Julia Ärzte zum Verlieben Band 53
sie nicht denken. Wenn Emma etwas zustieß, würde sie ihres Lebens nicht mehr froh werden.
„An der nächsten Abzweigung müssen wir abbiegen“, sagte sie. „Da, wo das Schild steht – The Gap .“
Kaum hatte sie den Namen ausgesprochen, wich ihr das Blut aus dem Gesicht. Zoe schnappte entsetzt nach Luft.
„Was ist?“ Teo fuhr an den Straßenrand und trat auf hart auf die Bremse. „Zoe, was hast du?“
„Ich … daran habe ich überhaupt nicht gedacht … Oh mein Gott … Grans Haus ist in der Nähe der Gap !“
„Ja, und?“
„Weißt du das nicht? Das musst du wissen, du lebst schon so lange in Sydney.“
„Ach ja, die Landzunge, wo vor langer Zeit ein Schiff zerschellt ist.“ Jetzt begriff er. „Wegen der scharfen Klippen …“
Wo jährlich an die fünfzig Leute Selbstmord begehen, indem sie sich von den steilen Felsen stürzen. Zoe brachte die Worte nicht über die Lippen.
Es war auch nicht nötig. Teo rammte den Gang rein und trat das Gaspedal durch. Grollend erwachte der Motor zum Leben, und der kleine Sportwagen schoss die Straße entlang.
Im Innern des Wagens herrschte angespanntes Schweigen, nur gelegentlich unterbrochen, wenn Zoe mit knappen Worten Teo die Richtung wies.
Was hätten sie auch sagen sollen?
Grans Garten war ihr ganzer Stolz gewesen. Inzwischen waren die Bäume überwuchert, ein grüner Dschungel bedeckte einen großen Teil des Grundstücks. Wo früher gepflegte Rasenflächen und blühende Blumenbeete gewesen waren, wuchs kniehoch das Unkraut. Eine schmale Schneise wand sich durch die Wildnis – niedergetrampelt von Vandalen? Oder von ihrer Mutter?
Zoe folgte Teo zu der rußgeschwärzten Ruine. Die Stufen zur Veranda waren eingebrochen, und Teo hielt Zoe fest an der Hand, damit sie nicht stürzte. Mit der anderen Hand ließ er den Lichtkegel seiner Taschenlampe über das zerstörte Gebäude wandern. Die Eingangstür hing schief in den Angeln, und jedes Fenster war ein gähnendes schwarzes Loch mit den scharfkantigen Resten der zertrümmerten Glasscheiben.
„Wir gehen lieber nicht hinein“, warnte Teo. „Es ist zu gefährlich.“
Sie zitterte am ganzen Körper, nicht nur wegen der kühlen Nachtluft, sondern auch weil sie eine unaussprechliche Angst verspürte. Wenn ihre Mutter es bis hierher geschafft hatte, musste der trostlose Anblick sie unweigerlich in die Gegenwart zurückholen. Wie würde sie reagieren, wenn sie begriff, dass sie ihre Mutter hier nicht fand? Würde sie sich an alles erinnern und … verzweifeln?
Auch Zoe drohte zu verzweifeln. Ihre Mutter war nicht hier. Emma war nicht hier.
Sie ließ sich auf die unterste Verandastufe sinken und barg das Gesicht in den Händen. Teo ging um das Haus herum, leuchtete in jeden Winkel, in den fast undurchdringlichen Garten, entschlossen, noch nicht aufzugeben.
„Wo geht der hin?“
Zoe blickte auf. Zwischen niedergedrückten Grasbüscheln war ein alter Kiesweg zu sehen. „Weiter hinten sind Stufen, sie führen hügelabwärts. Damals gab es dort einen Goldfischteich und ein Sommerhäuschen. Und ein Tor zu dem Pfad an der Rückseite des Grundstücks. Man muss eine Weile gehen, aber irgendwann kommt man zu den Klippen.“
Hier war es so einsam, dass Zoe hörte, wie Teo tief Luft holte. Danach herrschte eine fast unheimliche Stille, so als hätte die Dunkelheit alles verschluckt … oder erstickt.
Und dann hörten sie es.
Ein leises Weinen, weit weg, so schien es.
Zoe sprang auf. „Emma!“
Teo lief bereits auf den alten Pfad zu. Zoe holte ihn ein, als er das Tor aufstieß. Hand in Hand rannten sie den breiten Weg entlang. Er war öffentliches Gelände und endete an einem Aussichtspunkt. Überall standen Schilder, die davor warnten, hinter die Absperrung zu gehen. Aber in Sydney wusste jeder, wie gefährlich diese steilen Klippen waren. Freiwillig würde niemand den sicheren Bereich verlassen … es sei denn, er wurde getrieben von etwas, das stärker war als der natürliche Überlebenswille.
Wie ihre Mutter.
Celia Harper stand auf der anderen Seite des Sperrgitters, nur wenige Schritte vom Abgrund entfernt.
Zoe blieb der Schrei in der Kehle stecken. Sie holte Luft, sammelte Kraft, um über das Gitter zu springen.
Aber Teo hielt sie zurück. „Bedräng sie nicht“, flüsterte er. „Bleib, wo du bist.“ Er legte ihr den Zeigefinger auf die Lippen. „Sag nichts, keinen Ton.“
Sie presste die Hand vor den Mund, als Teo sie mit einem Griff in die Hocke zog. Starr vor Angst kauerte sie am
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