Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
darf alles machen, was ich will, bevor ich wieder ins Krankenhaus muss. Und ich will auf einem Motorrad fahren.“
„Warum? Die Dinger sind wahnsinnig gefährlich.“
„Mum hat gesagt, dass mein Dad Motorrad gefahren ist. Sie hat erzählt, dass er eine Lederjacke hatte und der netteste, schönste Mann der Welt war.“
Oh nein. Hatte Lucy etwa die ganze Zeit gewusst, wer Joshs Vater war? Oder hatte sie etwas in ihrem Sohn gesehen, das sie an den Mann erinnerte, der immer ihr Geheimnis geblieben war? Aber vielleicht wollte sie Josh auch nur ein heldenhaftes Vorbild vermitteln, auf das er stolz sein konnte. Dafür hatte Sarah viel Verständnis. Und sie hoffte inständig, dass Rick diese Erwartungen auch erfüllen würde.
„Vielleicht sterbe ich ja auch“, stellte Josh nüchtern fest. „Was ist, wenn das passiert und ich nie ausprobieren konnte, wie das ist?“
Sarah unterdrückte ein Stöhnen. Das war emotionale Erpressung.
Doch Josh grinste sie fröhlich an. Er hatte sie in der Hand, und das wussten sie beide.
Als es an der Tür klingelte, dachte Rick gerade über Simon nach.
Es sah so aus, als könnte der Junge auf der Intensivstation bald auf das Beatmungsgerät verzichten, da er allmählich wieder selbstständig zu atmen begann. Er würde vermutlich überleben, aber um welchen Preis? Welche Hirnschäden mochte er davongetragen haben? Seine Eltern hatten sich heute sehr über die Fortschritte ihres Sohnes gefreut. Aber wie würde sie es aufnehmen, wenn er in Zukunft nicht sprechen oder laufen konnte? Oder sie womöglich nicht einmal wiedererkannte?
Als Rick die Tür öffnete, war das Letzte, womit er in diesem Moment rechnete, der aufgeweckte Blick eines intelligenten Jungen, der zu ihm aufsah.
„Josh? Was machst du denn hier?“
„Sarah hat mich gebracht.“
„Was?“ Rick schaute über den Kopf des Jungen. Ein kleines rotes Auto fuhr gerade aus der Einfahrt. Da die Hauptstraße um diese Tageszeit immer sehr voll war, konnte das eine Weile dauern.
„Ich wollte dich besuchen“, sagte Josh.
Rick sah ihn an. Joshs Miene wirkte sehr selbstbewusst, ja fast triumphierend. Ein Ausdruck, der besagte: Du kannst mich nicht wegschicken, weil ich dein Sohn bin. Außerdem stand eine kleine Reisetasche neben ihm.
„Wart mal kurz.“ Rick lächelte etwas gezwungen. „Bin gleich wieder da.“
Erbost marschierte er die Einfahrt hinunter. Was hatte Sarah sich dabei gedacht?
Beinahe wäre es zu spät gewesen, denn sie hatte eine Verkehrslücke entdeckt und fuhr langsam rückwärts, wobei sie über die Schulter schaute. Als sie das Lenkrad einschlug, um auf die Straße einzubiegen, stellte Rick sich direkt vor den Wagen und hieb mit der Faust auf die Kühlerhaube.
Sarah trat heftig auf die Bremse, sodass das Auto mit einem Ruck zum Stehen kam. In zwei Schritten war Rick am Fahrerfenster, das sie heruntergerollt hatte. Sarah starrte stur geradeaus, die Hände noch am Lenkrad.
„Was ist hier los?“ Obwohl Rick seine Stimme gesenkt hatte, lag ein gefährlicher Unterton darin.
Sarah zuckte leicht zusammen, vermied jedoch seinen unfreundlichen Blick. „Josh wollte dich besuchen.“ Ihre Stimme klang gepresst. „Er meint, du hättest ihm eine Fahrt auf deinem Motorrad angeboten, und will dich beim Wort nehmen.“
Für Rick ergab das keinen Sinn. Als er bei der Hochzeit diesen Vorschlag gemacht hatte, war Sarah absolut dagegen gewesen. Warum sie plötzlich ihre Meinung geändert war, war jedoch erst mal zweitrangig.
„Also hast du ihn einfach vor meiner Tür abgesetzt? Was bist du überhaupt für ein Vormund? Was wäre gewesen, wenn du die falsche Adresse gehabt hättest? Oder wenn ich nicht zu Hause gewesen wäre?“
„Ich habe Mike gebeten, nach deinem Dienstplan zu gucken. Deine Adresse kannte ich schon. Und ich habe gewartet, bis du die Tür aufmachst“, verteidigte sich Sarah. Sie warf ihm einen halb trotzigen, halb schuldbewussten Blick zu.
„Soll das irgendein Spielchen sein? Glaubst du, ich werde ihm sagen, dass ich sein Vater bin, nur weil er vor mir steht?“
Diesmal sah sie ihn direkt an. „Das brauchst du gar nicht. Josh weiß es schon.“
Rick war fassungslos. „Du hast es ihm erzählt? Obwohl ich dir ausdrücklich gesagt hatte, dass ich das nicht möchte?“
„Nein“, gab Sarah aufgebracht zurück. „Ich hab es ihm nicht gesagt. Ich fand zwar, dass er ein Recht darauf hat, es zu erfahren, aber ich hab’s ihm nicht gesagt, weil er nicht mitkriegen sollte, dass du ihn nicht
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