Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
erlebte, nicht oft passierte. Außerdem verriet ihr Körper sie ohnehin. Alessandro brauchte sie nur anzusehen, und schon stand sie in Flammen.
Warum sollte sie sich dieses Vergnügen nicht gönnen? Solange sie sich darüber im Klaren war, dass es sich um eine zeitlich begrenzte und rein körperliche Affäre handelte, war alles in Ordnung.
Diesmal traf sie ihre Entscheidung ausnahmsweise mal mit dem Verstand und nicht mit ihrem Herzen. Das fühlte sich sehr befreiend an.
Außerdem machte der Sex mit Alessandro geradezu süchtig. Er wirkte so getrieben, intensiv, ja, beinahe verzweifelt. Es war, als wollte er sie ganz in sich aufnehmen. Sich nach schnellem, leichtem Sex auf die Seite rollen und einschlafen reichte ihm nicht. Sie liebten sich jede Nacht stundenlang bis zur Erschöpfung.
Noch nie in ihrem Leben hatte Nat so intensiven Sex erlebt. Als ob Alessandro versuchte, durch maximalen Lustgewinn seine Trauer zu bekämpfen. Offenbar empfand er noch immer tiefen Schmerz und hatte in ihrem Körper das perfekte Gegenmittel gefunden. Für sie war das okay so. Wenn ihre Lustbefriedigung ihm half, seine Wunden zu heilen, warum sollte sie etwas dagegen haben?
Außerdem kam noch die positive Wirkung auf Julian hinzu. Durch den Sex schien Alessandro wesentlich entspannter. Er wirkte nicht mehr so grimmig, sondern gelassener. Er lächelte häufiger, und manchmal lachte er sogar. Im Gegenzug war Julian längst nicht mehr so ernst und vorsichtig wie am Anfang.
Natürlich achteten sie darauf, ihre Beziehung vor Julian geheim zu halten. Spätestens um fünf Uhr morgens war Nat in ihrem eigenen Bett. Auch wenn Alessandro sie immer wieder drängte, länger zu bleiben, hielt sie es für besser. Julian war ein kleiner Junge, der dringend eine Mutter brauchte und eindeutig für sie schwärmte. Was wusste ein Vierjähriger schon von Beziehungen zwischen Erwachsenen? Es war nicht richtig, ihn unnötig zu verwirren.
Deshalb verließ Nat jede Nacht das Bett ihres leidenschaftlichen Liebhabers, auch wenn es ihr zunehmend schwerer fiel.
Bei der Arbeit bemühten sich beide, sich nichts anmerken zu lassen. Da Nat nur zwei Tage die Woche in der Notaufnahme arbeitete und dann meistens vorne am Empfangstresen, funktionierte das auch recht gut.
Aber an diesem Freitag war sie für die Behandlungskabinen eingeteilt, und sie konnten einander nicht aus dem Weg gehen. Den ganzen Tag über wechselten sie glühende Blicke und berührten sich immer wieder verstohlen.
Nat gab Alessandro die nächste Akte. „Zwanzigjährige Patientin mit Schmerzen im rechten Unterbauch, Bluthochdruck, Tachykardie, Fieber. Kabine zwölf.“
Auf dem Weg dorthin musste sie sich zusammenreißen, um ihre Hormone unter Kontrolle zu halten.
Alessandro begrüßte die Patientin. „Hallo Ellie. Ich bin Dr. Lombardi.“ Er gab ihr die Hand. Sie schüttelte sie kurz, fasste sich dann jedoch stöhnend an die Seite. „Nat hat mir gesagt, dass Sie Schmerzen haben.“
„Ja“, bestätigte Ellie. „Die letzten beiden Tage hatte ich immer wieder mal ein leichtes Ziehen. Aber heute Morgen wurde es schlimmer, und als ich zur Arbeit kam, war es nicht mehr auszuhalten.“
Alessandro untersuchte sie, und trotz ihrer Schmerzen hatte seine ruhige, professionelle Art eine besänftigende Wirkung auf Ellie.
Als er zu Nat hinschaute, sah sie ihn voller Bewunderung und Respekt an. Selbst das empfand er als unglaublich erotisch. „Ich werde gleich jemanden von der Chirurgie rufen. Bis dahin verschreibe ich Ihnen etwas Morphium, und wir nehmen eine Blutprobe, Schwester Davies.“ Er reichte ihr die Patientenakte, wobei sein Blick an ihrem Mund hängen blieb.
Nat musste sich räuspern. „Selbstverständlich, Dr. Lombardi.“
Dann verließ er die Kabine.
„Kann ich das Morphium jetzt sofort kriegen?“ Mit schmerzverzerrtem Gesicht packte Ellie das Bettlaken.
„Natürlich. Bin gleich wieder da.“
Draußen traf Nat die Stationsschwester. „Imogen, kannst du mit mir Morphium holen?“
Imogen folgte ihr zu dem Raum, wo die Betäubungsmittel aufbewahrt wurden. Als sie den Metallschrank aufschloss, unterdrückte Nat ein Gähnen.
„Schläfst du nicht gut?“ Imogen nahm eine der Morphiumschachteln heraus. „Du hast während der gesamten Übergabe heute Morgen gegähnt und siehst aus, als hättest du seit einer Woche nicht mehr geschlafen.“
Nat schrieb eifrig ihre Eintragung in die Liste für gefährliche Medikamente, um zu verbergen, dass sie feuerrot wurde. Sie schlief
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