Julia Ärzte zum Verlieben Band 54
ein wenig Geduld, damit seine Lunge sich erholen kann.“
Nancy beruhigte sich langsam, und Julie versprach, die beiden am nächsten Morgen wieder hier zu treffen, um sich nach Richard zu erkundigen.
Als Julie langsam zum Ausgang schritt, befiel sie eine bleierne Müdigkeit. Sie hatte vor Richards Eltern eine zuversichtliche und positive Fassade aufrechterhalten, aber nun kamen die Ängste und Sorgen des Tages mit doppelter Wucht.
Gerade wenn sich alles zum Guten wendet, versetzt einem das Schicksal wieder einen Schlag ins Genick, dachte sie.
Sie schaltete ihr Handy ein, aber da war keine Nachricht, auch nicht von Pierre. Sie fühlte sich müde und allein, und Tränen traten ihr in die Augen.
Als sie aus dem Haupteingang trat, hörte sie, wie jemand ihren Namen rief. Sie sah sich um, und da stand er – direkt vor ihr.
Er streckte die Arme nach ihr aus und umarmte sie wortlos. Sie legte den Kopf an seine Brust und schloss die Augen. Nun konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Die Sorge um Richard war nur der Auslöser – es war, als ob mit einem Mal die ganze Traurigkeit und die ganzen Verletzungen der letzten Jahre hervorbrachen. Der Unfall, die verlorene Skikarriere, Lukes schäbiges Verhalten, Krankheit und Tod ihrer Mutter, der Verlust ihres Vaters.
„Dein junger Freund, er liegt auf der Intensivstation?“, fragte er behutsam.
Sie nickte und erzählte ihm unter Tränen, was sie in Erfahrung gebracht hatte. Von ihrer Angst, schon wieder einen geliebten Menschen zu verlieren.
Pierre hielt sie fest umarmt und flüsterte ihr leise auf Französisch beruhigende Worte zu. Er küsste die Tränen von ihren Wangen, dann hob er sie hoch und brachte sie zu seinem Wagen.
Die Tränen waren immer noch nicht versiegt, als sie vor Carolines Haus anhielten. Wieder trug Pierre Julie ins Haus – waren nicht erst wenige Stunden seit dem Morgen im Weinberg vergangen? Caroline sah den beiden wortlos und erstaunt nach.
Vorsichtig legte Pierre Julie auf sein Bett und zog ihr die Schuhe aus. Dann streckte er sich neben ihr aus und zog sie in seine Arme.
Julie wusste nicht, wie lange sie so dagelegen hatten. Er hatte sie einfach nur festgehalten und gestreichelt, und der Sturm der Tränen hatte sich langsam beruhigt.
„Du bist gekommen“, sagte sie leise. „Ich habe dich gebraucht, und du bist gekommen. Danke.“
„Ist das nicht normal zwischen Eheleuten?“, erkundigte er sich. „Selbst bevor sie offiziell verheiratet sind? Kommen sie sich nicht gegenseitig zu Hilfe, wenn es nötig ist?“
„Wie bist du denn hergekommen?“, fragte Julie zurück. „Ich dachte, es gibt nur einen Flug am Tag.“
„Ich habe mein eigenes Flugzeug. Es steht auf dem kleinen Flughafen in der Nähe des Weinguts. Ich fliege seit Jahren, genau wie Jacques. Wir hatten beide unsere Flugscheine.“
Er sah sie an. „Ich dachte, Caroline hätte zu viel Angst, um mit mir zu fliegen, aber sie hat darauf bestanden. Sie sagte, du hast dich um sie gekümmert, und jetzt wolle sie sich um dich kümmern – auch wenn sie vor so einer kleinen Sportmaschine noch viel mehr Angst als vor einem Linienflugzeug hat.“
„Sie ist ein mutiges Mädchen.“ Julie war gerührt. Sie konnte sich vorstellen, was es die junge Frau an Überwindung gekostet haben musste.
„Das hat sie auch von dir gelernt“, sagte Pierre. „Du bist eine gute Lehrerin.“
„Und wie geht es Alain?“, fragte sie und schmiegte sich an seine Brust.
„Es geht ihm ganz ordentlich. Ich bin guter Hoffnung, dass er die Funktion in seiner Hand fast vollständig wiedererlangt. Er muss aber noch ein paar Tage im Krankenhaus bleiben. Es tut mir leid, petite , aber ich muss deshalb wieder zurück, um die Arbeiten auf dem Weingut zu organisieren, bis er entlassen wird. Du kannst aber mit mir kommen.“
„Oh, das wäre schön, aber ich kann jetzt nicht von Richards Seite weichen. Auch seiner Eltern wegen. Und dann fängt die Arbeit wieder an.“
„Mach dir wegen der Arbeit keine Sorgen. Ich sage ihnen, dass du noch länger fortbleibst, ein paar Tage oder eine ganze Woche“, schlug er vor.
Julie setzte sich im Bett auf. „Nein, das wirst du nicht“, sagte sie entschlossen. „Ich habe Ja zur Hochzeit gesagt, aber das heißt nicht, dass du über mein Leben bestimmen kannst. Wenn ich nicht zur Arbeit gehe, muss einer meiner Kollegen für mich einspringen, und das ist einfach nicht fair.“
„Okay, dann mische ich mich nicht ein. Aber kannst du dann hier mit Caroline
Weitere Kostenlose Bücher