Julia Aerzte zum Verlieben Band 60
den Griff um Evies Arm. „Na dann“, sagte er und zog sie mit sich, obwohl er ihren Widerstand spüren musste.
Draußen im Flur ließ er die Hand sinken und marschierte los. Anscheinend ging er davon aus, dass sie ihm folgen würde. Evie hatte nicht übel Lust, in die entgegengesetzte Richtung zu verschwinden, damit er zur Abwechslung mal ihr nachlaufen musste.
Aber sie mussten reden. Sie war nur überrascht, dass er schon so schnell dazu bereit war. Wahrscheinlich hatte er seinen Anrufbeantworter abgehört.
Seufzend folgte sie ihm, seine breiten Schultern vor Augen und das dunkle Haar, das sich am Hemdkragen wellte. Finn betrat das Dienstzimmer, und sie verharrte einen Moment davor, als müsste sie erst Kraft sammeln. Heute Vormittag hatte sie sich sehr zusammennehmen müssen, um ihm die Nachricht zu hinterlassen. Ihr Herz hatte bei jedem Wort protestiert, sie gedrängt, das Gegenteil zu sagen.
Doch sie meinte es ernst. Sie würde klarkommen, wenn er nichts mit ihr und seinem Sohn zu tun haben wollte. Es würde wehtun, aber sie würde es schaffen.
Sie holte tief Luft und stieß die Tür auf. Finn stand am Fenster, die Arme ungeduldig vor der Brust verschränkt.
„Du siehst furchtbar aus“, sagte sie.
„Sei froh, dass du mich heute Morgen nicht gesehen hast.“
„Hat es wenigstens geholfen?“ Sie konnte den bitteren Unterton nicht verhindern. Evie wusste, dass er getrunken hatte, und zwar nicht knapp.
„Nein.“
„Ich habe auf deinen AB gesprochen.“
„Habe ich gehört.“
„Ich meinte es ernst, Finn.“ Sie legte die Hände auf ihren Bauch. „Du musst nicht für uns da sein.“ Auch wenn ich mir nichts mehr wünsche … „Viele Kinder wachsen bei nur einem Elternteil auf, und es geht ihnen dabei gut.“
Finn dachte an seine Kindheit. Vielen Kindern geht es dabei gar nicht gut! Verdiente sein Sohn nicht das Beste? Alles, was Finn selbst nie gehabt hatte – und noch viel mehr? Ein stabiles Familienleben? Zwei Menschen, die ihn liebten, die dafür arbeiteten, dass sein Leben perfekt war? Einen Vater und eine Mutter?
„Wir sollten heiraten.“
Evie erstarrte, versuchte zu erfassen, was er gerade eben gesagt hatte. „Wie bitte?“, fragte sie schwach, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte.
Finn fragte sich, ob er genauso verblüfft aussah wie sie. Die Worte waren wie aus dem Nichts gekommen. Er hatte nicht geplant, ihr einen Antrag zu machen, und dennoch war er überzeugt, dass er das Richtige tat.
„Du kannst bei mir einziehen. Nein, warte, ich kaufe uns ein Haus. Irgendwo am Hafen oder noch besser in Bondi oder Coogee. Da kann er surfen lernen.“
Ihr schwirrte der Kopf, als sie versuchte, seinen sprunghaften Gedankengängen zu folgen. „Ein Haus?“
„Ich finde, Kinder sollten in der Nähe vom Strand aufwachsen.“
Er selbst war von einer heißen Vorortwohnung, kaum größer als eine Schuhschachtel, zur nächsten geschleppt worden. Sein Sohn sollte mehr Platz haben, den Geruch des Meeres und das Rauschen der Wellen im Ohr, wenn er einschlief – nicht dröhnende Rockmusik oder das Plärren des Fernsehers im Apartment nebenan.
„Wenn ich zu Hause bin, suche ich nach einem Hochzeitsplaner.“
Ungläubig blickte Evie ihn an. Finn hatte sie bereits verheiratet und ein Leben zu dritt am Meer geplant, ohne das Wort Liebe auch nur in den Mund zu nehmen!
„Wir heiraten am besten gleich nach der Geburt des Babys. Das ist früh genug.“
Also nur keine Umstände, bevor es nicht absolut notwendig ist … Evie fühlte sich wie im falschen Film. Deutlicher hätte er nicht ausdrücken können, dass sein verrückter Vorschlag mit einer Liebesheirat so viel zu tun hatte wie ein Huhn mit einem Adler.
Evie war mit Eltern aufgewachsen, die einander fremd waren. Eine kalte, nur zu einem bestimmten Zweck geschlossene Ehe war das Letzte, was sie für sich und ihr Kind wollte.
„Nein“, sagte sie ruhig.
Finn zuckte mit den breiten Schultern. „Okay, dann kurz davor?“
Ach, wenn sie dick wie eine Seekuh war und ein Zelt als Brautkleid brauchte? Lebte der Mann hinterm Mond? Wusste er nicht, wie wichtig der Hochzeitstag für eine Frau war? Und dass sie sich eine romantische Liebeserklärung wünschte und das Versprechen, für immer zusammenzubleiben, wenn der Mann ihr einen Antrag machte?
Falls er es ernst meinte …
Nein, natürlich nicht. Wie immer erwartete Finn, dass sie sprang, wenn er mit den Fingern schnipste.
„Ich werde dich nicht heiraten, Finn.“
„Sei nicht albern,
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