Julia Aerzte zum Verlieben Band 60
instabil?“
Honeys Lachen klang hohl. „Das ist wohl eine Frage der Definition. Sie waren so etwas wie Hippies. Mir war mit achtzehn Jahren klar, dass das nicht mein Leben ist. Also habe ich etwas unternommen, ich bin gegangen.“
„Und dann haben Sie den Namen Ihrer Großeltern angenommen?“
„Ja.“ Honey runzelte die Stirn. „Auf eine gewisse Weise habe ich genau das Leben gewählt, das meine Mutter nicht wollte. Sie fühlte sich eingeengt, und ich war froh, endlich Regeln und Grenzen zu haben.“
„Hatten Sie die vorher nicht?“
„Nein, mein Bruder und ich sind ganz frei und natürlich aufgewachsen, so haben es meine Eltern zumindest genannt.“ Sie zuckte die Achseln. „Als ich zu meinen Großeltern gezogen bin, habe ich dann ihren Namen angenommen.“
„Und wie lautete Ihr früherer Nachname?“, fragte Edward interessiert.
„Moon-Pie.“ Honey musste lächeln. „Na los, machen Sie schon Ihre Witze. Mein Bruder und ich haben uns in der Schule ziemlich viel anhören müssen.“
„Ja, das kann ich mir vorstellen.“
„Eines kann ich Ihnen sagen.“ Sie legte den Kopf zur Seite und sah ihn an. „Ich werde meiner Tochter einen ganz normalen Namen wie Clara oder Elizabeth geben.“
Der Anblick ihres eleganten Nackens, an den sich der Zopf mit dem roten Haarband schmiegte, lenkte Edward kurzzeitig ab.
Es fiel ihm zunehmend schwerer, sich in Honeys Nähe zu konzentrieren. Mit einem weiteren kleinen Räuspern rückte er von ihr ab.
„Und hat es geholfen? Den Namen zu ändern, meine ich.“
„In gewisser Weise schon … Aber ich bin noch immer auf der Suche.“
Er nickte. „Sind wir das nicht alle? Ich habe immer für andere eine Rolle spielen müssen … Vater, Bruder, Ernährer der Familie.“ Warum er ihr das erzählte, hätte Edward selbst nicht sagen können. Er sprach nur sehr selten über seine Gefühle. „Mein jüngster Bruder, Hamilton, ist so starrköpfig, eben ein typischer Teenager. Mit ihm muss ich streng sein und ihm Grenzen aufzeigen. Auch wenn ich mir manchmal wünschte, ganz anders sein zu können, aber …“
Etwas verlegen unterbrach er sich. Honeys Blick war voller Mitgefühl. Edward wünschte, er hätte sich nicht zu diesen Geständnissen verleiten lassen. Diese Frau hatte eine geradezu unheimliche Wirkung auf ihn. Er musste sie auf Distanz halten.
„Ja, das verstehe ich“, sagte sie. „Aber wir sind nun einmal alle an bestimmte Regeln gebunden.“
„Ein gutes Stichwort“, fiel Edward energisch ein. „Es gibt da noch etwas, was ich Ihnen sagen muss. Ich würde es begrüßen, wenn Sie unseren Patienten keine privat hergestellten Medikamente geben würden. Das ist ein Risiko, das wir aus versicherungstechnischen Gründen nicht eingehen können.“ Edward griff nach Ginnys Teetasse und ging zur Tür. Er war sehr zufrieden mit seinen Worten und fuhr fort: „Akupunktur ist eine Behandlungsmethode, die wir nicht einsetzen. Außerdem wäre es gut, wenn Sie ab morgen Kleidung tragen würden, die ein wenig besser in eine ganz normale Arztpraxis in der Provinz passt.“ Er nickte ihr kurz zu und verließ dann den Raum, in dem eine hoffentlich sprachlose Honeysuckle Huntington-Smythe zurückblieb.
3. KAPITEL
Der Rest des Arbeitstages verlief ohne weitere Besonderheiten. Als Ginny schließlich verkündete, dass keine weiteren Patienten mehr warteten, merkte Honey erst, wie müde sie war. Kein Wunder, schließlich war sie in aller Frühe aufgestanden.
„Ginny, haben Sie eine Ahnung, wo ich wohnen soll?“, fragte sie die Empfangsschwester, als sie ihr die Krankenakten zurückgab.
„Oh Honey, es tut mir leid.“ Ginny wühlte zwischen ihren Unterlagen. „Lorelai wollte es Ihnen nach der Sprechstunde zeigen, weil Edward einen Hausbesuch hat, aber … Ah, da ist er ja.“ Sie förderte einen Schlüsselbund zutage und reichte ihn Honey. Dann griff sie nach ihrer Handtasche.
„Aber wo …“
„Ich würde Ihnen ja gerne alles zeigen, aber ich muss meinen Mann abholen und bin schon spät dran. Er ist in einer Amateurtheatergruppe, es tut ihm gut, aus dem Haus zu kommen, wissen Sie. Aber nach seinem Schlaganfall kann er nicht mehr selbst fahren, also …“
Honey versuchte, Ginnys Wortschwall kurz zu unterbrechen. „Sagen Sie mir einfach nur, wo …“
Aber Ginny winkte ihr nur zu, als sie durch die Tür verschwand. „Tut mir leid, Sie einfach allein zu lassen, aber Edward wird sich schon kümmern. Bis morgen, Honey. Schön, dass Sie da sind.“
„… ich
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