Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
Last durch dieses Loch mit den scharfen Kanten zu steigen. Dabei musste er auch höllisch aufpassen, dass sie nirgendwo hängen blieben oder sich an den spitzen Zacken verletzten. Danach ging es über schroffe, glitschige Felsen, wo Jet sich alle paar Sekunden mit einer Hand abstützen musste. Trotz allem gelang es ihm, Becca mit einem Arm festzuhalten. Dieser starke Arm unter ihrem Rücken und ihren Schenkeln gab ihr ein Gefühl von Geborgenheit. Außerdem hatte sie die Arme um Jets Nacken geschlungen und ihr Gesicht an seine Schulter gepresst.
Ein ohrenbetäubendes Tosen umgab sie, das lauter war als jedes Brechen der Wellen an den Felsen. Zudem bebte in regelmäßigen Abständen die Erde unter ihnen. Wie schaffte Jet es bloß, trotz allem voranzukommen und dabei auch noch einen Sturz auf diesem uralten vulkanischen Gestein zu vermeiden? Becca klammerte sich so fest an ihn, wie sie nur konnte. Als irgendetwas ihren Griff zu lockern drohte, leistete sie heftigen Widerstand.
„Lass los“, befahl Jet. „Es ist alles in Ordnung. Wir sind in Sicherheit.“
Widerstrebend löste Becca ihre Arme von ihm. Verblüfft stellte sie fest, dass er kniete und sie selbst auf einem flachen Kieselstrand saß. Offenbar hatte Jet sie so behutsam heruntergelassen, dass sie nichts davon bemerkt hatte.
Vorsichtig schaute sie sich um. Es war die reinste Marslandschaft. Ein glühend roter Himmel, nackte dunkle Felsen, und weit draußen auf den Felsen, mitten in heller Wellengischt, sah sie die traurigen Trümmer ihrer schönen Maschine.
„Mein Gott“, flüsterte Becca, als ihr mit einem Schlag das Ausmaß der Katastrophe bewusst wurde.
„Gib mir deinen Arm.“
„Was?“ Verwirrt starrte sie Jet an. Gerade eben hatte er sich doch noch von ihr befreit, weil sie sich wie ein verängstigtes Kind an ihm festgehalten hatte. Plötzlich waren all ihre Fähigkeiten und ihre mühsam erworbene Stärke zunichtegemacht. Sie fühlte sich unglaublich verletzlich und verloren, und sie konnte nicht mehr so tun, als hätte sie alles unter Kontrolle.
Sie hatte weder sich noch Jet geschützt. Das hier war allein ihre Schuld. Becca hätte umkehren können. Stattdessen hatte sie nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das von Jet aufs Spiel gesetzt. Ein unverzeihlicher Fehler. Sie sah Blut in seinem Gesicht und hob unwillkürlich die Hand, um ihn zu berühren.
„Nein.“ Jet schob ihre Hand beiseite. „Deinen linken Arm.“ Stirnrunzelnd beugte er sich vor. „Wo bist du?“, fragte er.
Seltsam, wie sehr es ihr wehtat, dass er sich nicht von ihr anfassen lassen wollte. „Hier“, antwortete sie verständnislos. „Bei dir.“
„Okay.“ Ein schwaches Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Du warst bewusstlos, Becca“, sagte er unerwartet sanft. „Deshalb versuche ich gerade, deinen Bewusstseinszustand zu überprüfen. Kannst du mir sagen, wo wir sind?“
„Auf der Insel. Tokolamu.“
„Richtig. Und wie heiße ich?“
„Jet.“ Becca sprach seinen Namen langsam und deutlich aus, weil es sich gut anfühlte.
„Und mein richtiger Name?“
„James Frederick Munroe.“
„Autsch! Wieso erinnerst du dich auch noch ausgerechnet an meinen zweiten Vornamen?“
Sie lachte. „Ich erinnere mich an vieles.“
Was für eine Untertreibung. Jedes einzelne Detail war noch da. Jahrelang tief vergraben, aber dennoch glasklar. Jets finsterer Blick, sobald es auch nur im Entferntesten um Gefühle ging. Die unglaubliche Intensität in seinen dunklen Augen, wenn ihn etwas interessierte. Seine glatten nassen Haare, wenn er nach einem Sprung in den Swimmingpool wieder auftauchte. Wie er mit einem kleinen Mädchen zusammen das Leiterspiel gespielt hatte, obwohl er als Teenager doch viel interessantere Dinge hätte tun können. Becca hatte angefangen zu träumen, schon lange bevor sich irgendwelche erotischen Untertöne mit eingeschlichen hatten.
Träume, von denen sie bei jener Party mitgerissen wurde. Wie aufregend es gewesen war, sich wie eine Erwachsene zu stylen. Endlich erwachsen genug zu sein, um die Gelegenheit zu ergreifen, als sie und Jet alleine in der Küche waren. Dicht nebeneinander in der engen Lücke zwischen der geöffneten Kühlschranktür und der Wand.
Ohne zu zögern, hatte Becca sich umgedreht und Jet geküsst. Noch immer konnte sie sich an den Moment erinnern, in dem ihre Lippen sich trafen. Dieses überwältigende Glücksgefühl.
Dann die Schritte ihres Bruders, der den Flur entlangkam und Jet zurief, weshalb der
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