Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
Sie waren auch Ärzte. Aber Matt wollte an dem Tag nicht spazieren gehen, sondern schlafen.
Ob Jet sich auch so schrecklich gefühlt hatte?
„Es war nicht Ihre Schuld“, erklärte Becca mit Nachdruck. „Das dürfen Sie nicht mal denken.“
„Wie soll das gehen?“ Der Mann schüttelte den Kopf. „Alle werden das doch denken. Und was soll ich bloß den Kindern sagen?“
Becca erschrak. Es gab auch Kinder?
Als er ihre Miene sah, wurde er noch blasser. „Oh, mein Gott, die Kinder.“ Vorsichtig zog er sich vom Klippenrand zurück. „Ich muss sie von der Schule abholen.“
„Auf jeden Fall“, sagte Tom da hinter ihr. Er ging an Becca vorbei und bot dem Arzt seine Hand, um ihm über den Zaun zu helfen. Dann warf er Becca einen anerkennenden Blick zu. So als hätte sie eine weitere Tragödie verhindert.
Dabei hatte sie gar nichts getan. Nur dass sie einen Teil ihres Lebens noch einmal erlebt hatte, und zwar aus der Perspektive eines anderen.
Jetzt erkannte sie, welchen Schaden sie angerichtet hatte. Ausgerechnet bei dem einzigen Menschen, den sie aufrichtig liebte. Das war unerträglich.
10. KAPITEL
Es lief nicht so wie geplant.
Jet hatte in Auckland übernachten wollen. Hier gab es einige frühere Kollegen aus dem Auckland General Hospital, die sich gefreut hätten, ihn zu treffen. Vielleicht hätte man auch gemeinsam eine spontane Grillparty veranstaltet.
Doch vielleicht war genau das der Grund, weshalb er nicht angehalten hatte, um sich ein Motel zu suchen und einige Leute anzurufen. Obwohl er schon viel zu viele Stunden auf der Straße verbracht hatte und total erschöpft war.
Jet wusste, dass er willkommen war. Als Mitglied der „Bad Boys“ gehörte er zu einer Gruppe, von der sich viele Leute damals angezogen fühlten. Aber alle würden sich an den „Bad Boy“ erinnern, der nicht mehr da war, und das Thema geflissentlich vermeiden. Stattdessen würden sie sich interessiert nach Max und Rick erkundigen, um zu erfahren, was sie jetzt so trieben.
Er fragte sich, ob er jemals wirklich eine eigene Identität als Einzelperson gehabt hatte. An seine frühe Kindheit erinnerte er sich nur verschwommen. Jet Munroe war eigentlich erst wirklich „geboren“ worden, als er in die Greystones Grammar School kam und dort Matt und die beiden anderen getroffen hatte. Sie gaben ihm seinen Spitznamen, und danach hatte der Junge namens James Munroe aufgehört zu existieren.
Wahrscheinlich gab es nur einen einzigen Menschen, der ihn als Individuum betrachtete. Der ihn verstand und so akzeptierte, wie er war.
Becca.
Als er die unbefestigten Straßen nördlich von Auckland erreichte und seitlich wegrutschte, spritzte der Kies hoch, und Jet verlangsamte seine Fahrt. Er befand sich in einer etwas ländlichen Gegend. Das Farmland war hier in kleine Wohnsiedlungen aufgeteilt, die durch ihre Nähe zur größten Stadt Neuseelands mit zu den teuersten Wohngegenden des Landes gehörten.
Das alte Anwesen der Hardings lag nicht weit davon entfernt. Der Ort, wo Jet, der aus einer sozial schwachen Familie stammte, einen Eindruck davon bekam, was Reichtum bedeutete. Aber nicht das zog ihn hierher, sondern das Gefühl von Familienzugehörigkeit, das er auch hier erfahren hatte.
Die tiefe Verbundenheit mit Matt und Becca.
Er hatte nicht die Absicht, zu dem Anwesen zu fahren. Die Erinnerungen würden dort auf ihn warten, selbst wenn es nicht mehr im Besitz der Harding-Familie sein sollte. Jet wusste, dass Beccas Eltern vor ein paar Jahren gestorben waren. Er hatte es in den Nachrichten gehört, dass sie wie viele andere unglückliche Touristen bei dem gewaltigen Tsunami in Thailand umgekommen waren.
Ob Becca ihr Erbe behalten hatte? Irgendwie hatte Jet sie komischerweise gar nicht danach gefragt.
Er brauchte dringend eine Pause. Sonst würde er sich und womöglich auch noch andere in Gefahr bringen.
Die alte Steinkirche ein Stück weiter an dieser Straße schien ein logischer Platz zum Anhalten. Da heute ein Wochentag war, lag sie völlig verlassen da und wirkte in der Hitze des Spätnachmittags ziemlich verschlafen. Uralte Bäume boten verlockenden Schatten, und ein schwerer Duft nach Rosen hing in der Luft. Als Jet sein Motorrad hinter der Kirche abstellte und den Helm abnahm, waren lediglich das Summen von Bienen und der klare Gesang einheimischer Glockenvögel zu hören.
Nach so vielen Stunden, die er gebeugt auf seiner Maschine gehockt hatte, fühlte sich sein ganzer Körper vollkommen steif an. Jet hängte seinen
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