Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
zur Stadt gefahren.
Jet trat sein Motorrad an und brauste los.
Er hatte keine Ahnung, wohin diese Schotterpiste führte. Glücklicherweise war sie relativ gerade, sodass er die Staubwolke vor sich gut erkennen konnte. Doch es stellte sich als schwierig heraus, die andere Maschine einzuholen.
So schnell auf einer unbefestigten Straße unterwegs zu sein, war absolut hirnverbrannt. Seine Miene wurde mit jeder Minute grimmiger. Nicht nur, dass die Straßenoberfläche holperig war, sondern sie kamen nun auch in hügeliges Gelände mit engen Kurven. Jet spürte, wie sein Hinterrad wegrutschte, und fing an zu fluchen.
Ein solches Verhalten auf der Straße konnte man nur als wahnsinnig bezeichnen. Obwohl er sein Motorrad vollkommen beherrschte, hatte er Mühe, nicht die Kontrolle darüber zu verlieren. Normalerweise hätte er hier seine Geschwindigkeit gedrosselt und wäre umgekehrt, falls es sich um irgendjemand anders gehandelt hätte. So aber wurde er immer wütender und schneller.
Endlich fuhr er direkt hinter Becca. Sie bemerkte ihn jedoch nicht, da sie so darauf fixiert war, sich selbst und ihrer Maschine das Äußerste abzuverlangen. Ein dramatischer Spurt auf einer Geraden, bis ihr Vorderrad in die Höhe stieg. Dann ein seitliches Rutschen, bei dem Jet entsetzt der Atem stockte. Aber irgendwie gelang es Becca, das Motorrad wieder aufzurichten. Danach kam eine so enge Kurve, dass sie mit den Stiefelspitzen eine Spur im Schotter hinterließ.
Die Kurve zog sich endlos in die Länge, und ganz am Ende verlor Becca schließlich doch das Gleichgewicht. Ihre Maschine neigte sich nur ein kleines bisschen zu weit hinüber und schlitterte dann Funken sprühend zur Seite. Mit voller Wucht prallte es auf die Seitenböschung und flog durch die Luft. Dabei wurde die Fahrerin abgeworfen. Als Jet mit einem heftigen Ruck zum Stehen kam, sah er, dass die in Leder gekleidete Gestalt sich zusammenkrümmte, auf der Erde aufschlug und den Hang hinunterrollte, bis sie von dichten Grasbüscheln aufgehalten wurde.
Das Motorrad traf auf einige Felsen viel weiter unten. Offenbar war der Tank leckgeschlagen, denn es gab eine Stichflamme, eine Explosion, und dann eine schwarze kräuselnde Rauchwolke, die zum Himmel aufstieg.
Regungslos lag Becca im trockenen Gras.
In drei langen Schritten war Jet bei ihr. Er merkte nicht einmal, wie seine Stiefel den Boden berührten. Mit angehaltenem Atem fiel er auf die Knie und drehte die leblose Gestalt vorsichtig zu sich herum. Noch nie in seinem Leben hatte er solche Angst gehabt.
Niemals.
Mit offenen Augen starrte sie ihn ungläubig an. „Bin ich tot?“
„Du hast jedenfalls alles dafür getan.“ Jet versuchte gar nicht erst, seine Wut zu zügeln. „Du Schwachkopf! Was hast du dir bloß dabei gedacht?“
Wo kam er denn auf einmal her? Und wieso war er so wütend?
Becca überlegte, ob sie sich vielleicht am Kopf verletzt hatte, aber ihr tat nichts weh. Sie war eben ein bisschen schnell gefahren, na und? Den Kampf gegen eine Schotterpiste zu gewinnen brachte ihr den Kick, der das Leben erst richtig lebenswert machte. Das wusste Jet genauso gut wie sie.
Vorsichtig setzte sie sich auf, nahm den Helm ab und bewegte behutsam den Kopf von einer Seite zur anderen. Keine Schmerzen, das war schon mal gut. Sie holte tief Luft. Ihr Brustkorb schien auch in Ordnung zu sein.
Noch immer hockte Jet neben ihr und wartete auf eine Antwort. Böse sah er sie an.
„Das weißt du genau“, verteidigte Becca sich. „Du hast es doch oft genug selbst gemacht.“
„Das ist nicht wahr.“
„Wie schnell bist du mit deinem Bike gefahren, um mich einzuholen? Ich kenne diese Strecke, die Krümmung jeder einzelnen Kurve. Ich bin sie schon hundert Mal gefahren.“
„Hey, ich hab das nicht zum Spaß gemacht“, entgegnete Jet.
„Ich auch nicht, verdammt noch mal“, erwiderte sie erbost.
Verständnislos sah er sie an. Ein Teil seiner Anspannung wich, und er ließ sich auf das weiche Gras sinken. Dann nahm auch er seinen Helm ab. Es war immer noch heiß, obwohl die Sonne bereits ziemlich tief am Horizont stand. Noch ein bis zwei Stunden Dämmerung, dann würde die Dunkelheit hereinbrechen. Ringsum war es sehr still. Abgesehen von dem gelegentlichen Ruf eines Vogels wirkte kilometerweit alles wie ausgestorben.
Schließlich brach Jet das Schweigen. „Aber wieso, Becca?“
Sie versuchte, die richtigen Worte zu finden. „Du kennst das“, meinte sie nach einer Pause. „Wenn man dem Tod ein Schnippchen
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