Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
noch stirbt.“
Sarah hatte Tränen in den Augen, die sie ärgerlich abwischte. „Ich bin bloß seine Tante“, stieß sie rau hervor. „Du bist sein Vater.“
Noch immer gelang es Rick nicht, den Blickkontakt mit ihr zu unterbrechen und sich ihrer vorwurfsvollen Miene zu entziehen.
„Werd endlich erwachsen und stell dich deiner Verantwortung“, fuhr sie ihn an. Dann drehte sie den Zündschlüssel um und ließ den Motor aufheulen. „Das bist du Josh schuldig. Und vielleicht auch mir. Dafür, dass ich so lange deinen Job übernommen habe.“
Schließlich war sie diejenige, die wegschaute. Sie fuhr los, und Rick blieb nichts anderes übrig, als zur Seite zu gehen.
Als das Auto fort war, hatte er von der Einfahrt her einen freien Blick zur Haustür, wo ein kleiner Junge auf der Schwelle hockte.
Sobald Sarah außer Sichtweite war, hielt sie bei der nächsten Möglichkeit an.
Vor lauter Tränen konnte sie kaum etwas sehen, und ihre Hände zitterten so stark, dass sie nicht mehr imstande war, das Lenkrad festzuhalten.
Sobald sie stand, umfasste sie es mit beiden Händen und ließ den Kopf darauf sinken.
Josh mit Rick allein zu lassen, war ihr unendlich schwergefallen. Sie wusste nicht mal, ob es überhaupt richtig gewesen war.
Die Vorstellung, dass Josh mit Rick auf dem Motorrad fuhr, war schon beängstigend genug. Sein kleiner Körper war so zerbrechlich. Aber ihn bei einem Mann zu lassen, der ihm womöglich das Herz brechen würde, war noch viel, viel schlimmer.
Sarah konnte nicht einmal dort bleiben und alles beobachten, denn damit hätte sie den Zweck der Übung zunichtegemacht. Sie hatte also keine andere Wahl, als zu warten.
Ich muss einfach Vertrauen haben, sagte sie sich. An Josh glaubte sie sowieso. An seine Klugheit, seinen Mut und seine Reife.
Als sie nach einer Weile zu weinen aufhörte und ihr Atem wieder ruhiger ging, wurde ihr noch etwas anderes bewusst.
Aus irgendeinem Grund hatte sie auch Vertrauen in Rick.
4. KAPITEL
Der selbstbewusste Ausdruck in Joshs Gesicht war verschwunden.
Den Wortwechsel zwischen Sarah und Rick hatte er sicher nicht mit anhören können. Selbst die Mienen der der beiden Erwachsenen waren für ihn nicht erkennbar gewesen, da Rick auf der Fahrerseite mit Sarah gesprochen hatte. Aber vermutlich hatte der Junge die Spannung zwischen ihnen gespürt. Und Sarah war losgefahren, ohne ihm noch einmal zuzuwinken.
Vielleicht sah Josh deshalb so verloren aus.
Rick spürte ein seltsam enges Gefühl in der Herzgegend. Er sah, wie blass Josh war und dass er weniger Haare hatte als noch vor ein paar Tagen. Obwohl er im Moment einen verletzlichen Eindruck machte, wirkte er dennoch entschlossen.
Ein kleines Lächeln umspielte Ricks Mundwinkel. Er bewunderte den Mut und die Willensstärke des Jungen. Wenn er seine Krankheit genauso anging wie seinen Wunsch nach einer Motorradfahrt, dann könnte er wirklich gute Chancen haben, sie zu besiegen.
Auf dem Weg zum Haus schob Rick seine Wut auf Sarah energisch beiseite. Hier ging es um Josh und ihn. Auf gar keinen Fall durfte er seinen Ärger an dem Jungen auslassen. Eigentlich war es ja auch keine große Sache. Er würde Josh einfach seinen Wunsch erfüllen. Dann konnte der seine Tante anrufen und sich von ihr abholen lassen.
„Du willst also auf dem Motorrad mitfahren?“, meinte Rick.
„Ja.“ Sofort war der verlorene Gesichtsausdruck wie weggewischt, und Josh grinste erfreut. „Das wäre genial.“
„Dann komm und bring deine Tasche rein.“
Ricks Loft lag in einem umgebauten Lagerhaus, und die Tür führte direkt in einen riesigen Wohnraum mit einer Panorama-Glaswand, die einen fantastischen Ausblick auf eine geschäftige Schiffswerft bot. Containerschiffe wurden be- und entladen. Überall waren Lastwagen, Kräne, Gabelstapler sowie Männer mit Schutzhelmen und grell orangefarbenen Sicherheitswesten zu sehen. Als Josh zum Fenster ging, blieb ihm vor Staunen der Mund offen stehen.
Rick ließ dem Jungen die Gelegenheit, sich alles anzuschauen. Er selbst brauchte auch erst mal einen Moment für sich. In der offenen Küche, die einen Teil des Wohnraums bildete, warf er einen sehnsüchtigen Blick auf die Flasche Bier, die er gerade aufgemacht hatte, als es geläutet hatte. Seufzend schraubte er den Deckel wieder zu und stellte die Flasche in den Kühlschrank. Das Bier musste bis nach der Motorradfahrt warten. Und dann war es gut möglich, dass Rick etwas Stärkeres nötig hatte.
Über die Schulter warf er einen Blick auf
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