Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
liebte, die ihm völlig unbekannt war.
„Es sind Zwillinge“, verriet Charles. „Das Mädchen heißt Asha – das bedeutet Leben – und der Junge Dumi – Lichtbringer.“
„Ganz besondere Namen“, meinte Josh nachdenklich.
„Megan hat sie ausgesucht. Sie war bei ihrer Geburt dabei und hat wie eine Löwin um ihr Leben gekämpft. Auch wochenlang danach noch war sie Tag und Nacht für sie da, hat sie gefüttert, gewindelt und sie im Arm gehalten, wenn sie weinten.“
„Was ist mit ihrer Mutter?“
„Sie kam hochschwanger ins Lager, hatte Aids im fortgeschrittenen Stadium, und es war zu spät, um sie zu behandeln. Wenige Stunden nach der Geburt ihrer Kinder ist sie gestorben.“
„Und ihre Babys?“ Josh wurde das Herz schwer. „Sind sie auch infiziert?“ Wie furchtbar musste das für Megan sein …
„Sie hatten Glück“, antwortete Charles lächelnd. „Wir konnten ihnen Medikamente geben, die die Übertragung der Krankheit von der Mutter auf die Kinder verhindern. Außerdem wurden sie per Kaiserschnitt geholt und bekamen von Anfang an Flaschennahrung. Beide entwickeln sich normal, es geht ihnen gut.“
Gott sei Dank, dachte Josh erleichtert. „Wann ist dieses Foto entstanden?“
„Vor sechs Monaten, da waren sie ungefähr acht Wochen alt.“ Charles zögerte einen Moment, ehe er fortfuhr. „Es war nicht leicht, Megan davon zu überzeugen, dass sie Afrika verlassen musste, damit sie sich von den Folgen des Denguefiebers erholte. Sie wollte bei den Zwillingen bleiben. Wenn ich nicht vorgeschlagen hätte …“ Er unterbrach sich und wandte den Kopf. „Megan … wir haben Besuch.“
„Das sehe ich. Hallo, Josh. Was machst du hier?“
Megan trug Jeans und einen warmen Pullover, aber sie war barfuß und ihre Haare noch feucht. Mit einem Handtuch drückte sie die Locken trocken.
Täuschte er sich, oder wirkte sie … ängstlich?
Verletzlich auf jeden Fall. Herzbewegend verletzlich. Seinetwegen. Weil er hier war und die traute Stimmung störte … bedrohlich wie ein Eindringling?
Behutsam legte Josh das Foto wieder hin und streckte die Hand aus, in der er immer noch die kirschrote Jacke hielt. „Die hattest du bei uns vergessen. Ich dachte, du brauchst sie vielleicht.“
„Oh …“ Sie kam auf ihn zu, nahm sie ihm ab. „Es tut mir leid …“
Was meinte sie damit? Dass sie ihm Umstände gemacht hatte? Oder das, was in seinem Haus passiert war und sie deshalb Hals über Kopf geflüchtet war, ohne an den Cardigan zu denken?
Verlegene Stille breitete sich im Raum aus.
Dann räusperte sich Charles und sagte: „Megan hat mir von den Spendenaktionen für die Klinik in Afrika erzählt. Es ist großartig, was Sie alle da auf die Beine stellen.“
„Es war Megans Idee.“ Auch Josh musste sich räuspern, so rau kam ihm seine Stimme vor.
„Sie hat mir auch von der neuen Kindernotaufnahme in Ihrer Abteilung berichtet. Das wird das St. Piran gehörig aufwerten. Sie haben eine ausgezeichnete Karriere vor sich, Josh, alle Achtung.“
Josh nickte. Ja, er hatte Erfolg, und ohne Zweifel ging es für ihn beruflich immer noch steil bergauf.
Aber war das genug? Würde ihm auf Dauer nicht etwas fehlen, wenn er Glück und Zufriedenheit allein im Beruf suchte?
Wieder herrschte Schweigen, und wieder war es Charles, der das Gespräch in Gang hielt. „Ihre Zwillinge sind heute zwei geworden, habe ich gehört. Megan sagt, es sind wundervolle Kinder.
„Ja, das sind sie.“ Sie bedeuteten ihm alles, und er hätte alles für sie getan.
Und dennoch … gerade in diesem Moment … erschien es ihm nicht genug.
Er brauchte noch mehr in seinem Leben.
Megan.
Anscheinend spiegelten sich seine Gefühle in seinem Gesicht wider. Megan wirkte plötzlich verlegen. Oder lag es daran, dass er sichtlich nicht in der Lage war, wenigstens höfliche Konversation zu machen?
„Ich muss gehen.“ Josh wandte sich ab, hin zur Tür, aber er tat es widerstrebend. So, als hätte er nicht erreicht, weshalb er hergekommen war.
„Ach, das habe ich noch vergessen“, begann er ungewollt frostig, während er sich zu Megan umdrehte. „Morgen machen wir einen Testlauf in der neuen Abteilung, Röntgenapparate, Überwachungsgeräte und so weiter. Vielleicht möchtest du dabei sein.“ Er versuchte, zu lächeln, doch es misslang. „Musst du natürlich nicht. Falls du beschäftigt bist, meine ich.“
Megan und Charles warfen sich einen bedeutungsvollen Blick zu, den Josh jedoch nicht einordnen konnte. Der Druck in seinem
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