Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
schloss Josh sie dann aus? Gönnte ihr nicht einmal einen Blick, bevor er verschwand?
Die Gefühle von damals schwappten wieder hoch, bitter und demütigend. Sie hatte sich benutzt gefühlt, billig, wie ein naives Dummchen. Und es tat heute genauso weh wie damals.
Rastlos ging sie in der Küche auf und ab, die verschränkten Arme schützend auf ihren Bauch gepresst. Es half nichts, sie zitterte am ganzen Körper. Ihr Haus fühlte sich kalt und leer an ohne Josh.
Wie ihr Herz.
Diesen Augenblick hatte sie gefürchtet – und trotzdem zugelassen, dass sie Josh näherkam, Teil seiner Familie wurde. Von einer Zukunft träumte, in der sie vor Erfahrungen wie dieser endlich sicher war.
Aber ob mit Absicht oder ohne, Josh hatte es immer wieder geschafft, sie zutiefst zu verletzen.
Panik drohte ihr die Luft abzuschnüren. Was soll ich tun? Was soll ich jetzt bloß tun?
Schluchzend sank Megan auf den nächsten Küchenstuhl, legte die Arme auf den Tisch, senkte den Kopf darauf. Ihre Hände berührten die Tasche, und sie hob den Kopf, stopfte mit tränenblinden Augen den verstreuten Inhalt wieder hinein.
Als Letztes ertasteten ihre Finger einen großen weißen Umschlag.
Die Tränen strömten ihr über die Wangen, während sie auf das Kuvert starrte. Und dann fiel ihr ein, was darin war.
Mit zitternden Händen öffnete sie es.
10. KAPITEL
„Sie ist weg.“
Josh O’Hara blickte seine Schwester an. „Wie … sie ist weg?“
Nach einer schlaflosen Nacht, in der Max immer wieder durchgecheckt worden war und zum Glück tatsächlich nur eine Mittelohrentzündung hatte, hatte Josh sich einen Tag freigenommen. Einmal, weil er seine Schwester vom Flughafen abholen wollte, und zum anderen, weil er sich um den Rest seiner Familie kümmern wollte.
Tasha konnte es kaum erwarten, Megan wiederzusehen, hatte nach dem Essen Joshs Wagen genommen und war zum Cottage gefahren. Nach zwei Stunden kam sie wieder, sichtlich verwirrt, und verkündete das Unfassbare.
Claire, die die Kinder ins Bett gebracht hatte, kam die Treppe herunter. „Das Paracetamol wirkt gut“, sagte sie. „Max hat kaum noch Fieber und ist sofort eingeschlafen. Das arme Lämmchen war völlig fertig nach der aufregenden Nacht. Mir geht es kaum anders, ich glaube, ich koche eine große Kanne …“ Sie sprach nicht weiter, sondern sah fragend von einem zum anderen. „Was ist denn mit euch los?“
„Megan ist weg“, erklärte Tasha. „Ihr Cottage ist verschlossen und verriegelt. Als ich bei der Autovermietung nachfragte, sagte man mir, sie hätte den Mietwagen am frühen Morgen zurückgegeben und sich ein Taxi bestellt. Zum Flughafen.“
Déjà vu.
Josh fühlte, wie ihm das Blut aus dem Kopf wich, während eine Frage die nächste jagte.
Warum?
Wie kann sie so etwas tun?
Wo ist sie?
Was zur Hölle ist passiert?
Die Antworten flogen ihm um die Ohren. Du hast sie wieder ausgeschlossen. Als der Anruf wegen Max kam, zählte sie von einer Minute auf die andere nicht mehr – während sie kurz vorher noch alles war, was zählte. Er hatte ihr wehgetan, und sie reagierte wie immer: Indem sie davonlief.
Sie musste ihm doch vertrauen! Einfach ohne ein Wort verschwinden, wie feige ist das denn?
Auf den ersten Schock folgte Zorn, fraß sich durch den Wirbelsturm an Gefühlen, der in ihm tobte.
Claire und Tasha sahen ihn an.
„Ab in die Küche mit euch“, befahl seine Mutter schließlich. „Wir brauchen alle einen Kaffee.“
Wie auf Autopilot folgte Josh ihr. Er musste sich setzen, nachdenken. Er war unglaublich wütend und gleichzeitig wie gelähmt, getroffen von einem Schlag, den er nicht erwartet hatte.
Und nicht verdient hatte?
Vielleicht doch. Weil er nicht nur in der Vergangenheit dumm gewesen war, sondern sich schon wieder falsch verhalten hatte.
Nur am Rande nahm er wahr, was Claire und Tasha sagten.
„Lass mich den Kaffee machen, Mum. Setz dich hin. Du bist erschöpft. Vergiss nicht, dass du einen Herzinfarkt hattest.“
„Mir geht es gut – vorausgesetzt, ich erfahre endlich, warum um Himmels willen Josh ein Gesicht macht, als wäre die Welt untergegangen. Aus dem Weg, Natasha … oder mach dich nützlich und stell Tassen auf den Tisch.“
Tasha lachte leise. „Dir scheint wirklich nichts zu fehlen. Es tut mir leid, dass ich nicht kommen konnte, als du im Krankenhaus warst. Mir ging es damals auch ein paar Tage lang nicht gut, und wir wussten nicht, warum.“
„Davon hast du mir gar nichts erzählt.“
„Ich wollte dich nicht
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