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Julia Aerzte zum Verlieben Band 61

Julia Aerzte zum Verlieben Band 61

Titel: Julia Aerzte zum Verlieben Band 61 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Roberts , Meredith Webber , Amy Andrews
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hatte, er hätte nicht falscher liegen können. Charles war sehr viel älter als er, sicher schon an die sechzig, hatte graues Haar und … trug eine Weste! Er hätte Megans Vater sein können. Oder ihr Lieblingsonkel. Er hatte ein freundliches Gesicht und ein offenes Lächeln, doch seine wachen Augen verrieten einen scharfen Verstand. Dem Mann entging nichts.
    „Sie müssen Josh sein“, brach er das unbehagliche Schweigen. „Bitte, kommen Sie herein. Megan nimmt gerade ein Bad, aber in ein paar Minuten müsste sie wieder unten sein.“
    „Ich …“ Josh war völlig durcheinander. Was hatte er sich nur dabei gedacht, zu Megan zu fahren? „Ich wollte ihr nur die Jacke bringen“, sagte er und hielt ihm den Cardigan hin. „Megan hat sie bei uns vergessen.“
    Der andere streckte die Hand aus, allerdings nicht, um die rote Jacke entgegenzunehmen. „Ich bin Charles Cartwright“, erklärte er, bereit, Josh die Hand zu schütteln. „Megans Freund. Kommen Sie doch herein. Ich habe schon so viel von Ihnen gehört, dass ich Sie gern näher kennenlernen möchte.“
    Megans Freund?
    Es wäre unhöflich, einfach wieder zu gehen. Außerdem wollte er jetzt erst recht mehr über diesen Charles wissen. Welcher Verlobte bezeichnete sich als Freund ? Vielleicht trug Megan keinen Ring, weil sie gar nicht verlobt war. Hatte sie zu dieser Notlüge gegriffen, um sich zu schützen?
    Ich muss sie nur überzeugen, dass sie diesen Schutz gar nicht braucht, dachte er. Dass ich für sie da bin, ihr geben kann, was sie will.
    Trotzdem war er nervös, als Charles ihn ins Wohnzimmer führte. Die Gardinen waren zugezogen, im Kamin verglühten Holzscheite in sanftem Feuerschein. Zwei Weingläser, eins davon noch halb voll mit Rotwein, waren ans Ende des Couchtischs geschoben worden. Unzählige Fotos bedeckten jeden freien Platz.
    Unwillkürlich trat Josh näher, als könnte er dadurch herausfinden, was sie in dieser gemütlichen, fast intimen Atmosphäre gemacht hatten.
    „Schnappschüsse aus Afrika“, sagte Charles hinter ihm. „Kann ich Ihnen ein Glas Wein anbieten, Josh?“
    „Nein … vielen Dank“, fügte er etwas verspätet hinzu und war sich wohl bewusst, dass seine Antwort barsch geklungen hatte.
    Die Fotos fesselten ihn, auf fast jedem war Megan zu sehen. Sie war nie allein, aber meistens das einzige helle Gesicht zwischen denen lächelnder dunkelhäutiger Kolleginnen und Kollegen. Oder sie war von Familien umringt, im Hintergrund eine Zeltstadt. Dann bei der Sprechstunde in überfüllten, dürftig ausgestatteten Klinikräumen. Meistens war sie mit Kindern zusammen. Behandelte sie, hielt sie auf dem Arm.
    „Ich habe Megan von allen, von denen ich dachte, dass sie ihr gefallen würden, Abzüge mitgebracht“, erklärte Charles. „Ich habe mich als Amateurfotograf versucht.“
    „Sie sind sehr gelungen.“
    Die Fotos waren mehr als gelungen und erstaunlich bewegend. Charles hatte die Armut und das Leid porträtiert, die unwirtliche Landschaft und das unerbittliche Klima eindringlich festgehalten, sodass Josh das Gefühl hatte, beim Betrachten eine andere Welt zu betreten.
    Er entdeckte eine Profilaufnahme von Megan, während sie mit dem Stethoskop die Brust eines winzigen Kindes abhorchte, das in den Armen seiner Mutter lag. Ein mageres Kerlchen, nur Haut und Knochen mit riesigen dunklen Augen.
    Megan hatte die Haare hochgesteckt, doch ein paar Locken hatten sich aus dem Band gelöst – wie er es so oft bei ihr sah. Die Locken wirkten schwarz vom Schweiß, der auch ihren Hals und ihr Gesicht feucht schimmern ließ. Josh musste sich sehr zurückhalten, um das Foto nicht zu berühren, wie um die feinen Fältchen um Augen und Mund glatt zu streicheln, die verrieten, dass Megan hoch konzentriert war.
    Doch er nahm ein anderes zur Hand. Eins, bei dem er unwillkürlich den Atem anhielt. Megan hatte nicht gewusst, dass sie fotografiert wurde. Sie lag in einem Korbstuhl und schlief, und um ihren Mund spielte ein leichtes Lächeln.
    Sie war nicht allein. In jedem Arm hielt sie ein Baby, das dicht an sie geschmiegt dalag. Die dunklen Gesichter hoben sich von Megans Kittel und den weißen Decken ab, in die die Kinder gewickelt waren. Auch die Babys schliefen fest, und alle drei boten ein berührend friedliches Bild.
    Als wären sie unendlich glücklich.
    „Hübsche Aufnahme, nicht wahr?“
    „Mmm.“ Josh brachte kein Wort hervor. Hier sah er einen Bereich ihres Lebens, den er nie mit ihr geteilt hatte. Eine Seite der Frau, die er

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