Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
betraf, der von allen am meisten darunter litt.
Es ist meine Schuld, warf Rick sich vor. Ganz allein meine Schuld.
„Sarah ist halb verhungert“, sagte er zu Ellie. „Sie hat den ganzen Tag noch nichts gegessen. Und vorhin war sie so schwach, dass sie fast umgefallen wäre. Vielleicht kannst du mit ihr in das kleine Bistro unten an der Straße gehen, damit sie was in den Magen kriegt.“
„Oh“, antwortete Ellie bestürzt. „Max kümmert sich gerade um Mattie, muss aber nachher noch jemanden in der Notaufnahme vertreten.“ Bedauernd sah sie Sarah an. Dann wandte sie sich an Rick. „Geh du doch mit ihr hin“, meinte sie.
„Schon gut“, warf Sarah hastig ein. „Ich kann mir auch einfach was aus der Cafeteria holen. Dann bin ich schneller wieder bei Josh.“
Rick fühlte sich irgendwie zugleich erleichtert und enttäuscht, eine merkwürdige Mischung. Da wurde die Tür von Joshs Zimmer geöffnet, und Katie, die für ihn zuständige Krankenschwester, steckte den Kopf heraus.
„Josh möchte gerne seine Harry-Potter-DVD noch mal anschauen, und weil ich davon auch noch nicht alles gesehen habe, werde ich bei ihm bleiben. Gönnen Sie sich doch ruhig eine längere Pause, Sarah. Ein leckeres Essen, eine Dusche und so weiter. Das wird Ihnen bestimmt guttun.“
„Aber …“
„Ich habe Ihre Handynummer. Falls Josh Sie braucht, rufe ich Sie an.“ Damit verschwand Katie wieder im Zimmer.
Von hier aus konnten sie alle den Fernseher sehen, der in einer Ecke schräg von der Zimmerdecke hing. Josh hatte die Augen zwar nur halb offen, war aber schon vollkommen gebannt von dem Geschehen auf dem Bildschirm.
Im Korridor entstand ein kurzes Schweigen, während Rick sich bemühte, seine Verlegenheit zu unterdrücken. Doch plötzlich gab er den Versuch auf. Vielleicht hatte diese Verlegenheit ja auch ihr Gutes. Wie eine Art Buße. Er konnte daraus lernen und somit den Prozess des Erwachsenwerdens weiter fortsetzen, der unter Sarahs Regie begonnen hatte.
„Die Ravioli sind sehr zu empfehlen.“ Lächelnd hob er die Brauen. „Also, wie wär’s? Sie sind eingeladen. Ich schulde Ihnen ja noch ein Dankeschön für Ihren netten Taxidienst gestern.“
Sarah blickte durch das Fenster ins Zimmer. Nach den geweiteten Augen von Josh und Katie zu urteilen, die sich beide an der Hand hielten, fand offenbar gerade eine schaurige Szene statt. Fragend sah Sarah zu Ellie hinüber, die ihr aufmunternd zunickte.
„Ja, mach das“, drängte sie. „Eine richtige Pause ist genau das, was du brauchst. Ich weiß von mir selber, dass ich eine viel bessere Mutter bin, wenn ich Mattie auch mal eine Weile abgeben konnte. Apropos …“
„Geh schon“, meinte Sarah zu ihr. „Ich ruf dich morgen an.“ Mit einem Seitenblick auf Rick fügte sie hinzu: „Und dann erzähle ich dir, ob die Ravioli ihrem Ruf wirklich gerecht werden.“
Sarah hatte geahnt, dass sich die Sache schwierig gestalten könnte.
Aber sie wusste auch, wenn sie und Rick die Situation nicht meisterten, dass dann noch etwas viel Schlimmeres als nur eine kleine Verlegenheit daraus werden würde. Falls Rick anfing, ihr aus dem Weg zu gehen, würde er sich dadurch auch von Josh zurückziehen, und das durfte sie auf keinen Fall zulassen.
Nicht jetzt, da sich zwischen den beiden gerade eine neue Bindung entwickelte. Einen Vater zu haben, auf den Josh stolz sein konnte und der auch stolz auf ihn war, das war das beste Geschenk überhaupt. Egal, was es kostete, Sarah musste dafür sorgen, dass der Junge dieses Geschenk nicht wieder verlor.
Private Bedenken ihrerseits, Rick mit in ihr Leben einzubeziehen, waren dabei unwichtig.
Also tat Sarah ihr Bestes, auf dem kurzen Weg zum Bistro fröhlich mit ihm zu plaudern. Über Josh natürlich und über die Ereignisse des Tages.
„Alles in allem hält er sich ziemlich gut“, sagte sie, als sie ihr Ziel erreicht hatten. „Er ist zwar total erschöpft, aber laut Mike war das zu erwarten. Er meint, wir könnten die Transplantation morgen durchführen. Oder übermorgen.“ Sie musste ein wenig schlucken.
„Bist du nervös deshalb?“ Rick nahm ihren Ellbogen und schob sie durch die Tür in ein kleines, dämmrig beleuchtetes Lokal, das durch seine Wärme und den verführerischen Duft nach Essen gemütlich und einladend wirkte.
„Ja“, erwiderte Sarah. „Er hat eine ganze Liste von Dingen aufgezählt, die während der Transfusion auftreten können. Fieber, Schüttelfrost, Nesselausschlag, Schmerzen in der Brust und so fort.
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