Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
höchste Zeit, sich auf andere Instinkte zu verlassen. Nämlich ihren Selbsterhaltungstrieb.
Sobald der Film vorbei war, ging sie widerstrebend nach oben. Die Tür zu Alessandros Schlafzimmer am Ende des Flurs stand offen. Nat schaute nach Julian, wobei sie eigentlich damit rechnete, Flo auf seinem Bett vorzufinden. Aber da war nur eine warme Stelle, wo sie bis vor Kurzem gelegen haben musste. Nachdem Nat den Jungen wieder richtig zugedeckt hatte, knipste sie die Nachttischlampe aus und ging in ihr eigenes Zimmer. Doch auch hier war die Katze nirgendwo zu sehen.
„Flo“, rief Nat leise in den dunklen Flur hinaus. Da hörte sie ein leises Maunzen, das aus der Richtung der offenen Tür kam. Flo hatte sich also Alessandros Zimmer ausgesucht.
Nat musste sie dort schnellstmöglich wieder rausholen. Auf Zehenspitzen schlich sie den Flur entlang, obwohl der dicke Teppichboden ohnehin jedes Geräusch verschluckte.
Vor der Tür blieb sie stehen und flüsterte wieder: „Flo!“
Die Katze ließ ein zufriedenes Miauen hören. Vorsichtig schaute Nat in den Raum hinein, der von einer kleinen Lampe ein wenig erhellt wurde. Flo saß mitten auf Alessandros Bett und putzte sich ausgiebig.
„Flo!“, flüsterte Nat etwas lauter. Sie betrat das Zimmer, war jedoch zu nervös, um zu bemerken, wie minimalistisch auch dieses eingerichtet war. „Komm sofort her! Alessandro findet das gar nicht gut.“
Die Katze unterbrach ihre Tätigkeit einen Moment lang und sah Nat aus halb geschlossenen Augen an, ehe sie ihr Hinterbein in die Luft streckte und es mit langen Strichen ihrer hübschen rosa Zunge zu putzen begann.
Nat seufzte entnervt. Sie wusste, dass sie keine andere Wahl hatte, als jetzt auf das große Bett zu steigen, um ihre widerspenstige Katze herunterzuholen.
Sie war noch zwei Schritte von dem Bett entfernt, als sich links davon eine Tür öffnete und Alessandro halbnackt herauskam. Sein Haar war feucht, und er trug nichts außer einem Handtuch um die Hüften.
Zwar wollte Nat ihn nicht anstarren, aber sie konnte ihre Augen einfach nicht abwenden. Der sanfte Schein der Lampe verlieh seinem Körper einen herrlichen bronzefarbenen Schimmer, und durch das Licht aus dem Bad hinter ihm wirkte sein Gesicht dunkler und gefährlicher denn je.
Nats Mund wurde trocken. „Oh, äh … Entschuldigen Sie, ich wusste nicht, dass Sie … Flo ist hier.“ Sie zeigte auf die Katze, die behaglich schnurrte. „Ich wollte sie gerade holen.“
Schon lange war keine Frau mehr in Alessandros Schlafzimmer gewesen. Noch dazu eine, von der er erst vor ein paar Stunden Tomatensauce abgeleckt hatte. Die Erinnerung daran traf ihn wie ein Schlag in den Magen. Der Geschmack ihrer Haut, das leise Stöhnen, der keuchende Atem.
Alessandro stemmte die Hände in die Hüften, um die lustvolle Erregung zu unterdrücken, die ihn durchzuckte. Vermutlich merkte Nat gar nichts, doch ihr Blick löste bei ihm eine entsprechende Reaktion unter dem Handtuch aus.
„Ich möchte mich bei Ihnen für heute Nachmittag entschuldigen“, sagte er.
Abwehrend schüttelte sie den Kopf. Sie wollte lieber nicht daran denken, wenn er nur mit einem Handtuch bekleidet vor ihr stand.
„Ich hatte Ihnen ja versprochen, dass Ihre Tugend hier sicher wäre.“
„Schon gut“, brachte sie mühsam hervor.
Diesmal schüttelte er den Kopf. „Nein. Ich darf nicht … Ich kann nicht … Meine Frau … Ich denke, am besten vergessen wir das Ganze. Es wird nicht wieder vorkommen.“
Mit den Fingern fuhr er sich durch das feuchte Haar. Es ärgerte ihn, wie abgehackt er klang. Doch sie nickte energisch, und er war froh, dass sie Verständnis hatte.
„Sie haben mein Wort, Nathalie.“
In diesem Augenblick sprang Flo mit einem lauten Miauen vom Bett und rieb sich an den Beinen ihres Frauchens. Wie gut, dass es Kinder und Katzen gab.
„Natürlich. Es war nur …“ Nat streichelte Flo, während sie nach dem passenden Begriff suchte. „Etwas impulsiv.“ Sie hob Flo hoch und drückte sie an sich. „Sie haben recht. Es wird nicht wieder passieren.“ Langsam trat sie den Rückzug an. „Sorry wegen …“ Mit einer unbestimmten Handbewegung wies sie auf seinen nackten Oberkörper. „Na ja …“
Dann drehte sie sich um und flüchtete.
5. KAPITEL
Am nächsten Morgen waren Alessandro und Julian schon auf, als Nat die Treppe herunterkam. Sie hatte eine Weile im Bett gelegen, um die unvermeidliche Begegnung mit Alessandro noch etwas hinauszuschieben. Die ganze Nacht hatte sie sich
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