Julia Ärzte zum Verlieben Band 52
Lage, sich um sie zu kümmern.“
„Kommen alle aus Ciuflores?“
„Nein, unser Waisenhaus ist weit und breit das Einzige. Hätten wir mehr Platz, könnten wir doppelt so viele Kinder aufnehmen. In Mexiko ist das Leben auf dem Land hart, und oft bezahlen die Kinder den Preis.“
„Ich verstehe.“ Sie blickte hinüber zu den Dreien, die wie Kletten an Gabe klebten. „Die drei scheinen ihn zu lieben.“
„Alle lieben ihn. Aber ich muss zugeben, er hat zu diesen Kindern einen besonderen Draht. Allein wenn ich seinen Namen erwähne, leuchten ihre Gesichter auf. Ich weiß nicht, warum das so ist. Er bevorzugt sie ja nicht. Wahrscheinlich ist es genau wie bei uns Erwachsenen. Mit manchen fühlen wir uns auf Anhieb mehr verbunden als mit anderen.“
„Das stimmt.“ Ja, Kinder liebten Gabe. Leah versuchte den Stich im Herzen zu ignorieren. Wenn sie nicht wäre, hätte Gabe schon längst Eigene.
Am Ende des Raums entstand plötzlich Unruhe, und David drehte sich um. „Ich muss mal nachsehen, was los ist“, entschuldigte er sich.
Er eilte zu den beiden Teenagern, die in einen heftigen Streit geraten waren und sich gegenseitig stießen und schubsten.
Leah richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Gabe. Umringt von einem Schwarm kleinerer Kinder förderte er Hände voll Bonbons aus seinen Taschen. Lachend verteilte er sie, hob die jüngeren Waisenkinder eins nach dem anderen auf die Arme und hoch in die Luft, bis sie laut juchzten.
Leah dachte daran, wie die Kinder von Freunden und auch ihre eigenen Nichten und Neffen sich bei Besuchen oder Familienfeiern sofort auf Gabe gestürzt hatten. Er gewann die kleinen Herzen mühelos für sich. Und erst gestern, bei den Hausbesuchen, hatte sie wieder beobachten können, dass die Kinder sofort Vertrauen zu ihm fassten.
Unsicherheit überkam sie auf einmal. Bedauerte Gabe nicht vielleicht doch, dass er sie geheiratet hatte, oder dass er nicht gleich in die Scheidung eingewilligt hatte? Eine einzige Unterschrift würde ihn von den Fesseln befreien, und er könnte sich eine Frau suchen, die ihm endlich Kinder schenkte.
Leah schob die quälenden Gedanken beiseite. Er liebt mich, dachte sie, das hat er gesagt. Egal, ob ich Kinder bekommen kann oder nicht. Trotzdem wurde ihr eins klar, eine unangenehme Wahrheit, aber nicht von der Hand zu weisen: Sie war diejenige, die einer Adoption im Weg stand. Sie stand zwischen ihm und der Verwirklichung seiner Träume von einer Familie. Gabe hatte ihr die Entscheidung überlassen, und jetzt lag es an ihr, ob sein Traum wahr wurde.
Tief in Gedanken versunken, sah sie nicht, dass die kleine Rosa auf sie zu tapste, bis das Mädchen die Händchen auf ihr Knie legte.
Leah erstarrte, Abwehr machte sich in ihr breit. Es war ein besonderer Schutz, den sie sich zugelegt hatte, um sich nicht auf ein Kind einzulassen … welches Kind auch immer. Aber die federleichte Berührung, zögernd und mutig zugleich, dazu der vertrauensvolle Ausdruck in den großen dunklen Augen – all das hatte etwas Tröstendes, sodass sie unwillkürlich lächeln musste.
„Solltest du nicht bei deiner Großmutter sein?“, fragte sie. Dann, als die Kleine sie verständnislos anblickte, suchte sie nach den richtigen Worten auf Spanisch. „ ¿Dónde está tu abuelita? – Wo ist deine Großmutter? ¿Debes estar con ella? – Solltest du nicht bei ihr sein? “
Rosa schob nur den Daumen in den Mund und grinste verschmitzt.
Leah konnte nicht anders, sie strich der Kleinen über die rabenschwarzen Locken. „Willst du nicht mit deinen Freunden spielen?“
Das Mädchen schwieg, als hätte es vollstes Vertrauen in Leah, dass sie schon herausfinden würde, was Rosa wollte.
Ihr zog sich das Herz zusammen. Es war eine Sache, ihre Nichten und Neffen zu lieben, aber etwas ganz anderes, ein Kind ins Herz zu schließen, das sie nie wiedersehen würde. Dennoch mochte sie Rosa nicht wegschicken. In seinem kurzen Leben hatte dieses Kind schon mehr Schicksalsschläge erlebt als die meisten Erwachsenen. Leah brachte es nicht über sich, sie zurückzuweisen.
„Willst du auf den Schoß?“ Vergeblich suchte sie nach dem richtigen spanischen Ausdruck. Also klopfte sie auf ihre Oberschenkel und streckte fragend die Arme aus.
Als hätte Rosa nur auf eine Ermunterung gewartet, zog sie den Daumen aus dem Mund, krabbelte zu Leah auf den Schoß, kuschelte sich an sie und schob den Daumen wieder in den Mund.
Leah war sicher, dass einer der Mitarbeiter die Kleine bald holen würde,
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