Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
weiblichen Instinkt, zu ihm zu gehen und den Arm um ihn zu legen. Denn sie wusste, dass es ein Fehler wäre.
„Danke. Es ist der richtige Weg, Alessandro.“
Nat strahlte Sicherheit und Zuversicht aus. Er dagegen fühlte sich oft schrecklich überfordert. Da stand sie in ihrem T-Shirt und den Shorts an der Tür, so ruhig und ausgeglichen. Er wünschte, sie würde näherkommen, damit er seinen Kopf an ihren Bauch lehnen könnte, um etwas von ihrer Ruhe in sich aufzunehmen. „Das hoffe ich“, meinte er leise.
Nat war wie gebannt von der überwältigenden Sehnsucht in seinen Augen.
Als er seinen Blick über sie gleiten ließ, schien es ihr, als würde ihre Haut verbrennen. Nat wollte etwas sagen, doch in diesem Moment drehte Alessandro sich mit dem Stuhl wieder zu seinem Computer um.
Sekundenlang blieb sie noch an der Tür stehen, starrte auf seinen Rücken und versuchte, wieder tief durchzuatmen. Es war besser so. Wenn zwischen ihnen etwas passierte, wäre das eine große Dummheit. Schlimmer als bei Rob. Im Grunde tat Alessandro ihnen beiden einen Gefallen. Eines Tages würde Nat ihm sicher dankbar sein. Aber jetzt hatte sie eine lange, einsame Nacht vor sich.
In den frühen Morgenstunden wurde Nat von dem leisen Maunzen und Stupsen ihrer Katze geweckt. Regen trommelte aufs Dach. Kein Wunder, denn der Tag war sehr schwül gewesen. Sie streichelte Flo, während sie dalag und es genoss, hier in ihrem trockenen Bett zu sein. Doch Flo stupste sie weiter ungeduldig an, sodass Nat schließlich widerstrebend aufstand.
„Schon gut, du kleiner Tyrann. Ich weiß ja, wie gern du im Regen rumspringst, du Verrückte.“ Sie nahm die schnurrende Katze auf den Arm. „Komm mit.“
Da sie sich inzwischen im Haus auskannte, tappte Nat im Dunkeln nach unten, um Flo durch die Tür des Waschraums rauszulassen. Sie schaute der Katze nach, als diese durch den Regen lief, und lächelte belustigt. Verdrehtes Tier. Da gab sie ihr warmes, trockenes Bett bei einem kleinen Jungen auf, um stattdessen hinter Regentropfen herzujagen.
Nat schloss die Tür, da sie wusste, dass Flo bestimmt stundenlang draußen ihren Spaß haben würde. In der Küche trank sie noch einen Schluck Wasser, ehe sie wieder zur Treppe ging. Dabei fiel ihr der Lichtschein unter der Tür des Arbeitszimmers auf. War Alessandro etwa immer noch auf?
Sie klopfte leicht an die Tür und wartete auf sein brummiges „Avanti“ , aber da kam nichts. Langsam machte sie die Tür auf und erwartete, dass er sich ärgerlich zu ihr umdrehen würde. Stattdessen lag er mit nach vorne gebeugtem Oberkörper halb auf dem Schreibtisch, sein Kopf zwischen den Büchern, die Augen geschlossen.
„Alessandro?“, flüsterte Nat. Behutsam näherte sie sich ihm.
Er rührte sich nicht, und einen Moment lang stand sie nur da und betrachtete ihn. Das schwarze Haar fiel ihm in die Stirn, was ihm einen unschuldigen Ausdruck verlieh, so wie bei Julian, wenn er schlief. Der dunkle Bartschatten und die leicht geöffneten Lippen waren jedoch hundertprozentig erwachsen.
Es tat Nat leid, ihn zu wecken, da er immer so müde aussah. Selbst im Schlaf wirkte er noch total erschöpft. Aber wenn er die ganze Nacht in dieser Position blieb, hatte er morgen früh garantiert einen steifen Nacken.
„Alessandro“, rief sie daher leise und schüttelte ihn leicht an der Schulter.
Er fuhr hoch, holte Luft und setzte sich kerzengerade auf, während er mühsam seine schläfrige Benommenheit abschüttelte. Mechanisch rieb er sich den schmerzenden Nacken.
Nat stand dicht neben ihm, in einem Sleepshirt und ohne BH.
„Tut mir leid“, murmelte Alessandro. „Ich muss wohl eingeschlafen sein.“
Er hatte einen roten Fleck auf der Wange, wo er auf einem Buch gelegen hatte, und Nat juckte es in den Fingern, diese Stelle zu berühren. „Was tun Sie hier noch so spät?“, fragte sie erstaunt.
Achselzuckend erwiderte er: „Ich habe an der Einsatzbereitschaft des St. Auburn für den Pandemie-Status gearbeitet, falls das gefürchtete Sumpffieber uns erreichen sollte.“
„Es ist halb drei Uhr morgens“, meinte sie tadelnd. „Das Sumpffieber kann warten. Gehen Sie zu Bett und sehen Sie zu, dass Sie ein bisschen Schlaf kriegen.“
Alessandro ließ die Hand sinken. „Ich kann nicht schlafen.“
Nat spürte seine Müdigkeit, seine innere Qual. Er sah so elend aus, dass tiefes Mitleid sie erfüllte. „Oh, Alessandro“, flüsterte sie.
Ohne nachzudenken kam sie zu ihm, legte ihm eine Hand in den Nacken, die
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