Julia Ärzte zum Verlieben Band 52
zerzauste. „Das ist nur der Reiz des Neuen. Für sie bin ich eine Attraktion.“
Leah sah, wie Anna sich vorbeugte und Gabe einen schmatzenden Kuss auf die Wange gab. „Dafür benehmen sie sich aber ziemlich unbefangen.“
„Sie kennen mich von früheren Reisen und haben nicht vergessen, dass ich ihnen immer Süßigkeiten mitgebracht habe.“
Rosas Augen leuchteten auf. „ ¿Tienes chocolate? “
„Später“, versprach Gabe, warf die Bettdecke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. „Nach dem Frühstück.“
Die Kinder juchzten begeistert auf. Seine nächsten Worte sorgten dafür, dass sie vom Bett sprangen und fröhlich aus dem Zimmer hüpften.
„Was hast du gesagt?“, fragte Leah neugierig.
„Dass sie etwas Süßes bekommen, sobald sie mit Frühstücken fertig sind. Und dann habe ich sie daran erinnert, dass es Pater David nicht gefallen wird, wenn ihre Großmutter nach ihnen suchen muss.“
„Wir sollten auch aufstehen und mit der Arbeit anfangen.“ Sie seufzte. „Obwohl ich ohne Weiteres noch ein paar Stündchen liegen bleiben könnte.“
„Hast du gut geschlafen?“
„Muss ich wohl. Ich weiß nur noch, dass ich ins Zimmer getaumelt bin, danach ist Filmriss.“
„Kein Wunder. Du hast gestern einen harten Tag gehabt. Und leider wird es heute nicht besser.“
„Gabe, ich wusste von vornherein, dass das hier kein Urlaub wird“, erwiderte sie. „Du musst dich nicht entschuldigen.“
„Okay.“ Gabe erhob sich. „Dann auf, ihr müden Knochen!“
Beim Frühstück ging es lautstark zu. An den schlichten langen Holztischen saßen hungrige Kinder jeglichen Alters und warteten ungeduldig auf ihr Essen. Doch als Pater David aufstand und das Morgengebet sprach, wurden selbst die Jüngsten mucksmäuschenstill. Man hätte eine Stecknadel zu Boden fallen hören.
Während Sheldon und Gabe die Pläne für den Tag besprachen – Ben war über Nacht in der Klinik geblieben, um Patienten zu überwachen, die Sauerstoff brauchten – fühlte Leah sich beobachtet. Zuerst reagierte sie nicht darauf. Die meisten Kinder hatten sie angestarrt, als sie hereingekommen war. Doch das Gefühl blieb. Als sie sich umsah, entdeckte sie die drei Kinder, die sie heute Morgen geweckt hatten.
Und tatsächlich, Rosa musterte sie nachdenklich. José dagegen ließ Gabe nicht aus den Augen, unverkennbar voller Bewunderung. Annas Blick wanderte zwischen ihr und Gabe hin und her, und es lag eine solche Sehnsucht darin, dass Leahs Hals plötzlich wie zugeschnürt war. Es gab keinen Zweifel, diese Kinder liebten Gabe.
Leah wartete, bis alle gegessen hatten und Gabe aufgestanden war, um die versprochenen Süßigkeiten zu verteilen. Sie erkundigte sich bei David nach der Geschichte der Kinder.
„Seit dem Tod ihres Mannes vor einigen Jahren kocht Carlotta für uns“, begann David. „Dann kamen ihr Sohn und ihre Schwiegertochter auf dem Meer um, als ihr Fischerboot kenterte, und sie musste sich um ihre Enkel kümmern. Damit sie trotzdem weiterarbeiten konnte, haben wir eine Vereinbarung getroffen. Sie verzichtet auf einen Teil ihres Gehalts und bekommt dafür Unterkunft und Verpflegung hier im Heim für sich und die drei Kinder.“ Er seufzte. „Leider wurde vor Kurzem Bauchspeicheldrüsenkrebs bei ihr festgestellt.“
„Das hatte Gabe auch vermutet, aber mir war nicht klar, dass die Diagnose offiziell ist.“
„Wir wissen nicht, wie lange sie noch bei uns sein wird.“
Tiefes Mitgefühl erfüllte Leah. Was für ein schweres Schicksal, auch für die Kinder. Erst verloren sie ihre Eltern und nun bald auch noch ihre Großmutter … „Das tut mir leid. Hat sie denn noch Familie?“
„Ja, einen Sohn. Wir versuchen gerade, ihn ausfindig zu machen, aber niemand scheint zu wissen, wo er wohnt. Oder ob er überhaupt noch lebt. Ich habe gehört, dass er in seiner Jugend ein ziemlicher Teufelsbraten gewesen ist. Er ging nach Mexico City, wo er in schlechte Gesellschaft geriet. Carlotta hat schon seit Jahren nichts mehr von ihm gehört.“
„Aber wie geht es mit den Kindern weiter, wenn sie …?“
„Finden wir keine weiteren Verwandten, bleiben sie hier. Machen wir aber ihren Onkel ausfindig, kommen sie zu ihm, wenn er einverstanden ist. Vorausgesetzt, er wäre bereit, die Verantwortung zu übernehmen.“
Leah blickte sich um. „Wahrscheinlich können alle Kinder hier so eine traurige Geschichte erzählen.“
„Mehr oder weniger. Einige sind Waisen, andere haben zwar noch Eltern, aber die sind nicht in der
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