinnlos war. Deshalb sagte sie auch nichts, als Jet sich herüberlehnte, um das Steuer zu übernehmen. Sie konnte kein Wort von dem verstehen, was er schrie, weil der Lärm draußen alles andere übertönte. Der Himmel stand in Flammen, die Insel und das Meer rauschten so schnell auf sie zu, dass Becca kaum imstande war, die Informationen aufzunehmen.
Sie war im Begriff zu sterben, und Jet Munroe versuchte sie zu retten.
Dann war das Durcheinander von Lärm und Licht schlagartig vorbei, und um sie herum wurde alles dunkel.
3. KAPITEL
Jet kämpfte um sein Leben. Und um das von Becca.
Ihr Gesichtsausdruck zeigte absolute Entschlossenheit ohne den geringsten Anflug von Angst. Sie war so klein und unerschütterlich und schien zu glauben, dass sie die Naturgewalten und einen außer Kontrolle geratenen Hubschrauber ihrem Willen unterwerfen konnte.
Rasch schob Jet die flüchtigen Gedanken, die sich in seinem Kopf überstürzten, beiseite und überließ das Kommando dem Teil seines Gehirns, das automatisch funktionierte. Dort waren die wichtigsten Notfall-Sofortmaßnahmen sowie bemerkenswert geschulte Überlebensstrategien gespeichert.
Aber es gab noch einen anderen Grund für ihn, diese Herausforderung zu meistern. Vielleicht musste er es für Matt tun. Seinen besten Freund zu retten, dazu war es zu spät. Doch er konnte den Menschen retten, der Matt so wichtig gewesen war. Das kleine einsame Mädchen, bei dem er sein Bestes getan hatte, um ihr die Eltern zu ersetzen und gleichzeitig auch großer Bruder und bester Freund zu sein. Matt hätte keinen Augenblick gezögert, sein Leben für seine Schwester zu opfern.
Wir werden nicht sterben, dachte Jet grimmig. Nicht, wenn ich es verhindern kann. Mit seinem ganzen Gewicht unterstützte er Becca beim Kampf mit der Steuerung, und für winzige Sekundenbruchteile schien sich die erschreckende Absturzspirale zu verlangsamen,
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