Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
dessen Nähe ihr Herzschlag jedes Mal verrücktspielte?
„Natürlich nur so lange, bis Ihre Wohnung fertig ist“, fügte er hinzu.
Verständnislos sah sie ihn an. „Aber wieso? Wir kennen uns doch kaum.“
Achselzuckend antwortete er: „Ich habe genug Platz, und Sie brauchen eine Unterkunft. Außerdem würden Sie mir einen Gefallen tun, wenn Sie mir bei Julian helfen könnten. Ich habe bisher noch kein geeignetes Kindermädchen gefunden, und Julian himmelt Sie an.“
„Ich soll Ihr Kindermädchen sein? Aber ich habe schon einen Job. Genauer gesagt, zwei. Die ich übrigens beide liebe.“
Alessandro schüttelte den Kopf. „Nein, ich erwarte nicht, dass Sie Ihre Jobs aufgeben. Julian könnte auch weiterhin in den Hort gehen. Aber er könnte mit Ihnen kommen und gehen, sodass seine Tage dort nicht ganz so lang sind. Und er müsste auch nicht am Wochenende hin, oder wenn ich nachts einen Notruf bekomme.“
Der Plan klang sehr vernünftig. Weshalb kam er ihr dann so verboten vor?
„Ich würde Sie selbstverständlich dafür bezahlen. Und es wäre mietfrei.“
Zwar hatte Nat Mühe, sich in seiner Nähe zu konzentrieren, aber eins wusste sie: Das wäre mit Sicherheit eine ganz schlechte Idee.
„Nein.“
Prüfend sah Alessandro sie an. „Sie haben schon ein Angebot?“
„Nein.“
„Dann wäre das ja geregelt“, meinte er.
Seine Arroganz ärgerte sie. „Nein“, wiederholte sie noch einmal.
„Ich verstehe nicht. Wo liegt das Problem?“
Das Problem lag darin, dass Alessandro Lombardi viel zu attraktiv war, und er liebte seine verstorbene Frau immer noch. Nat hatte ein weiches Herz. Aber sie war nicht so dumm, sich wieder auf eine solche Situation einzulassen. Sie senkte den Blick.
„Ah“, sagte er. „Sie machen sich Sorgen, was andere Leute darüber denken könnten? Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich keine Hintergedanken dabei habe. Ihre Tugend ist bei mir sicher.“
„Klatsch stört mich nicht“, entgegnete sie.
„Was ist es dann?“
„Ich bin Ihnen keine Rechenschaft schuldig, Alessandro“, entgegnete sie gereizt. Nat legte die Plastikfolie auf ihr Tablett und stand auf. „Sie sind es offenbar nicht gewohnt, mal ein Nein zu hören. Vermutlich müssen Sie nur mit den Fingern schnippen, und die Frauen reißen sich darum, Ihnen einen Gefallen zu tun. Aber ich gehöre nicht dazu, und ich sage Nein. Finden Sie sich damit ab.“
Er traute seinen Ohren nicht. Sie wollte gehen, doch er packte sie am Arm. „Warten Sie. Es tut mir leid, Nathalie. Ich wollte nicht so …“
Sie drehte sich um. Alessandro wirkte völlig perplex, und ihr Ärger verrauchte so schnell, wie er gekommen war. „So italienisch sein?“
Lächelnd ließ er seine Hand sinken. „Sie kennen italienische Männer.“
„Ich habe ein Jahr in Mailand gelebt. Ist aber schon lange her.“
Daher kannte sie also seine Sprache. „Dort gab es auch einen Mann?“
Nat lächelte wehmütig. In Italien hatte sie ihre Jungfräulichkeit verloren. Sie war damals achtzehn und rettungslos verliebt gewesen. „Ein Junge. Es hat nicht lange gehalten. Ich war ihm wohl etwas zu eigenständig.“
„Dann wissen Sie ja, dass es uns nicht leichtfällt, um Hilfe zu bitten“, sagte er. „Italiener möchten eben gerne Männer sein.“
Sie nickte.
„Ich brauche Hilfe bei Julian. Wir haben kein enges Verhältnis. Seit dem Tod seiner Mutter ist es sehr schwierig. Er lässt mich nicht an sich heran und ist sehr unglücklich.“
Der schmerzliche Ton in seiner Stimme rührte sie. „Seine Mutter ist gestorben, Alessandro. Er trauert, genau wie Sie. Und er darf unglücklich sein. Das ist ganz natürlich. Er braucht einfach Zeit.“
Er schloss die Augen, als er ihren mitleidigen Ausdruck sah. Es war wie ein Messerstich. Wenn sie wüsste. „Ich kann es nicht ertragen, ihn so zu sehen. Er mag Sie, Nat. Er lächelt und lacht, sobald er mit Ihnen zusammen ist. Ich vermisse sein Lachen.“
Sie fühlte sich hilflos. Vielleicht hatte sie Alessandro zu hart beurteilt. Wenigstens war er anscheinend bereit, auf seinen Sohn zuzugehen.
„Bitte, Nathalie. Wenn Sie es nicht meinetwegen tun wollen, tun Sie es für Julian.“
Sein eindringlicher Appell riss all ihre Schutzmauern ein. Stumm starrte sie ihn an. Eigentlich hätte sie so weit wie möglich davonlaufen sollen, aber sie konnte nicht.
Alessandro spürte ihr Mitgefühl. „Er braucht eine Frau in seinem Leben, Nat. Eine Mutter.“
Sie schüttelte den Kopf. Julian brauchte seinen Vater, genau
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